Streit um Windräder im Forst:"Inkompatibilität der Überzeugungen"

Lesezeit: 3 min

Bernhard Winter wäre gerne Mitglied des Bund Naturschutz in Ebersberg geworden. (Foto: Christian Endt)

Markt Schwabens Altbürgermeister Bernhard Winter wollte gerne der Kreisgruppe Ebersberg des BN beitreten. Wenn da nur nicht seine Haltung zu den Windrädern im Ebersberger Forst wäre. Zum Glück gibt es ja Ostwestfalen.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Eigentlich sollte es nur eine Formalie sein für Bernhard Winter, den Altbürgermeister Markt Schwabens und Initiator der Sonntagsbegegnungen. Am 24. Juli vergangenen Jahres bat er um Beitritt - oder besser gesagt: Erklärte ihn, wie aus seiner Mail hervorgeht - zum Bund Naturschutz (BN), Kreisgruppe Ebersberg. Doch die Formalie entpuppte sich als Politikum: Winter wurde zunächst vertröstet und schließlich abgewiesen. Jetzt tritt der Markt Schwabener dem BN in NRW bei. Wie kam es dazu?

Winter hat dazu eine "Chronologie eines vorläufigen Scheiterns" verfasst, die auf seiner Homepage zu finden ist. Untertitel: "Warum ich nicht Mitglied beim BUND Naturschutz bin". In der Chronik vollzieht er tag- und manchmal minutengenau seinen Kontakt mit verschiedenen BN-Gremien nach. Zunächst wandte er sich an Olaf Rautenberg, damaliger Kreisvorsitzender des BN. Dieser soll ihm gesagt haben, dass es mit einer Mitgliedschaft schwierig werden würde.

"Es liegt hier eine Inkompatibilität der Überzeugungen vor"

Der Grund: Eine Kombination aus Winters ablehnender Haltung zum Aufstellen von Windrädern im Ebersberger Forst und dem Unwillen der Kreisgruppe, ihren wackeligen Konsens in Bezug auf deren Befürwortung zu gefährden.

Die Frage, ob Windkraftanlagen in den Forst gehören oder nicht, spaltet die Umweltaktivistenszene bereits seit längerem. Nach internen Diskussionen hatte sich der BN dazu entschlossen, sie zu unterstützen. Bernhard Winter wiederum gründete im Oktober 2021 das "Bündnis für den Wald". Es befürwortet Windräder im Landkreis, allerdings nicht im Ebersberger Forst.

Sollen im Ebersberger Forst Windräder aufgestellt werden? Diese Frage spaltet die Umweltaktivisten im Landkreis. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Winter ist prominent. Seine Aufnahme, so die Befürchtung in der BN Kreisgruppe, hätte alte Wunden wieder aufreißen, alte Diskussionen wieder aufflammen lassen können. Josef Biesenberger, jetziger Kreisvorsitzender, beschreibt das Problem so: "Es liegt hier eine Inkompatibilität der Überzeugungen vor." Man sei in der Kreisgruppe ohnehin bereits im Spagat, was die Aufstellung Windräder anbelangt. "Wir wollen den Spalt nicht vergrößern", so Biesenberger. Er selbst sei allerdings nicht mit Winters Aufnahmeantrag beschäftigt gewesen. Dieser verlief unglücklich.

Die Begutachtung des Aufnahmeantrags zog sich über mehrere Monate

Folgt man Winters Chronologie, wurde er immer wieder vertröstet, wenn er überhaupt eine Antwort erhielt. Scheinbar rang der BN um den richtigen Umgang mit der Bewerbung oder es wurde versucht, sie auszusitzen. Im November schließlich erhielt Winter von BN-Landesgeschäftsführer Peter Rottner ein Angebot: Winter dürfe beitreten, wenn er den Vorstandsbeschluss der Kreisgruppe zur Windkraft im Ebersberger Forst "mittragen" würde.

Winter empfand das als "Aufforderung zum Widerruf", was für ihn nicht in Frage käme. Er wolle und könne seine "wohl überlegte und ausgewogene Haltung" nicht widerrufen. Winter bedaure außerdem, dass er seine Meinung in den BN Ebersberg, deren Positionen er fast vollumfänglich unterstütze, nicht einbringen dürfe. "In einer Demokratie sollte Platz für konträre Meinungen sein", so Winter gegenüber der SZ.

Rottner und Biesenberger sehen kein demokratietheoretisches Problem

Peter Rottner erklärt indes, dass er die Formulierung "mittragen" bewusst vieldeutig gehalten hatte: "Man kann sie für sich und man kann sie gegen sich auslegen." Ein Demokratiedefizit sieht er nicht gegeben. Wenn man einem Verein beitritt, müsse man zunächst einmal die Beschlüsse akzeptieren. "Ich selbst mache auch viele Dinge im Verein anders, als ich es privat machen würde", so Rottner. Ihm ginge es aber um die große Sache der Umweltpolitik.

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Auch Josef Biesenberger sieht die Demokratie nicht in Gefahr. "Herr Winter darf seine Meinung natürlich haben", so der Kreisvorsitzende. Winter habe ja auch sein eigenes Bündnis, mit dem er für seine Sache werbe. "Aber die Satzung des BN sieht ausdrücklich vor, dass ein Veto gegen einen Aufnahmeantrag von einer Kreisgruppe eingereicht werden kann." Ein solches Veto sei schließlich auch ausgesprochen worden.

Winter wusste davon aber laut eigener Aussage nichts: "Mir hat niemand etwas von einem Veto gesagt." Er habe insgesamt nie gewusst, in welchem Stadium sich sein Aufnahmeantrag befand.

Winter ist nun Mitglied einer BN-Ortsgruppe in NRW

Mittlerweile hat sich die Angelegenheit aber mehr oder weniger gütlich geklärt: Winter hat seine Beitrittserklärung zur BN-Kreisgruppe Ebersberg zurückgezogen. Stattdessen ist er jetzt Mitglied in einer anderen Gruppe: in Ostwestfalen. Diese Mitgliedschaft habe sich durch seine Kontakte nach Bielefeld ergeben.

Winter ist mit dieser Lösung zufrieden. Er glaube zwar nicht, dass sein Beitritt in Ebersberg zu großer Unruhe geführt hätte. Er sei aber davon überzeugt, dass er auch in Ostwestfalen einen wertvollen Beitrag leisten könne. "Die Natur ist verbunden. Ob ich in Markt Schwaben aktiv werde oder in NRW, da besteht eigentlich kein großer Unterschied." Auch Josef Biesenberger ist froh, dass diese Lösung gefunden wurde und Peter Rottner hält das für einen "wunderbaren Kompromiss".

Es bleibt nur zu hoffen, dass in Ostwestfalen nicht demnächst beschlossen wird, eine Windkraftanlage in einem Wald zu bauen.

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