Windräder im Ebersberger Forst:Ein letztes Aufbrausen

Lesezeit: 3 min

Der Ausbau von Windenergie kommt im Bayern nicht signifikant voran. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Obwohl sie dafür eigentlich gar nicht zuständig ist, soll die Verwaltung am Landratsamt immer wieder umfangreiche Fragenkataloge zum geplanten Windpark im Ebersberger Forst beantworten. Den meisten Kreisräten reicht's jetzt endgültig - und sie schieben dieser Praxis einen Riegel vor.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Und dann platzte Martin Lechner der Kragen. "Es brennt lichterloh", polterte der CSU-Kreisrat aus Straußdorf los. Als Landwirt erlebe er den Klimawandel jeden Tag, "da wird mir angst und bang". Auch deshalb könne er die ewige Diskussion über den Windpark im Ebersberger Forst nicht mehr hören, denn wenn es so weitergehe, dann werde es den Wald bald eh nicht mehr geben.

Wumms! Das hatte gesessen. Lechners deutliche Worte in der Sitzung des Kreis-Umweltausschusses am Mittwoch kamen aber nicht von ungefähr, sondern sind die Reaktion auf eine Praxis, die aus Sicht einiger Kreisräte in den vergangenen Monaten überhand genommen hat: Immer wieder löchern sowohl Bürger als auch Vertreter mancher Parteien die Verwaltung am Landratsamt mit Fragen zu den geplanten Windrädern im Forst - und das, obwohl die Behörde darin eigentlich kaum noch involviert ist. Doch damit soll nun Schluss sein.

"Ich stelle den Antrag, dass das Landratsamt keinerlei Fragen mehr zu den Windrädern im Forst beantwortet, für die es nicht zuständig ist", sagte Lechners Parteikollege Josef Oswald. Es sei schließlich nicht zu verantworten, dass hier Steuergelder für die Recherche zu irgendwelchen Privatinteressen verschwendet würden. Der Glonner Bürgermeister spielte damit vor allem auf die Wortmeldungen einer Gruppe von Bürgern an, die die Sitzungen verschiedenster Ausschüsse immer wieder dazu nutzen, mit ihren Fragenkatalogen in Sachen Windradbau die Verwaltung zu bombardieren. Manchmal sind diese Anliegen durchaus nachvollziehbar, etwa wenn es um Belange des Natur- und Artenschutzes geht. Bei anderen Wortmeldungen drängt sich allerdings der Verdacht auf, dass diese eher dazu dienen sollen, möglichst viel Gegenwind für das Projekt zu erzeugen.

Die nicht enden wollende Debatte über den Windpark kann Martin Lechner nicht nachvollziehen. (Foto: Christian Endt)

Dazu muss man wissen, dass zwar der Landkreis im Frühjahr 2021 per Bürgerentscheid die Stimmung in der Bevölkerung im Hinblick auf einen Bau von bis zu fünf Windrädern im Forst abgeklopft hat - was eine knappe Mehrheit mit "Ja" beantwortet hat. Seither aber haben das Landratsamt und der Kreistag mit dem Vorhaben nur noch sehr am Rande zu tun. Der Grund und Boden nämlich, auf dem die Anlagen entstehen sollen, gehört den Bayerischen Staatsforsten. Diese haben die entsprechenden Verträge mit den Projektpartnern geschlossen, die sich nun zunächst um die notwendigen Genehmigungsverfahren und später um die Errichtung und den Betrieb der Windräder kümmern werden. "Der Landkreis war in konkrete Vertragsverhandlungen nicht eingebunden", stellte nun auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) nochmals klar, "wir sind da außen vor."

Viele der eingereichten Fragen übersteigen die Kompetenz des Landratsamtes

Trotzdem reichen bekennende Gegner des Projekts immer wieder umfassende Nachfragen bei der Behörde ein. In der jüngsten Sitzung am Mittwoch etwa wollte ein Mann unter anderem wissen, ob denn die beteiligten Projektpartner überhaupt über eine ausreichende Liquidität für das Vorhaben verfügen würden, wie denn der Rückbau der Anlagen nach dem Ende ihrer Betriebszeit von rund 20 Jahren erfolgen soll, und an welcher Stelle dann neue Windräder gesetzt werden - Fragen, die die Zuständigkeit des Landratsamtes weit übersteigen und die wohl nicht einmal die ausführenden Firmen zum jetzigen Zeitpunkt seriös beantworten könnten.

