Kunst in Ebersberg:Der Charme des Unperfekten

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Welch ein Ge-Nuss: Die Schüler des Grafinger P-Seminars stellen in Ebersberg ihre Bilder aus. (Foto: Christian Endt)

Das P-Seminar "Druckwerkstatt" des Grafinger Gymnasiums stellt seine eindrucksvollen Werke am Wochenende im "Studio an der Rampe" beim Kunstverein aus. Vernissage ist am Freitag.

Von Daniel Limmer , Grafing

Jedes einzelne Kunstwerk wird zunächst sorgfältig begutachtet, bevor entschieden wird, wo es hinkommt. Passen die zwei hier zusammen, und wie sieht's bei den dreien da hinten aus? Am Ende soll das Ganze schließlich eine stimmige Ausstellung ergeben. Als alle 14 Kunstwerke im "Studio an der Rampe" - einer kleinen Galerie des Ebersberger Kunstvereins - ihren Platz gefunden haben, geht es ans Aufhängen. Auch das gehen die Schülerinnen und Schüler des Grafinger Max-Mannheimer Gymnasiums mit höchster Professionalität an.

Die ausgestellten Kunstwerke sind das Ergebnis ihres P-Seminars "Druckwerkstatt". "Wenn man die Bilder jetzt nebeneinander hängen sieht und an Freitag denkt, dann können wir schon stolz sein auf uns", sind sich Vanessa Chu und Johanna Kuptz einig. Am Freitag um 18 Uhr ist nämlich Vernissage. Dort werden die beiden dann ebenso anwesend sein wie die zwölf weiteren Schülerinnen und Schüler - Maximilian Böhm, Lena Buchner, Leander Gaschik, Leonie Gillhuber, Clara Hartmann, Jules Jocher, Julia Kaiser, Magdalena Lugmayr, Johanna Meisinger, Frederick Sabo, Lisa Weber und Catharina Weigel - die sich in der elften Klasse für die Druckwerkstatt entschieden haben.

"Press that Print" ist der Titel der Ausstellung. Wegen der besonderen Holzschnitt-Technik, mit der die Bilder geschaffen wurden. Aus einem hölzernen Druckstock werden dabei mithilfe von Geißfüßen und Hohleisen reliefartig Teile ausgeschnitten, die erhabenen Stellen eingefärbt und mit Hilfe einer Presse auf Papier gedruckt. In mehreren Durchgängen - immer von hell nach dunkel. So entstehen am Ende mehrschichtige, bunte Gemälde. Eine sehr handwerkliche Arbeit, bei der trotz alledem Fingerspitzengefühl gefragt ist.

Was einmal weggeschnitten ist, ist weg. Viel Umdenken und ein genauer Plan seien also gefragt, verrät die 19-jährige Vanessa Chu. Der spannendste Teil ist aber dann das Drucken. "Weil man nie weiß, wie es ausgeht", sagt die 17-jährige Johanna Kuptz. Denn an manchen Stellen wird die Farbe dicker, an anderen lückenhaft aufgetragen. Das macht die Kunstwerke so besonders. Unperfekt perfekt eben.

Von "Tartaruga blu" bis zum "Totenkopfschwärmer"

Streifen wagen: eines von 14 Ausstellungswerken zeigt ein Zebra. (Foto: Christian Endt)

In ihrer Motivwahl waren die Schüler frei. Lediglich zum Thema des Projekts "Dinge, Tiere und Symbole" sollte es passen - und das gelingt jedem einzelnen Kunstwerk äußerst gut. Das Bild "Tartaruga blu" etwa zeigt eine blaue Schildkröte im Wasser. Der "Totenkopfschwärmer" ist ein schöner, gelber Schmetterling mit Totenkopfsymbol auf dem Körper - eigentlich ein Gegensatz, aber das ist ja gerade das Spannende daran. Die Einladungskarte schmückt ein Stiefel. Er steht für Halt und Bewegung zugleich, kann aber auch als Symbol gesehen werden für das Hinterlassen von Abdrücken. Vanessa Chu und Johanna Kuptz hätten nicht gedacht, dass alle 14 Bilder am Ende - farblich wie thematisch - so gut zusammen passen.

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Von Daniel Limmer

Angeleitet wurde das Projekt von Kunstlehrerin Christine Lindenmüller, die "absolut begeistert" von den Arbeiten des Seminars ist. Zum vierten Mal betreut sie die von ihr einst gegründete Druckwerkstatt nun schon. Der Holzdruck, so Lindenmüller, stehe einfach ein bisschen "gegen das ganze Verkopfte". Für Chu und Kuptz ist die Druckwerkstatt jedenfalls das "beste Projekt" unter den P-Seminaren.

Neben dem Holzdruck haben die Schüler bei einem Workshop in München eine weitere Art des Druckens kennengelernt: Letter-press. Ein Farbdruck, der das Motiv tiefprägt und damit für ein visuelles und gleichwohl haptisches Bilderlebnis sorgt. So sind neben den Holzdruck-Gemälden weitere 14 Bilder entstanden, welche ebenfalls im Studio an der Rampe bewundert werden können. Alle Ausstellungsstücke sind in zwei bis dreifacher Ausführung vorhanden und werden deshalb auch zum Verkauf angeboten.

Ein Herz für Flugwesen: Die Schüler der "Druckwerkstatt" und ihre Motive. (Foto: Christian Endt)

Echte Teamarbeit

Obwohl die Werke an sich natürlich individuelle Arbeiten der Schüler sind, war beim P-Seminar Druckwerkstatt jede Menge Teamwork gefragt. Vor allem für die Vorbereitung der Vernissage. Verschiedene Gruppen kümmerten sich dabei um die Gestaltung der Einladung, das Verfassen des Pressetextes und schließlich um die Hängung. "Wir haben uns zudem immer wieder über unsere Arbeiten ausgetauscht", berichtet Johanna Kuptz. Lehrerin Lindenmüller kann von der Arbeitsatmosphäre, die während des gesamten Projekts herrschte, nur schwärmen - Corona zum Trotz. Denn auch für die Schwierigkeiten, die ihnen die Pandemie immer wieder bereitet hatte, wurden kreative Lösungen gefunden.

Beim Aufhängen der ersten Bilder küren die sechs anwesenden Schülerinnen samt Lehrerin immer wieder ein neues Lieblingsbild. Sich endgültig auf eines festzulegen, ist ihnen jedoch nahezu unmöglich. Schließlich hat jedes dieser Werke seinen ganz eigenen Charme.

"Print that Press": Ausstellung der "Druckwerkstatt" des Grafinger Gymnasiums im "Studio an der Rampe" in Ebersberg, Im Klosterbauhof 6. Eine Vernissage findet statt am Freitag, 14. Januar, um 18 Uhr. Geöffnet ist am Samstag und Sonntag, 15./16. Januar jeweils von 14 bis 18 Uhr. Es gilt die 2-G-Regelung.

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