Pflegeheime in Ebersberg:Zwischen abschotten und schützen

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Eine Altenpflegerin in Schutzausrüstung hält die Hand eines Bewohners (Symbolfoto). (Foto: dpa)

Wie die Pflegeheime im Landkreis Ebersberg während der Pandemie versuchen, ihre Häuser für Besucher offen zu halten.

Von Daniela Gorgs, Ebersberg

Wer einen Angehörigen in einem Pflegeheim besucht, muss einen negativen Corona-Test vorweisen, eine Maske tragen und Abstand halten. So schreibt es das Infektionsschutzgesetz vor. Über diese Regel hinaus kann eine Senioreneinrichtung von seinem Hausrecht Gebrauch machen. Das geht im Ernstfall soweit, dass die Heimleitungen zum Schutz der Bewohner ein Besuchsverbot für Angehörige erlassen. Schützen heißt dann isolieren.

Für die Alten- und Pflegeheime ist der Umgang mit der Pandemie eine Gratwanderung. Ein Corona-Ausbruch in einem Seniorenheim kann verheerende Folgen für alle Bewohner haben, da diese aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe zählen. Andererseits leiden die Senioren und ihre Angehörigen schmerzlich unter einer Kontaktsperre. Das erlebt derzeit Tomislav Nikic, Heimleiter des Seniorenwohnparks in Vaterstetten.

Wegen hoher Erkrankungszahlen verhängte Nikic im November ein Besuchsverbot. Der Seniorenwohnpark Vaterstetten, nach eigenen Angaben mit 273 Betten das größte private Pflegeheim in Bayern, ist abgeriegelt. Wie Heimleiter Nikic berichtet, war es eine schwierige, aber notwendige Entscheidung. "Wir mussten so handeln, um unsere Bewohner zu schützen." Mit drei verschiedenen Eingängen sei es nicht möglich, die Besucher zu kontrollieren.

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Die meisten Angehörigen hätten Verständnis für diesen radikalen Schritt und hielten, wenn möglich, Kontakt per Video-Call. Andere seien empört. Für das Pflegepersonal sei es schwierig, manchen Bewohnern zu erklären, warum sie keinen Besuch erhielten. Wer dement sei, verstehe das nicht immer. Nikic hofft, dass er diese drastische Regelung bald wieder aufheben kann. Dann, wenn die Bewohner durchgeimpft und geschützt sind.

Marion Wolinski, die als Mitglied des Krisenstabs im Landratsamt für die Seniorenheime zuständig ist, sagt, dass die Pflegeheime im Landkreis ihr Hausrecht sehr individuell ausgestalten und den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort anpassen. "Das funktioniert sehr gut." Bislang hätten sie nur wenige Beschwerden erreicht. Wenn die Kommunikation mit den Angehörigen gut laufe, würden die Regeln auch angenommen.

Wolinski weiß, wie rasch die Sorge der Angehörigen in Wut und Verzweiflung umschlägt. Eine Frau wandte sich an das Landratsamt (der Brief liegt der Redaktion vor). Ihr Mann lebt in einem Pflegeheim, das wegen einer hohen Zahl von Infektionen kurzzeitig geschlossen war. Den Grund aber hatte die Einrichtung der Frau zufolge nicht kommuniziert. Sie schrieb: "Er kann nicht raus und ich darf nicht zu ihm rein. Das ist für ihn sehr hart, zumal er auch wegen seiner Schwerhörigkeit nicht telefonieren kann."

Heimleiter befinden sich in einem Dilemma. Sie müssen die Alten schützen, ohne sie abzuschotten. Im Ebersberger Reischlhof gibt es einen Besucherraum mit einer Trennscheibe. Wie Einrichtungsleiterin Anke Möglinger berichtet, können die Angehörigen dort auch rasch mal ohne Test vorbeikommen. Mit aufs Bewohnerzimmer dürfen sie allerdings nur einzeln an drei festgelegten Nachmittagen pro Woche, und dies ausschließlich mit negativem Testergebnis. Das Glonner Marienheim hat tägliche Besuchszeiten eingerichtet und testet vereinzelt auch Angehörige, die keinen Test mitbringen konnten. Ein Besuch in den Räumen der Bewohner aber lässt Heimleiter Hubert Radan nicht zu. "Das Risiko ist zu hoch", sagt er.

© SZ vom 22.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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