Verwüstungen am Karlsfelder See:Landrat will Glasflaschen am Karlsfelder See verbieten

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Nach den jüngsten Verwüstungen am Karlsfelder See will Stefan Löwl per Allgemeinverfügung hart durchgreifen. Auch Gemeinde und Wasserwacht sehen keine andere Lösung. Jugendliche fühlen sich dagegen ungerecht behandelt

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Für viele Badegäste ist es schon seit Jahren ein Ärgernis: Sie wollen am Karlsfelder See ausspannen, doch die Liegewiese ist voller Müll und schlimmer noch: Überall sind kleine Glasscherben im Gras und auf den Wegen verteilt. Doch damit soll nun Schluss sein. Landrat Stefan Löwl (CSU) will ein Glasflaschenverbot für den Karlsfelder See erlassen. Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU), die Vertreter der Jugendarbeit, Polizei und Wasserwacht waren sich am Montag einig, dass es "keine andere Lösung gibt". "Mich ärgert's", sagt Kolbe. "Es ist so ein schöner Platz. Aber ich möchte nicht erleben, dass kleine Kinder durch die Glasscherben rennen und sich vielleicht böse verletzen."

Anlass für das harte Durchgreifen des Landratsamts war eine Abifeier, die offenbar etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Die Jugendlichen hatten sich am Wochenende auf der kleinen Halbinsel am nordöstlichen Ende des Karlsfelder Sees getroffen, wo auch die Tischtennisplatten stehen. "Es ist ein beliebter Treffpunkt, besonders für Abschlussfeiern", weiß Polizeisprecher Günther Findl. Man kontrolliere dort schon immer verstärkt, gerade weil die Feiernden das Gelände in den vergangenen Jahren oft vermüllt zurückgelassen hätten. Doch an diesem Wochenende muss es besonders wüst ausgeschaut haben, als die ersten Badegäste zum See kamen.

Bürgermeister Kolbe spricht von "mutwillig zerdepperten Bierflaschen". Man merke halt, "manche Dinge verschärfen sich jetzt. Es war immer viel Betrieb am See und es ist immer gefeiert worden, aber manche halten sich in letzter Zeit an keine Regeln mehr", sagt Kolbe voller Unverständnis. Diese "Ungehemmtheit" müsse man nun so schnell wie möglich in den Griff bekommen. Hinzukommt, dass nach dem langen Lockdown und den ausfallenden Festen heuer mehr am See gefeiert wird. Das bestätigen Landratsamt, Polizei, Bürgermeister und Wasserwacht unisono.

Landrat Stefan Löwl begutachtete die herumliegenden Glasscherben am Sonntag persönlich. Der Polizei blieb nur, das Gelände abzusperren, damit sich niemand verletzt. Inzwischen ist aber alles wieder aufgeräumt. Mit Versprechungen wollte sich Löwl nicht mehr zufrieden geben. "Wir haben es immer wieder mit Jugendarbeit und Seerangern versucht", sagt er. Diese hätten in den vergangenen Jahren, die Feiernden ermahnt, ihren Müll wegzuräumen und sich an die Regeln zu halten. "Aber da fehlt der Respekt", so Löwl. Es sei auch immer wieder vorgekommen, das eine Gruppe Jugendlicher um einen Kasten Bier herumgesessen sei und auf die Frage, wem er gehört, jeder behauptet hätte, ihm nicht. "Das hat den Vollzug schwierig gemacht", erklärt der Landrat. Jetzt soll es für Sicherheitsdienst und Polizei leichter werden. Sobald das Glasflaschenverbot gilt, könnten die Kontrolleure den Kasten dann einfach mitnehmen. "Es tut uns leid, dass wir alle einschränken müssen, aber man muss beim Feiern Grenzen ziehen", sagt Löwl. Die meisten seien zwar kooperativ und nähmen ihren Müll mit, aber ein paar seien immer dabei, die sich am Ende aus Übermut oder wegen des vielen Alkohols nicht daran hielten.

Die Wasserwacht befürwortet das Glasflaschenverbot. "Man kann das Problem anders fast nicht eindämmen", sagt Andreas Fichtl, der Vorsitzende der Ortsgruppe Karlsfeld. "Wir sind froh, dass die Glasscherben so früh entdeckt wurden." Denn die Wasserwacht muss immer wieder Badegäste verarzten, die sich an einer Scherbe verletzt haben. Das Problem sei, dass die Scherben nur schwer wieder aus der Wiese geklaubt werden können, so Findl.

MeinungGlasflaschenverbot am Karlsfelder See
:Die Jugend braucht Räume

Das geforderte Verbot greift zu kurz, weil es das eigentliche Problem nicht löst: Den Jugendblichen fehlt es an Orten, an denen sie sich frei entfalten können.

Kommentar von Christiane Bracht

Um die Familien, die mit Baby- und Kleinkindernahrung kämen, nicht unnötig zu belasten, soll das Verbot erst abends gelten. Ab wann ist derzeit noch unklar. "Die Verwaltung muss noch recherchieren", sagt Löwl. Auch die Höhe des Bußgelds steht noch nicht fest. "Es soll verhältnismäßig sein", so die Vorgabe des Landrats. Die Allgemeinverfügung soll aber so schnell wie möglich in Kraft treten, Löwl hofft, noch diese Woche. Im Juli soll der Kreistag dann die Satzung entsprechend ändern.

"Verbote haben noch nie was genutzt", widerspricht Fabian Handfest, der im Vorstand des Dachauer Jugendkulturzentrums "Freiraum" ist, dem Vorhaben. Man könnte die Kontrolleure auch gezielt auf die losschicken, die sich nicht an die Regeln halten, meint er. Auch er habe kein Verständnis dafür, dass die Wiesen mit Müll und Scherben übersät sind, aber die Freiflächen, auf denen sich Jugendliche in Dachau und Karlsfeld noch treffen könnten, "werden langsam knapp". Es seien nur Jugendhäuser, Seen und Parks und wenn die Teenager mal laut seien, komme gleich die Polizei, so Handfest. Überall werde mit erhobenem Zeigefinger auf die "bösen Jugendlichen" gezeigt, obwohl auch andere Flaschen zerschlügen. Viele berichteten, dass sie angeschnauzt und provoziert würden. "Es herrscht eine gewisse Ablehnung", sagt Handfest. "Und bei den Jugendlichen das Gefühl, immer als letzte zum Zug zu kommen." Der Landrat müsse sich da schon mehr Gedanken um den Nachwuchs machen, fordert er. "Wir wollen nicht die Party verhindern", stellt Löwl klar. Es herrsche auch kein Alkoholverbot am See, obwohl man kurz darüber nachgedacht habe. "Die Jugendlichen können gerne mit einem Fünf-Liter-Fässchen kommen."

© SZ vom 29.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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