Zusammenarbeit mit der Bahn:Wohnprojekt wackelt

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Verhandlungen zwischen Gemeinde und Bahn gestalten sich schwieriger als erwartet

Von Horst Kramer, Hebertshausen

Die Präsentation der DB-Repräsentanten, der Münchner P+R Park & Ride GmbH und des Hamburger Azubiwerks ging allmählich in die zweite Stunde, als eine gewisse Unruhe im Hebertshausener Ratsplenum zu spüren war. Erst meldete sich Vizebürgermeister Martin Gasteiger (FBB) und meinte: "Mit 'könnte sein' und 'wäre möglich' ist uns nicht geholfen!" Der CSU-Fraktionschef Clemens von Trebra-Lindenau sagte: "Wir brauchen von Ihnen verlässliche Zahlen! Kurz, knapp und präzise!"

Es ging um Kooperation zwischen der Deutschen Bahn AG und ihren Partnern auf der einen Seite und der Gemeinde Hebertshausen auf der anderen: Die Bahn sucht nach einer Fläche für ein Auszubildenden-Wohnheim. Der für 163 Autos ausgelegte P+R-Parkplatz am Hebertshausener S-Bahnhof platzte in Vor-Corona-Zeiten aus allen Nähten. Doch weil die Gemeinde keinen weiteren Grünflächen für Autos opfern will und ihre Kassen derzeit zu leer für ein eigenes teures Parkhausprojekt auf dem Gelände sind, schien sich ein Win-Win-Geschäft für beide Seiten anzubahnen: Die Bahn baut ein Parkhaus für rund 360 Fahrzeuge und erhält dafür das gemeindliche Einverständnis für ein Wohnheimprojekt auf demselben Areal. In das Gebäude sollen anfänglich rund 240 DB-Auszubildende einziehen. Mittelfristig könnten daraus mehr als 400 werden.

Am Ende der Gemeinderatssitzung schien die angedachte Vereinbarung auf wackeligen Füßen zu stehen. Nicht nur, weil der Azubiwerk-Vorsitzende Patrick Fronczek keine verlässlichen Aussagen zur Belegung des Heims treffen wollte oder konnte, sondern auch weil Wolfgang Großmann, der Geschäftsführer der städtischen Park & Ride GmbH, eine finanzielle Beteiligung Hebertshausens an den Baukosten andeutete: Der neue Münchner Mobilitätsreferent Georg Dunkel sähe "eine Beteiligung bei der Umlandfinanzierung positiv". Zumal sich die Gemeinde durch das Parkhaus die aufwendige Schneeräumung des jetzigen P+R-Geländes einsparen würde, so Großmann. Ein Vorteil, den Bürgermeister Richard Reischl (CSU) umgehend bestätigte. Doch "weitere Dinge seien sehr schwierig", fuhr Reischl fort. Was im Klartext hieß: Geld gibt's keins von der Gemeinde.

Zumal die Ratsmitglieder ohnehin nicht vollumfänglich überzeugt sind. Sollte eine Vereinbarung bis zum Sommer zustande kommen und die Gemeinde ein Bauleitverfahren anstoßen, dann könnten westlich der Bahngleise in rund vier Jahren 240 junge Menschen wohnen. Fronczek gab sich alle Mühe, möglichen Vorurteilen entgegen zu wirken. DB-Auszubildende seien nicht mit Studenten zu vergleichen, so der Hamburger, "die müssen morgens um sechs Uhr raus und haben keine Zeit für Partys". Zudem sei es die Philosophie der Stiftung, die jungen Menschen vor Ort durch ein pädagogisches Team zu unterstützen. "Begleiten statt Betreuen", laute die Prämisse des Auszubildendenwerks.

Ebenfalls zu bedenken ist die städtebauliche Wirkung des Projekts. Immerhin geht es um ein Bauwerk, das in seiner ersten Ausbaustufe rund 15 Meter hoch sein wird. Einer der DB-Vertreter relativierte die Mächtigkeit des Komplexes mit dem Hinweis, dass die Bahngleise einen erheblichen Teil verdeckten. Das Wohnheim könnte indes noch um ein bis zwei Stockwerke wachsen, das Parkhaus um ein bis zwei Ebenen. Zwischenzeitlich verhedderten sich die Vertreter beider Seiten in Detaildiskussionen, etwa die Anzahl der Azubi-Parkplätze in einem neuen Parkhaus. Obwohl Fronczek beteuerte, dass nur eine kleine Minderheit der Zielgruppe über ein eigenes Auto verfügt. Ein weiterer Punkt, der für Verwirrung sorgte, waren temporäre Mitarbeiterwohnungen, die möglicherweise in dem Block untergebracht werden. "Die sind nur für Azubis gedacht, die ausgelernt haben und auf ihren endgültigen Einsatzort warten", erläuterte Christof Mozzi, der Projektleiter der DB Immobilien.

Christian Michal (FBB) fragte: "Brauchen wir nach Corona überhaupt noch so viele Parkplätze?" Der Trend zum Homeoffice stelle derartige Planungen doch noch einmal in grundsätzlich in Frage, so der Elektrotechniker. Ein bedenkenswertes Argument: Der Parkplatz am S-Bahnhof ist nicht einmal zu einem Drittel gefüllt. Bürgermeister Reischl beendete den Tagesordnungspunkt mit einem nachdenklichen Schlusswort: "Diese Diskussionen sind wirklich wichtig. Wir stehen vor einer der schwierigsten Entscheidungen, die wir derzeit zu treffen haben." Die DB-Repräsentanten und ihre Partner sollen bis Mitte April weitere Zahlen liefern. Anschließend wird der Gemeinderat sich erneut zusammensetzen.

© SZ vom 24.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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