Drogenschmuggel:Drei Männer stehen wegen Einbruchs in Reifehalle vor Gericht

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  • Die Männer gehören möglicherweise zu einer Bande, die Kokain von Ecuador nach Deutschland schmuggelt.
  • Das Trio, das sich nun vor Gericht verantworten muss, soll an einem Einbruch in eine Münchner Reifehalle beteiligt gewesen sein.
  • An die Drogen kamen die Männer offenbar aber nicht.

Von Martin Bernstein

Wer klaut schon Bananen?" Das, sagt ein Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamts, hätten sich wohl die Verantwortlichen der Südfrüchte-Firma gedacht und deshalb ihre Reifehalle in der Sendlinger Oberländerstraße, einen "sehr verschachtelten Bau", mit Videoüberwachung nur "sehr stiefmütterlich" ausgestattet. Die Frage, wer trotzdem am 24. und am 30. März vergangenen Jahres insgesamt dreimal in die Reifehalle einbrach, ist deshalb nicht so einfach zu beantworten - und auch nicht, ob und in welcher Weise die drei aus Albanien stammenden Männer daran beteiligt waren, die sich vor dem Münchner Landgericht verantworten müssen.

Für die Landshuter Staatsanwaltschaft ist eindeutig erwiesen, dass das Trio zu einer Bande gehörte, die es nicht auf Bananen, sondern auf Drogen abgesehen hatte. Auf Kokain, das zwischen den Bananen versteckt war. Aus Sicht der Verteidiger ist das keineswegs klar. Der Münchner Fall - laut Staatsanwaltschaft Teil einer Serie, die zwischen Juli 2017 und April 2018 bundesweit bis zu 500 Ermittler in Atem hielt - weist nämlich mehrere Unwägbarkeiten auf.

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Die albanische Mafia soll in eine Halle eingebrochen sein, um 185 Kilo geschmuggeltes Rauschgift abzuholen. Drei Männer, die nun vor Gericht stehen, waren nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Mitglieder der Bande.

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Bei zwei Einbruchsversuchen in die Halle an der Oberländerstraße am frühen Morgen und am späten Abend des 24. April wurde nämlich gar nichts mitgenommen. Es waren aber diese beiden Taten, an denen das vor Gericht stehende Trio beteiligt gewesen sein soll. Dass sie auch mit anderen Fällen der mutmaßlichen Serie zu tun gehabt haben könnten, darauf gibt es keine Hinweise. Auch im Stammlokal der Bande, einem Hamburger Café, sind die drei nach Erkenntnissen der Polizei nie aufgetaucht.

Die Ermittler wissen das ziemlich genau. Denn die Bande, die möglicherweise der albanisch dominierten Westbalkan-Mafia zugerechnet werden kann, wurde nach mehreren ähnlich gelagerten Einbrüchen seit den Weihnachtstagen 2017 observiert. Die Täter wurden geortet, ihre Telefone abgehört, ihre Fahrten verfolgt. Auch Videokameras an möglichen Einbruchszielen brachten die Fahnder an.

Die Ermittler können auch gut eingrenzen, wo das Kokain mit dem hohen Reinheitsgehalt von bis zu 90 Prozent in den Bananenkisten versteckt wurde. Das geschah vermutlich nicht bereits in den ecuadorianischen Plantagen, in denen die Früchte geerntet und direkt in die für die jeweiligen Firmen bestimmten Einzelhandelskisten verpackt wurden. Sondern in der 60 000 Einwohner zählenden Hafenstadt Puerto Bolivar. Der Hafen liegt am Golf von Guayaquil an der Pazifikküste. Etwa 80 Prozent der Bananenproduktion Ecuadors wird hier verladen.

Die Schiffe, die das Obst nach Europa bringen sollen, liegen dort nach Beobachtung des LKA-Beamten, der im Februar selbst dort war, um nach Hintermännern der Schmugglerbande zu suchen, zwei bis drei Tage lang "komplett unbewacht" vor Anker. Augenzeugen berichteten ihm, 2017 habe man öfter Bananen auf dem Kai herumliegen oder im Wasser schwimmen sehen. Überreste illegaler Umpack-Aktionen?

Ziemlich unsortiert sah es auch am 31. März 2018 in einer der 50 Reifekammern an der Oberländerstraße aus. Eine Bananen-Palette hatten Einbrecher "komplett zerlegt", schildert der LKA-Ermittler, was er nach dem dritten Einbruch binnen sechs Tagen sah. Bananen lagen verstreut herum, Kisten waren zerfetzt, Blutspuren waren zu sehen. Fünf 17-Kilogramm-Kisten fehlten ganz. Offenbar waren die Einbrecher diesmal erfolgreich gewesen. Beim Nachwiegen stellte sich heraus: Die Überreste der Palette waren 185 Kilogramm leichter als ein Vergleichsgebinde. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Kokain herausgeholt wurde. Gefunden haben es die Ermittler bislang nicht.

Die Einbrecher gingen hochprofessionell vor. Das zeigen Aufnahmen aus einer anderen Halle. Sie wussten genau, wo sie in den riesigen Hallen suchen mussten. Es muss also Komplizen gegeben haben, die ihnen sagten, wo genau das Kokain versteckt war und welche Charge vom Hamburger Hafen aus in welche der etwa ein Dutzend Reifehallen gebracht wurde. In der Halle an der Oberländerstraße fand die Polizei einen GPS-Sender.

Auf der anderen Seite hatte die ausgeklügelte Logistik aber auch ihre - menschlichen? - Schwächen. Das erste Einbrecherteam konnte in der Oberländerstraße nichts finden: Die Palette mit dem Kokain wurde erst später angeliefert. Und die Einbrecher, die dann doch noch zum Ziel kamen, machten sich selbst die Arbeit unnötig schwer. Sie hebelten die Tür zur Reifekammer auf. Ein Kopfdruck hätte genügt, berichtet der Ermittler. Der Prozess dauert an - voraussichtlich bis Ende Juli.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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