Mitten in Ebersberg:Vor der Sahara sind alle Autos gleich

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Sahara-Sand, wo man hinschaut: Der Belag sollte nicht einfach weggewischt werden. (Foto: Robert Haas)

Ob Nobelkarosse oder Schrottwagen: Man muss einen Wagen nicht putzen, um ihn gern zu haben.

Glosse von Franziska Langhammer

Wer sein Auto liebt, der wäscht es, heißt es unter Fahrzeugliebhabern. So manch ein Pkw-Besitzer putzt mit seligem Gesichtsausdruck sowie Schwamm und Poliermittel an seinem geliebten Vierräder herum, befreit die Felgen vom Schmutz, bringt die Heckfenster zum Blinken. Ist das Auto sauber, hat auch der Fahrer ein reines Gewissen.

So manch ein Auto wird aber auch geliebt, ohne dass es groß geputzt werden muss. Man könnte sich sogar zu der These versteigen, dass ungeputzte Autos besonders geliebt werden; zeigt doch ihr Grad der Verschmutzung den Grad der Benutzung an.

Eine wahre Herzensangelegenheit ist also auch das eigene Auto, das auf der Straße gegenüber sein Zuhause gefunden hat. Diesem Alleinstellungsmerkmal jedoch wurde in den vergangenen Tagen ordentlich Konkurrenz gemacht. Zuerst färbte sich der Himmel gelb, dann kam roter Regen: Ein Tiefdruckgebiet über Nordafrika hatte Wüstenwind aufgewirbelt und nach Europa getragen. Ganze 2995 Kilometer, von der Sahara bis nach Ebersberg. Am Nachmittag waren die roten Sandschlieren nicht nur auf Briefkästen, Gartenzäunen, Hausdächern zu sehen, sondern sie zierten ausgiebig auch parkende Fahrzeuge. Plötzlich war es schwierig, das eigene Auto unter all den anderen Dreckskarren herauszufinden. Es schien sich jedoch ziemlich wohlzufühlen unter seinesgleichen.

Die staubige Konformität hielt leider jedoch nicht lange an. Viele Autobesitzer standen am nächsten Tag schon wieder mit Gartenschlauch und Schwämmchen bereit, um das Vehikel wieder auf Hochglanz zu bringen. Das eigene Auto jedoch hat nun etwas gefunden, auf das es sich zu warten lohnt: das nächste Tiefdruckgebiet aus dem Süden. Denn so wie vor Gott alle Menschen gleich sind, sind es auch die Autos vor der Sahara.

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