Andreas Lenz, CSU:"Dann stehe ich in Ebersberg und Erding für Wlan und Weißbier"

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Seit 2013 vertritt der Frauenneuhartinger Andreas Lenz den Wahlkreis Ebersberg-Erding als Gewinner des Direktmandates im Bundestag. Nun bewirbt er sich um eine dritte Amtszeit. (Foto: Thorsten Rienth)

Mit gerade einmal 40 Jahren will Andreas Lenz (CSU) zum dritten Mal das Direktmandat für den Bundestag gewinnen. Über Laptop und Lederhose im Wahljahr 2021.

Von Thorsten Rienth, Berlin

Kühler Spätsommerwind bläst eine graue Wolken-Melange über die Hauptstadt. Die Flaggen auf dem Dach des Reichstagsgebäudes flattern in der Brise, die Haare von Andreas Lenz auch. Irgendwie passt das Bild. Für die Union, die politische Heimat des Erdinger-Ebersberger Bundestagsabgeordneten, könnte die Großwetterlage wahrlich angenehmer sein. Auf einmal ist das sichergeglaubte Kanzleramt in Übernahmegefahr. Ausgerechnet durch die SPD.

Den ganzen Tag hat Lenz schon im Wind verbracht. Diesmal im politischen. Vom Büro im Joachim-Kaiser-Haus rüber in den Plenarsaal. Von dort auf rauf auf die Fraktionsebene. Und wieder runter zur Stimmabgabe. Dazwischen ein kurzes Arbeitsgespräch mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf dem Flur.

Dieser letzte Augustmittwoch steht im Wahljahr 2021 für die unterbrochene Sommerpause des Bundestags. Das Polit-Business in der Hauptstadt wirft den parlamentarischen Motor an. Nach dem Wetter könnte auch die Route angenehmer sein. Afghanistan-Einsatz, Flut-Aufbauhilfe, Verlängerung der epidemiologischen Notlage.

Acht Jahre fährt Lenz nun schon mit. Eingestiegen war er einst, wenn man so will, mit einem Handstreich. Als sich die CSU-Kreisverbände aus Erding und Ebersberg zur Nominierung des gemeinsamen Direktkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst 2013 treffen, stellen die Kreisverbände je 80 Delegierte. Für die Erdinger tritt ein Leitender Ministerialrat im Landtagsamt an, 46 Jahre alt. Für die Ebersberger der CSU-Ortsvorsitzende aus Frauenneuharting. Der Lenz Andi, damals 31 Jahre alt. Ausbildung zum Bankkaufmann. Berufsbegleitende Weiterbildung zum Bankfachwirt. BWL an der Hochschule Rosenheim studiert. Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. An der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert.

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Auf dem Wahlposter von Andreas Lenz (CSU) steht ein Slogan, der kürzlich schon mal verwendet wurde - ausgerechnet von seiner Gegenkandidatin aus der SPD.

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"Ich denke, dass die Gesellschaft von den Menschen lebt, die mehr leisten als man ihnen abverlangt", startet Lenz in seine Bewerbungsrede. Sätze, die für den Anlass eigentlich zu philosophisch sind. Doch dann lenkt Lenz ins Bodenständige. Elterlicher Milchviehbetrieb, Burschen- und Trachtenverein, Mitglied bei der Feuerwehr. "Wenn's brennt, bin ich zur Stelle."

Natürlich seien auch Bürgersprechstunden wichtig, ruft Lenz damals durch Oskars Kochhaus in Forstern. Aber nicht mehr alles. "Die jungen Leute sind alle bei Facebook." Um sie zu erreichen sei eine neue Politikergeneration nötig. Wenn die CSU in Bayern für Laptop und Lederhose stehe. "Dann stehe ich in Ebersberg und Erding für Wlan und Weißbier." Mit erfrischender Schnörkellosigkeit pflastert Lenz den Weg zur Sensation.

Mindestens drei Erdinger Delegierte stimmen am Ende für den Ebersberger Kandidaten. Im September steht der Name Lenz auf dem Bundestagswahlzettel. Und obwohl in der heißen Wahlkampfphase wegen einer Chemotherapie eine Menge Termine ausfallen müssen, zieht Lenz mit auch damals schon guten 55,4 Prozent ins Parlament ein.

In der neuen Rolle fällt schnell auf: Eine echte Debatte ist ihm lieber, als am Ende dank politischer Mehrheiten die Abstimmung zu gewinnen. Als der Frauenneuhartinger einmal zur Diskussion um das umstrittene Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) einlädt, sitzen nicht nur Fürsprecher auf dem Podium. Lenz bringt den Mumm auf, mit dem Publizisten Fritz Gluck auch einen bekennenden TTIP-Gegner nach Grafing zu holen.

Als die Grünen vor zwei Jahren ein generelles Tempo-130-Limit auf den Autobahnen beantragen, ist Lenz einer von zwei Unionsabgeordneten, die dafür stimmen. Einerseits mag das wundern. Andererseits ist es für den Vorsitzenden des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung nur konsequent.

"Er ist ein politischer Mensch mit klaren Zielen, beharrlich, aber nicht stur, selbstbewusst, ehrlich, kameradschaftlich", beschreibt ihn Angelika Niebler, die Vaterstettener Europaabgeordnete und langjährige Ebersberger CSU-Kreisvorsitze. Aber vor allem: "Er hat das Herz am rechten Fleck."

Auch heute noch fällt auf, dass Lenz nicht auffällt. Gerade dieser Monate könnte er sich problemlos in die Öffentlichkeit drängeln. Als einziger CSUler sitzt er im Parlamentarischen Begleitgremium Covid-19-Pandemie. Aber Lenz drängelt nicht. Pressemitteilungen verschickt er, wenn wirklich was mitzuteilen ist. Nicht, damit mal wieder eine versendet ist.

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Um sich selbst macht Lenz auch im Berliner Umfeld kein großes Aufheben. Im Reichstagsgebäude, wo sich für den Aufzug aufs Dach in eine Besucherliste einzutragen ist, trägt er ein: Andreas Lenz. Kein Doktortitel, kein MdB-Zusatz. Auch der Abgeordnetenausweis bleibt in der Hosentasche. Er hätte ihn einfach herzeigen und vorbeigehen können.

Woran das liegt? Eine Theorie könnte diese hier sein: Lenz ist so potzblitz in den Bundestag eingezogen, dass Parteimühlen keine Zeit hatten, ihn glattzuschleifen. Die parteipolitische Sozialisierungsphase des unbedingten sich überall beliebt Machens, die hat Lenz einfach übersprungen. Nun, als gesettelter Bundestagsabgeordneter, hat er den Schliff nicht mehr nötig. Er kann sein, wie er ist - und das erfolgreich.

Was er für den Wahlkreis so alles auf der Agenda habe? In einer derart wachsenden Region sei die Infrastruktur ein Dauerthema, antwortet Lenz. "Konkret meine ich damit zum Beispiel den Lärmschutz entlang von A 94 und dem Brennerbasistunnel-Zulauf und den ÖPNV-Ausbau." Oder den Ausbau der erneuerbaren Energien. "Die sind eine große Chance für unsere Region."

Vor allem ist es die politische Metaebene, die Lenz wichtig ist. Von "Andi bis LenZ" hat er gerade ein persönliches Online-Alphabet veröffentlicht. E wie Ehrenamt: "Ist der 'Kitt' für unsere Gesellschaft - hier sind Strukturen vorhanden, die der Staat nie leisten kann." M wie "Mia San Mia": "Der Spruch sollte nicht so gewertet werden, dass andere ausgeschlossen werden." N wie Nebeneinkünfte: Habe er abgesehen von der Aufwandsentschädigung für den Kreistag keine. Q wie Quote: "Grundsätzlich bin ich für Chancengerechtigkeit, für Gleichberechtigung. Wenn man diese Werte lebt, dann braucht es auch keine Quote."

Oben auf dem Reichstagsdach schaut er über die Stadt, die seit knapp acht Jahren die berufliche Heimat ist. "Ich tät' hier schon gerne weitermachen, mich weiter einsetzen." Amtsbonus auf der einen Seite, noch eher unbekanntere Gegenkandidaten auf der anderen. Allzu groß scheint das Risiko einer Wahlniederlage doch nicht, oder? Dann kommt Widerspruch. "So darf man das nicht sehen", korrigiert er. "Ich habe bei allen das Gefühl, dass sie das Mandat wirklich, wirklich wollen." Sich nie zu sicher zu fühlen, das sei auch eine Respektfrage vor der demokratischen Wahl.

Dann schwenkt sein Blick nach Westen, hinüber nach Charlottenburg. Dort wohnt Lenz in den Berliner Sitzungswochen - in einer "WG". Es ist die Himmelsrichtung, aus der auch die Großwetterlage weht. Wenn man so will: aus Nordrhein-Westfalen. Erstmal kommen nur ein paar Tropfen aus den Wolken. Ob daraus bis zur Bundestagswahl ein Starkregen wird, wer weiß.

© SZ vom 03.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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