SZ PlusWindkraft
:Fragwürdige Methoden

Wenn den Gegnern des Forst-Windparks die Natur wirklich am Herzen liegt, sollten sie sich den Fakten stellen.

Kommentar von Andreas Junkmann

Es ist aber nicht nur die kleine Gruppe von Bürgern, die beim Thema Forst-Windräder immer wieder bei der Behörde vorstellig wird, auch aus den Reihen mancher Parteien bekommt die Verwaltung in aller Regelmäßigkeit einen ordentlichen Berg an Hausaufgaben aufgebrummt. Besonders AfD-Mann Manfred Schmidt lässt hier nicht locker. In der jüngsten Sitzung reichte der Baldhamer etwa Fragen zu den genauen Gesellschaftsstrukturen der Projektpartner Surplus Equity Partners und Qualitas Energy ein und machte sich Gedanken über deren Kapitalausstattung. Auch wollte er vom Landratsamt wissen, ob durch den Betrieb der Windräder umweltschädliche Stoffe freigesetzt würden, oder wieviel das Eberwerk konkret für die bis zu drei Windräder zahlen muss, die es nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens übernehmen kann.

Seit Anfang März stehen die neuen Projektpartner für den Windpark fest. Unter anderem ist jetzt auch das Eberwerk um Geschäftsführer Markus Henle (links) mit von Partie. (Foto: Christian Endt)

Solche Fragen wurden bisher stets dem Sitzungsprotokoll angefügt und von den Mitarbeitern im Landratsamt schriftlich beantwortet. Dass es so jedoch nicht auf Dauer weitergehen kann, darüber war sich eine breite Mehrheit im Gremium einig. Gegen die Stimmen von Manfred Schmidt, Toni Ried (Freie Wähler) und Thomas Lechner (Bayernpartei) schlossen sich alle Ausschuss-Mitglieder dem Vorschlag von Josef Oswald an, künftig keine Fragen außerhalb der Zuständigkeit mehr zu beantworten. Für Martin Lechner ein notwendiger Schritt, um endlich in der Sache voranzukommen: "Der Landkreis will bis 2030 frei von fossilen Energieträgern sein. Wir müssen uns deshalb schon an die Nase fassen und fragen: Was haben wir dafür bisher eigentlich getan?" Statt andauernd über die Windräder zu diskutieren, solle man die Projektpartner doch nun einfach ihre Arbeit machen lassen.

Dass jener Debatte um die Rotoren im Forst durch den Beschluss des Umweltausschusses jetzt die Luft ausgeht, ist aber nicht zu befürchten - denn dafür gibt es auch in den Gremien selbst immer noch viel zu unterschiedliche Ansichten. Toni Ried etwa schimpfte am Mittwoch in Bezug auf Windkraft über eine "reine Ideologie, die da durch das Land getragen wird". Dafür werde er seine Hand auf keinen Fall heben - um sich dann aber postwendend den Konter von Thomas von Sarnowski (Grüne) einzufangen, der Ried vorwarf, in seinem "Dinosaurier-Denken verhaftet" zu sein. Fragenkataloge hin, Urzeitechsen her - bis sich die Windräder im Forst tatsächlich drehen, wird es noch viel Gesprächsstoff geben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusElektromobilität
:"Die Erde raucht ab - und ihr fahrt mit eurem Diesel spazieren"

Michael Lenz berät Hausgemeinschaften kostenlos bei der Errichtung einer Lade-Infrastruktur für Tiefgaragen und Garagenhöfe. Diese Aufgabe ist für den 70-Jährigen alternativlos - auch wenn er manchmal wüst beschimpft wird.

Von Andreas Junkmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: