Amtsgericht Ebersberg:Per Klick zur Straftat

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Weil er einen verbotenen Beitrag in den sozialen Medien verbreitet haben soll, steht ein 42-Jähriger aus dem Landkreis vor Gericht.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

US-Präsident Joe Biden war auf dem Bild zu sehen, ebenso wie Außenministerin Annalena Baerbock und Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Aber auch Microsoft-Gründer Bill Gates und Virologe Christian Drosten waren abgebildet. All diese Personen eint, dass sie der Ersteller der Fotomontage offenbar für "Terroristen" und "Staatsfeinde" hält, zumindest wurde der Facebook-Beitrag mit den entsprechenden Schlagwörtern versehen. Ergänzt wurde der Post schließlich noch mit dem Verweis darauf, dass man Personen festnehmen dürfe, wenn diese im Verdacht stünden, Straftaten begangen zu haben. Eine Straftat allerdings beging vor allem derjenige, der diesen Beitrag in den sozialen Medien weiterverbreitet hat - wie es die Staatsanwaltschaft nun einem 42-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg vorwarf. Dieser musste sich dafür am Donnerstag vor Gericht verantworten.

Der Angeklagte sagt, es sei ein "technischer Fehler" gewesen

Da der Beitrag dazu geeignet sei, die darin abgebildeten Personen in ihren Freiheitsrechten zu beschränken, habe sich der Mann der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten schuldig gemacht, wie der Staatsanwalt ausführte. Der Angeklagte jedoch bestritt vehement, den Post mit Absicht auf seine Facebook-Seite gestellt zu haben. "Es war ein technischer Fehler. Ich wollte das gar nicht teilen", sagte er. Der Beitrag habe ihn interessiert, weil er ein ähnliches Fahndungsplakat kurz zuvor in einer Satiresendung gesehen habe. Als er jedoch wieder auf die Hauptseite zurückgehen wollte, sei er offenbar versehentlich auf den Button "teilen" gekommen. "Das sind keine Terroristen, die da abgebildet sind", so der Angeklagte.

Richterin Vera Hörauf hatte allerdings so ihre Zweifel, dass man einen Beitrag einfach so unbemerkt weiterverbreiten kann. Der 42-Jährige Frührentner, der auch vor Gericht einen etwas verwirrten Eindruck machte, erklärte das mit einem Gehirnschaden, unter dem er seit nunmehr 23 Jahren in Folge eines Unfalls leide. Das beeinträchtige seine Selbstkontrolle und erhöhe die Impulsivität, wie er vor dem Richterpult stehend ausführte. "Mein Leben ist ein einziges Scheitern."

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Von Andreas Junkmann

Der Vater springt seinem Sohn zur Seite - und überzeugt Richterin und Staatsanwalt

Da auf dem Foto auch Virologe Christian Drosten zu sehen war, wollte Richterin Hörauf vom Angeklagten wissen, wie er denn zum Thema Corona stehe. Das Virus sei genauso real wie HIV, antwortete dieser. "Ich bin kein Corona-Leugner", beteuerte er. Überhaupt entspreche der Inhalt des Beitrags nicht seiner Intention und seiner Auffassung. Schließlich sprang auch der Vater des Angeklagten seinem Sohn von der Zuschauerbank aus zur Seite. Er habe ihm dabei geholfen, Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen. "Das hätte ich nicht gemacht, wenn ich nicht der Überzeugung wäre, dass es ein Versehen war." Er kenne das Verhalten seines Sohnes gut, hätte dieser das Foto absichtlich geteilt, würde er jetzt sein Handeln vehement verteidigen. "Er ist niemand, der Gewalt anwendet oder zu Gewalt aufruft."

Diesen Eindruck gewannen im Verlauf des Prozesses zwar auch Richterin und Staatsanwalt, dennoch konnten sie die Sache nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Gegen eine Zahlung von 800 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung einigten sich alle Parteien aber darauf, das Verfahren einzustellen. Das sei ein sehr großes Entgegenkommen seitens der Staatsanwaltschaft, "da haben Sie jetzt wirklich Glück gehabt", sagte Richterin Hörauf. Der Anklagevertreter wiederum riet dem Mann, sich dringend in Behandlung zu begeben, um seine Erkrankung in den Griff zu bekommen.

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