Bahnlärm in Ebersberg:Rauscher zu Lenz: "Andi, schnapp dir den Scheuer!"

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Der Güterverkehr wird im Raum Ebersberg künftig deutlich zunehmen. Und mit ihm auch der Lärm. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Zum Lärmschutz wegen des Brenner-Nordzulaufs treffen erstmals Politiker, Bahn-Vertreter und Anlieger aufeinander. Das kam dabei heraus.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Die Nacht hatte sich bereits vor den Fenstern des Hermann-Beham-Saales im Ebersberger Landratsamt herabgesenkt, da wollte Martin Lechner noch etwas loswerden. "Ich habe nicht den Eindruck, dass für den Bürger das Bestmöglichste getan wird", sagte der CSU-Kreisrat aus Grafing und erntete dafür viel Applaus. Wer nicht geklatscht hat, waren die Vertreter von Bahn und Bundesverkehrsministerium (BMVI), die in den zwei Stunden zuvor in Sachen Brenner-Nordzulauf Rede und Antwort gestanden haben. Das Landratsamt hatte zu einem Dialogforum mit den Bürgermeistern der Anliegergemeinden und Vertretern der jeweiligen Lärminitiativen geladen - doch das Ergebnis dürfte für viele ernüchternd sein.

Der Nordzulauf zum Brenner-Basistunnel soll eine der wichtigsten Achsen für den Güterverkehr zwischen Deutschland, Österreich und Italien werden. Während in den beiden anderen Ländern die Planungen schon weit fortgeschritten sind, hinkt man hierzulande hinterher. Wird der Tunnel dann wie vorgesehen 2027 fertiggestellt, soll der viergleisige Nordzulauf dafür sorgen, dass mehr Güter von der Straße auf die Schiene wandern. Da die Trasse von Aßling bis Vaterstetten auch den Landkreis durchschneidet, befürchten die Anlieger eine deutlich höhere Lärmbelastung als bisher und fordern Bahn und Politik zum Handeln auf.

Dass es in dieser Hinsicht im Moment keine festen Zusagen geben wird, wurde am Dienstag im Landratsamt deutlich. "Wir fordern in Kooperation mit den Gemeinden maximalen Lärmschutz", sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der die Veranstaltung als ersten Schritt in einem längeren Austauschprozess mit allen Beteiligten bezeichnete. Ein solcher wird auch nötig sein, denn Stand jetzt gibt es von den Verantwortlichen in Sachen Lärmschutz noch wenig Konkretes zu vermelden.

Deutschland befinde sich noch in einem recht frühen Stadium der Streckenplanung, so Friederike Reineke vom BMVI. Besonders beim Abschnitt durch den Landkreis stehe man sogar noch ganz am Anfang. "Ich kann bezüglich der Konfiguration heute noch nicht viel sagen." Da noch kein Planungsergebnis vorliege, stehe Reineke zufolge auch die endgültige Lärmbelastung noch nicht fest. "Da muss man auch Geduld haben."

"Bürger leiden heute schon massiv unter gesundheitsgefährdendem Lärm"

Diese allerdings haben im Landkreis Ebersberg nur die wenigsten. Mehrere Lärminitiativen entlang der Trasse haben bereits konkrete Forderungen an Bahn und Politik formuliert: einen Ausbau des Lärmschutzes nach Neubaustandard und die Zusage, das S-Bahn-Netz nicht durch den Güterverkehr zu stören. "Unsere Bürger leiden auch heute schon massiv unter gesundheitsgefährdendem Lärm", so Susanne Höpler von der Bürgerinitiative Kirchseeon, die deshalb unmittelbare Maßnahmen von der Bahn forderte.

Dass es solche in den vergangenen Jahren bereits gegeben habe, machte Klaus-Dieter Josel deutlich. Der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Bayern verwies auf die etwa 90 Millionen Euro, die in den Lärmschutz entlang der Trasse Kufstein-München investiert worden seien. Damit, so Josel, sei es aber noch nicht getan. "Wir werden den vom Gesetzgeber geforderten Lärmschutz auch verbauen." Dennoch bat auch der bayerische Bahn-Chef um Geduld. Man werde die Bedenken der Bürger ernst nehmen, "aber wir können heute keine Versprechungen machen".

Genau solche hätten sich viele der anwesenden Bürgermeister und Kreisräte aber gewünscht - oder wie CSU-Landtagsabgeordneter Thomas Huber sagte: "In den Köpfen der Bürger sind wir hier schon viel weiter, als die Planung im Ministerium." Er selbst hatte zusammen mit seinen Rosenheimer Parteikollegen Otto Lederer und Klaus Stöttner die Forderung nach mehr Lärmschutz in den Landtag eingebracht. Man solle Huber zufolge nicht erst bis zum Umbau der Strecke warten, sondern bereits jetzt schon Maßnahmen ergreifen. "Wir können die Zeit jetzt nutzen."

In die selbe Kerbe schlug auch Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz (CSU). Er werde weiterhin fordern, "Maßnahmen, die man machen kann, jetzt schon zu vollziehen". Dafür, wie das gelingen kann, hatte SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher für Lenz auch gleich einen Tipp parat: "Andi, schnapp dir den Scheuer!" Dass eben nicht nur die Bahn in Sachen Lärmschutz in der Pflicht ist, sondern vor allem auch die Politik, unterstrich ebenfalls Klaus Willenberg von der Vaterstettener Bürgerinitiative: "Es geht um die Gesundheit unserer Bürger. Diese zu schützen ist Aufgabe der Politik."

Bis dieser Schutz endgültig umgesetzt wird, soll es noch viele weitere solcher Dialogtreffen geben, dann - so die Hoffnung der Bürger - mit etwas gehaltvolleren Informationen. Das heute sei auch erst der Auftakt und nicht der Schlusspunkt gewesen, so Landrat Niedergesäß. "Wir haben den Zug aufs Gleis gesetzt und er fährt jetzt sukzessive los."

© SZ vom 05.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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