Landtagswahl im Landkreis Ebersberg:Von einer, die noch nicht fertig ist

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"Im Großen und Ganzen hält es sich die Waage", sagt Kreisvorsitzende Doris Rauscher über Mitgliederzugänge und -abgänge im Landkreis Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zum dritten Mal tritt SPD-Politikerin Doris Rauscher für den Bayerischen Landtag an. Sie will weiterführen, wofür sie sich in den vergangenen Jahren mit Ausdauer eingesetzt hat: Auch den Menschen, die etwas abseits stehen, eine Stimme zu geben.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Vor drei Jahren erzählte Doris Rauscher auf einer Veranstaltung für Frauen, die sich kommunalpolitisch engagieren wollten, von den Reaktionen auf ihre politischen Anfänge: Manchen habe es missfallen, dass sie, "die Rauscher", eine Putzfrau angestellt habe. Diese Geschichte sagt zwar nichts aus über die SPD-Politikerin, doch über den Weg, den sie gehen musste: In einer Zeit, in der die Kommunalpolitik von Männern und aus heutiger Sicht teils unterirdischen Debatten über die Rolle der Frau beherrscht wurde, startete Doris Rauscher ihre Karriere in der Politik. Und so wurde sie für viele, ohne es bewusst geplant zu haben, auch zum Vorbild.

Zum Gespräch mit der SZ empfängt die 56-Jährige in ihrem Ebersberger Bürgerbüro, freundlich und zurückhaltend. Ein Kollege erzählt, wie er sie in den vergangenen Jahren immer wieder bitten musste, sich bei Fototerminen ein bisschen mehr in die Mitte zu stellen, weniger abseits. Doris Rauscher ist keine, die sich ins Rampenlicht drängt. Während sie erzählt, wird klar: Muss man auch nicht unbedingt, wenn man etwas bewirken will. Viel wichtiger ist es da, eine andere Eigenschaft mitzubringen: Hartnäckigkeit. Eine gewisse Veranlagung zur Hartnäckigkeit habe sie schon immer gehabt, bekennt Rauscher, doch das hätte sich sicherlich noch einmal stärker ausgeprägt.

Einen besonderen Draht zu Kindern hat Doris Rauscher nicht nur von Dienstwegen, hier mit Kindern vom Ebersberger Kindergarten Kraxelbaum im Januar 2012. (Foto: Christian Endt)

"Mein Beruf war mir schon immer wichtig, ich wollte Familie und Beruf unter einen Hut bringen können", sagt sie. Rauscher, gelernte Erzieherin und Mutter von zwei mittlerweile erwachsenen Kindern, engagierte sich schon früh sozial, rief in den 1990ern unter anderem eine Initiative zur Schaffung von Kindergartenplätzen aus, war pädagogische Leiterin von 28 Kindertagesstätten des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Erst als sie bereits Stadträtin von Ebersberg war, trat sie der SPD bei - eine innovative Fortschrittspartei, wie sie sagt, bei der sie sich sehr "daheim" fühlt: "Wir warten nicht, bis die Mutter an der Tür klopft und sagt: Ich bräuchte einen Betreuungsplatz für meine Kinder. Sondern wir sehen es als selbstverständlich an, Infrastruktur zu schaffen, damit Frauen wie Männer ihrem Beruf nachgehen können."

Während des Gesprächs schaut ein älterer Herr immer wieder durch das Fenster ins Bürgerbüro. Schließlich entschließt er sich zu klopfen. Doris Rauscher öffnet. Der Mann fragt, es scheint ihm unangenehm zu sein, ob er bitte die Toilette benutzen dürfte. Doris Rauscher sagt lächelnd: "Ja, natürlich" und zeigt ihm den Weg.

Prominente Unterstützung vom damaligen SPD-Spitzenkandidaten für das Amt der Ministerpräsidenten: Doris Rauscher mit Christian Ude im März 2013, wenige Monate vor der Landtagswahl. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor zehn Jahren wurde Doris Rauscher zum ersten Mal in den Landtag gewählt, seit 2018 ist sie die Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie. Nun will sie es ein drittes Mal versuchen. Ob die Themen durch den Angriff des Ukraine-Kriegs denn nun andere geworden sind? Die Politikerin findet: Nicht unbedingt. Aber: "Die gleichen Themen - Energiepolitik, Wohnraum, Bildung - sind noch größer geworden."

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Auf die Frage hin, worauf sie in ihrer politischen Karriere bisher besonders stolz ist, räuspert sich Doris Rauscher und sagt: "Mei, stolz." Gute Erfahrungen habe sie beispielsweise damit gemacht, dass Parlamentsarbeit nicht nur aus der Beratung von Anträgen bestehe. Politik würde oft am Rande der Sitzungen gestaltet, durch Gespräche, das Setzen von Themen. Seit sie dem Sozialausschuss vorsitze, erzählt Rauscher, habe sie ein Format eingeführt, um für Themen zu sensibilisieren: kleine Fachgespräche, unkompliziert, ein Stündchen. Zwei, maximal drei Experten. Themen, die nicht die große Masse an Betroffenen ausmachen - aber Menschen, die eine unterstützende, staatliche Struktur benötigen. Zum Beispiel Kinder, die das Heim verlassen: Wie geht es ihnen im Übergang von der stationären Einrichtung ins Berufsleben? Oder Stichpunkt Häusliche Pflege: Was ist mit Kindern, die sich um einen erkrankten Elternteil kümmern? An wen können sie sich wenden?

Mit Schwung und noch lange nicht fertig sieht sich Doris Rauscher, hier bei einer Kletteraktion der AWO im August. Im Hintergrund: Thomas Huber von der CSU, der mit Rauscher gemeinsam den Sozialausschuss leitet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Gegensatz zu so manchem Kandidaten, der sich zum ersten Mal für ein Mandat im Landtag bewirbt, kann Doris Rauscher nun schon auf einige Jahre harter Parlamentsarbeit zurückblicken. "Ich hab' gelernt, dass demokratische Aushandlungsprozesse manchmal nicht leicht sind, sich aber lohnen", fasst sie es zusammen. Dabei ploppt ein Thema auf, auf das Doris Rauscher sichtlich stolz ist: dass sich auf ihre Initiative hin eine alternative, praxisintegrierte und bezahlte Ausbildungsform für Erzieher, genannt Pia, in Bayern etablieren konnte.

Neben ÖPNV, Verkehr und Bauen nimmt die SDP-Politikerin von den Landkreisthemen also vor allem das mit in den Landtag, wofür ihr Herz schlägt: Sozialpolitik. "Wenn ich irgendwann auf meine Karriere im bayerischen Landtag zurückblicken und sagen kann: Für richtig gute Sozial- und Familienpolitik habe ich den Weg frei gemacht, wie wenn man sich mit einer Machete immer wieder durch den Urwald kämpft, um einen begehbaren Pfad zu erhalten - dann würde mich das sehr stolz und zufrieden machen." Ein Rückblick also, auf den man lieber noch ein paar Legislaturperioden wartet?

"Ich bin noch nicht fertig", sagt Doris Rauscher, hält noch mal einen Moment inne, als würde sie in sich hinein hören. "Im Moment bin ich noch nicht fertig."

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