Brenner-Nordzulauf:"Das Ergebnis wird vor Gericht nicht standhalten"

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Im Atteltal zwischen Henneleiten und Fischerleiten führt die Bestandsstrecke durch, hier würde die türkise Trasse durchlaufen. Blick von der Hangkante bei Pfadendorf nach Osten ins Atteltal. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit die Deutsche Bahn ihre Trasse für den Brenner-Zulauf durch den Kreis Ebersberg vorgestellt hat, gibt es Kritik. Nun hat sich ein Bündnis aus Politikern und Experten das Auswahlverfahren genauer angeschaut - und unterstellt dem Schienenkonzern schwere Fehler.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wie sauer eine Limone sein kann, haben viele Bürger aus dem südlichen Landkreis Ebersberg Mitte Juli feststellen müssen. Damals nämlich hatte die Deutsche Bahn ihre Trasse für den Zulauf zum Brenner-Basistunnel durch die Region vorgestellt - und die Wahl fiel auf eben jene mit dem Namen "Limone". Doch sauer machte in diesem Fall niemanden lustig, dafür eine ganze Menge Leute ziemlich wütend. Viele hätten sich statt "Limone" lieber die als sogenannte Bürgertrasse bekannte Streckenführung in der Farbe Türkis gewünscht. Nun hat sich Andreas Brandmaier, Projektcontroller aus Niclasreuth und Mitinitiator einer bestandsnahen Streckenführung, die Argumente der DB-Planer nochmal genauer angeschaut - und einige Mängel festgestellt.

Anders als die vier von der Bahn vorgeschlagenen Trassen, sollte die Variante "Türkis" unmittelbar entlang der bestehenden Gleise verlaufen. Der Schienenkonzern legte sich jedoch auf eine Strecke fest, die von Ostermünchen im Landkreis Rosenheim kommend an den kleinen Orten Niclasreuth und Dorfen in der Gemeinde Aßling vorbeiführt, ehe die neuen Gleise bei Lorenzenberg in einem etwa 1,5 Kilometer langen Tunnel verschwinden. Dieser endet bei Hamberg, von wo aus die Trasse über Schammach und Taglaching bei Kirchseeon wieder mit der Bestandsstrecke zusammengeführt wird. Bei der Präsentation im Juli erklärten die Projektplaner, diese Schienenführung habe in einem Kriterienkatalog am besten abgeschnitten.

Andreas Brandmaier bei der Präsentation in Grafing. Bürgermeister Christian Bauer (links) und Thomas Huber (rechts) hören aufmerksam zu. (Foto: Christian Endt)

Daran aber haben Brandmaier sowie ein parteiübergreifendes Bündnis aus Politikern, zu dem etwa Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz (CSU) sowie die Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD) zählen, so ihre Zweifel. Am Mittwochnachmittag hat Andreas Brandmaier nun die Erkenntnisse seiner neuerlichen Analyse im Rahmen einer Pressekonferenz im Grafinger Rathaus vorgestellt - und er kommt zu dem Schluss: "Die Bahn hat keine objektive Bewertung der Trassen durchgeführt." Ihm seien gleich mehrere systematische Mängel und Abwägungsfehler im Kriterienkatalog aufgefallen, sodass der Projektcontroller überzeugt ist: "Das Ergebnis wird vor Gericht nicht standhalten."

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Brandmaier stützt diese These auf einige Ungereimtheiten, die ihm bei der Trassenbewertung der Bahn aufgefallen sind. Der Schienenkonzern hatte auf Basis verschiedener Kriterien eine Rangliste aller Vorschläge erstellt, bei dem letztendlich "Limone" als Sieger hervorging - laut Brandmaier zu Unrecht. Etwa bei der Lärmberechnung habe die Bahn sich rein auf die Neubaustrecke beschränkt und die bestehende Trasse komplett ausgeklammert. "Das ist nicht nur falsch nach dem gesunden Menschenverstand, sondern auch falsch nach jeglichem mathematischen Vorgehen", so Brandmaier. Lege man die richtigen Werte zugrunde, hätte eigentlich die Variante "Türkis" am besten abschneiden müssen.

Bei gleichem Streckenverlauf kommt die Bahn zu unterschiedlichen Ergebnissen

Auch bei der Bewertung der Lärmberechnung will der Projektcontroller Fehler erkannt haben. Zwar seien die Varianten "Orange" und "Türkis" streckenweise identisch, dennoch habe die Bahn bei letzterem Trassenverlauf eine deutlich höhere Lärmbelastung angenommen. "Wie kann das sein?", fragt Brandmaier deshalb, der auch eine willkürliche Auswahl der Normierungsmethode - also bei der Gewichtung einzelner Kriterien - bemängelt. Dadurch komme die türkise Bürgertrasse im Vergleich zu den anderen Varianten deutlich schlechter weg.

Gleiches gelte bei den Kostenansetzungen für die einzelnen Gewerke, vor allem bei dem von der Bahn angenommenen Grunderwerb. Liegt der Quadratmeterpreis bei allen anderen Trassen zwischen 32 und 36 Euro, sind es bei der Variante "Türkis" stolze 51,90 Euro. "Die Bahn muss offenlegen, was da genau für Grundstückspreise verwendet wurden", so Brandmaiers Forderung. Seiner Ansicht nach könne man sich bei der Bürgertrasse zudem das unliebsame und zudem teure Überwerfungsbauwerk bei Kirchseeon sparen, über das die Züge wieder auf die bereits bestehenden Gleise umgeleitet werden. Man müsse dazu lediglich die Anordnung der Schienen ändern, erklärt der Experte.

Das Bündnis fordert, dass die Bahn ihre Fehler korrigiert und die Trassen neu bewertet

Unterm Strich müsse sich die Bahn nochmal mit der Streckenauswahl befassen. "Aufgrund der aufgezeigten Fehler sind die Trassen neu zu bewerten", sagt Andreas Brandmaier - und hat dabei auch die Unterstützung vieler Ebersberger Politiker. "Es wäre nicht das erste Mal, dass die Bahn objektiv falsch liegt", sagt etwa CSU-Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz, der daran erinnert, wie lange es gedauert habe, bis der Schienenkonzern die Bürgertrasse überhaupt in die Planungen aufgenommen hat. "Wir wollen die Bahn heute nicht vorführen", stellte derweil Thomas Huber klar, aber man sei eben nicht überzeugt davon, dass die getroffene Auswahl die beste Lösung für Mensch und Natur darstellt.

Anfang September soll es deshalb ein Treffen mit den Projektplanern der Bahn und dem Bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) geben, bei dem das Bündnis seine Kritik erneut vortragen will. Das Ziel dieser Zusammenkunft steht für Thomas Huber bereits fest: "Wenn die Bahn einen Fehler gemacht hat, dann erwarte ich, dass sie diesen Fehler korrigiert."

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