Windenergie:Der Umwelt zuliebe

Windenergie: Windräder schützen die Umwelt, für deren Bau allerdings müssten im Ebersberger Forst Bäume gefällt werden.

Windräder schützen die Umwelt, für deren Bau allerdings müssten im Ebersberger Forst Bäume gefällt werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Einmal mehr treffen Befürworter und Gegner des geplanten Windparks im Ebersberger Forsts aufeinander. Die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen verleihen der Debatte frischen Schwung - und befördern ungeahnte Gemeinsamkeiten zu Tage.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

In einem Punkt sind sich Befürworter und Gegner der geplanten Windkraftanlagen im Ebersberger Forst einig: Die Natur ist ein besonders schützenswertes Gut. In allen anderen Fragen jedoch gehen die Meinungen beider Parteien diametral auseinander - was sich wiederum am Beispiel jener schützenswerten Natur gut ablesen lässt. Die Kritiker der Windräder würden gerne den Forst als Ganzes erhalten, während die Fürsprecher damit argumentieren, die Umwelt profitiere so sehr von der klimafreundlichen Energiegewinnung, dass man dafür auch Teile des Waldgebiets opfern könne. Diese beiden Positionen sind nun in der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses einmal mehr aufeinandergeprallt, Anlass war passenderweise der Schutz der Umwelt.

Dieser nämlich gilt für den Ebersberger Forst als Landschaftsschutzgebiet in ganz besonderer Weise. Der Bau von Windrädern ist daher an mehrere strenge Bedingungen geknüpft, von denen eine nun aber wegfällt: Wie die Bundesregierung in ihrem Sommerpaket beschlossen hat, sind Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten (LSG) grundsätzlich nicht mehr verboten. Eine Änderung der LSG-Verordnung für den Ebersberger Forst - damit dort auch rein rechtlich bis zu fünf Anlagen gebaut werden dürfen - ist somit hinfällig. An dieser Stelle kommen wieder die Befürworter und Gegner des Projekts ins Spiel. Während Erstere in Form des Kreis- und Strategieausschusses nun mehrheitlich beschlossen haben, die Änderung der Verordnung abzubrechen, sehen die Kritiker darin einen Freifahrtschein für jeglichen Frevel im Ebersberger Waldgebiet.

Der Ausschuss beschließt, die geplante Änderung der LSG-Verordnung abzubrechen

Eine der lautesten Stimmen, die die Windräder im Forst ablehnen, ist seit jeher Bernhard Winter. In der jüngsten Ausschusssitzung übte der Markt Schwabener Altbürgermeister, der als Gast anwesend war, scharfe Kritik daran, dass der Prozess der Änderung der LSG-Verordnung abgeblasen werden soll. Dass sich das Gremium auf diesen Schritt einigen würde, war bereits vor der Sitzung klar. Den gleichen Beschluss - damals allerdings noch unter Vorbehalt - hatte nämlich bereits der Umweltausschuss vor zwei Wochen gefasst. Winter bemängelte nun, dass durch diese Entscheidung auch die begleitende Umweltprüfung entfallen könnte. "Wollen wir wirklich die im vorliegenden, von uns bestellten und bezahlten Umweltbericht wertvollen und objektiven Hinweise einfach ignorieren?", fragte er deshalb in die Runde der Kreisräte. Würde man auf die Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten, so Winter, "kann der aufs Gleis gesetzte Zug einfach weiterollen, noch schneller und unkontrollierter als bisher vorhergesehen, mitten in unseren Wald hinein".

Dass in den Ebersberger Forst kein unkontrollierter Zug rollen wird, stellte allerdings Landrat Robert Niedergesäß (CSU) klar. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse genauso wie die spezielle Artenschutzprüfung auf jeden Fall stattfinden. Lediglich die strategische Umweltprüfung könne nach der neuen Gesetzeslage wegfallen. "Wir werden uns sehr ausführlich um unsere Schutzgüter kümmern", versicherte Niedergesäß.

Die Bayerische Staatsregierung spielt den Kritikern unverhofft in die Karten

Den Kritikern der Windräder ist das aber nicht genug, sie plädieren für einen Standort außerhalb des Eberberger Waldes - und bekommen nun unverhoffte Unterstützung durch die Bayerische Staatsregierung. Diese nämlich legte Anfang Juli einen Gesetzentwurf vor, wonach die im Freistaat geltende 10-H-Abstandsregel für Windräder im Einzelfall auch ausgesetzt werden kann. "Neu und klar ist, dass wir als Standorte für Windkraftanlagen inzwischen sehr viele andere Möglichkeiten haben", sagte Bernhard Winter deshalb. "Wir müssen dafür wirklich nicht das einzigartige Ökosystem unseres Ebersberger Waldes verletzen."

In dieselbe Kerbe schlug auch AfD-Kreisrat Manfred Schmidt, der angesichts der veränderten Rahmenbedingungen sagte, die Ebersberger hätten beim Bürgerentscheid unter falschen Voraussetzungen abgestimmt. Mit Sicherheit, so Schmidt, habe eine ganze Reihe nur deshalb für die Windräder im Forst votiert, weil 10H überall anders den Bau der Anlagen verhindert habe. "Das ist jetzt aber völlig aufgeweicht." Das gleiche Argument, allerdings mit einer komplett anderen Zielrichtung, griff auch Waltraud Gruber (Grüne) auf. Ihre Fraktion hatte sich per Antrag dafür ausgesprochen, dass auch für die geplanten Anlagen im Forst 10H nicht mehr gelten soll. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hätten sich inzwischen geändert und diesen müsse man sich nun stellen. "Wir sind nicht gebunden an 10H", so Gruber.

Bei den Grünen hält man den Bürgerentscheid nun für "kontraproduktiv"

Das jedoch sah Robert Niedergesäß zusammen mit der Mehrheit im Gremium anders. "Ich bin ja grundsätzlich kein 10-H-Fan, aber das ist für mich Geschäftsgrundlage", so der Landrat mit Blick auf den Bürgerentscheid, der stattfand, als die Abstandsregelung noch unumstößlich in Kraft war. Das Votum der Ebersberger sei inzwischen "eher kontraproduktiv" hielt Waltraud Gruber dagegen. "Hätten wir keinen Bürgerentscheid, könnten wir jetzt einfach planen."

Weil das Gremium den Grünen-Antrag aber ablehnte, bleibt die 10-H-Regelung im Forst vorerst weiter bestehen. Die Änderung der LSG-Verordnung hingegen stoppten die Kreispolitiker. Lediglich AfD-Mann Schmidt votierte dafür, die Planung trotz des geänderten Bundesgesetzes fortzuführen. Dieser Entscheidung muss nun der Kreistag in seiner Sitzung am kommenden Montag noch zustimmen.

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