Sport:Begrenzte Vorfreude auf Bundesligastart im Herbst

Lesezeit: 3 min

Die englische Tischtennisspielerin Tin-Tin Ho, hier bei den European Championships im vergangenen Jahr. Sie ist bereits für die nächsten Olympischen Spiele nominiert und trägt in Zukunft das Trikot des TSV Dachau. (Foto: Jürgen Kessler/IMAGO/Kessler-Sportfotografie)

Dachau muss die Turnhalle in Augustenfeld ertüchtigen, damit der TSV 1865 dort Heimspiele seines neuen Bundesliga-Tischtennisteams aus Schwabhausen austragen kann. Die Stadträte stimmen angesäuert zu.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Wenn die Erstliga-Tischtennisspielerinnen um Sabine Winter oder Yangzi Liu am 24. September beim ersten Heimspiel der Saison gegen den SV Böblingen an der Platte stehen, wird vieles für sie neu sein: das Trikot, der Verein, die Halle. In der vergangenen Spielzeit waren sie noch für den TSV Schwabhausen aktiv. Jetzt ist dessen komplette Tischtennissparte mit den beiden Frauen-Bundesligateams zum TSV Dachau 1865 übergelaufen; denn die Verantwortlichen vermissten die Wertschätzung für die Leistungen der Tischtennisspielerinnen in Schwabhausen und sehen in der Großen Kreisstadt bessere Entwicklungsmöglichkeiten. Daher gibt es ab Herbst in Dachau Bundesliga-Tischtennis zu sehen. "Eine große Sache für die Stadt", sagt Günter Dietz (CSU), Sportreferent des Dachauer Stadtrates.

Der TSV Dachau wird seine Heimspiele in der Turnhalle in Augustenfeld austragen, die der Stadt gehört und die vom ASV Dachau oder für Schulsport genutzt wird. Um die Halle bundesligatauglich zu machen, sind nun einige bauliche Veränderungen nötig. Einerseits ist da der Einbau einer Technik, um Fenster der Halle verschatten zu können; dies ist laut Sportamtsleiter Markus Haberl eine Vorgabe des Tischtennisverbandes, da die Sportlerinnen stabile Lichtverhältnisse brauchen. Andererseits will der TSV eine kleine Küche in einen bisher ungenutzten Raum im Anbau der Halle einbauen, um Gäste besser versorgen zu können. Die Kosten für den Einbau der Vorhänge würde der TSV zu 30 Prozent tragen, die der Küche komplett.

In der städtischen Turnhalle in Augustenfeld gibt es in Zukunft Bundesliga-Tischtennis zu sehen. Doch dafür müssen die Fenster verschattet werden. (Foto: Toni Heigl)

Der TSV ist unter Zeitdruck, die Bundesliga startet in eineinhalb Monaten. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause haben die Mitglieder des Stadtrates nun den entsprechenden Antrag des Vereins behandelt - und den geforderten Maßnahmen mehrheitlich zugestimmt. Für die Verschattung der Fenster zahlt die Stadt rund 28 000 Euro, rund 12 000 Euro übernimmt der TSV. Zudem muss die Stadt in Zukunft für Wartungs- und Reparaturkosten aufkommen, sollte die Verschattung kaputtgehen. Der TSV darf auch die Küche in den ungenutzten Lagerraum einbauen; gleichwohl verlangen die Stadträte, dass die Küche dann auch anderen Vereinen oder Hallennutzern zur Verfügung steht. Dem Bundesligastart in Dachau steht damit nichts mehr im Weg.

Thomas Kreß (Grüne) sowie Sophia Beljung, Michael Eisenmann und Kai Kühnel (alle Bündnis für Dachau/Linke - Die Partei) wollten die Maßnahmen nicht mittragen. Auch den anderen Fraktionen fiel es teilweise schwer, dem TSV-Antrag zuzustimmen. Der Grund: Der Wechsel der Tischtennisabteilung mit insgesamt 72 Sportlerinnen und Sportlern von Schwabhausen nach Dachau sorgte zuletzt für Missstimmungen zwischen dem TSV Dachau und der Stadt. Die Verwaltung um Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und viele Stadträte fühlten sich bei diesem Schritt von Vereinspräsident Wolfgang Moll übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt.

TSV-Präsident Wolfgang Moll wird noch einmal ermahnt

Moll, der ebenfalls im Stadtrat sitzt, hatte Ende Mai im Haupt- und Finanzausschuss um einen Zuschuss für bauliche Maßnahmen und zusätzliche Hallenbelegungszeiten in der städtischen Halle gebeten, was kürzere Hallenzeiten für den ASV bedeutet hätte. Daraufhin schlug Moll fraktionsübergreifend heftige Kritik entgegen. Man hätte die Übernahme vorher besser mit der Stadt abstimmen sollen, hieß es damals. Außerdem herrschte Verwunderung darüber, dass der Stadtrat über die Hallenzeiten entscheiden soll, obwohl die Vereine - der TSV und der ASV - darüber selbst nicht übereinkommen konnten. Sportreferent Dietz mahnte an, die beiden Vereine hätten sich doch erst einmal einigen sollen, bevor man so einen Antrag vorlege. Nach kontroverser Diskussion zog Moll den Antrag zurück und legte ihn später in stark reduzierter Form erneut vor. Die zusätzlichen Hallenzeiten für den TSV waren kein Thema mehr.

Ein weiterer Streitpunkt, der bei einigen Stadträten nach wie vor politischen Schmerz verursacht, ist das Thema Sportförderung. Den städtischen Richtlinien zufolge bekommen Dachauer Sportvereine Zuschüsse, etwa für Übungsleiter oder Reisekosten. Mit den neuen 72 Sportlern aus Schwabhausen - davon sind 23 Kinder oder Jugendliche - erhält der TSV Dachau künftig mehr Geld von der Stadt. Die Stadtverwaltung rechnet mit zusätzlichen Zuschüssen von mehr als 19 000 Euro. Mit dem Geld können die beiden Bundesliga-Teams auch ihre Fahrten zu Auswärtsspielen mitfinanzieren.

Mehr Mitglieder würden eben mehr kosten, sagte Dietz am Dienstag im Stadtrat. Die Stadt könne und dürfe einem Verein nicht verwehren, dass er wachse. Für ihn sind "einige Missverständnisse" aus den vergangenen Wochen nun ausgeräumt. Das sah SPD-Fraktionschefin Anke Drexler anders. Für die Zukunft wünsche sie sich ein "gesteuertes Wachstum", sagte sie. Michael Eisenmann (Bündnis) meinte, Veränderungen in diesem Ausmaß müsste ein Verein in Zukunft mit der Stadt absprechen. Auch der CSU-Fraktionsvorsitzende Florian Schiller appellierte in Richtung des TSV-Präsidenten, die Stadt in Zukunft nicht mehr zu überraschen. Wenn man von Anfang an gemeinsame Lösungen suchen würde, "dann kann es geräuschloser laufen".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusQueerfeindlichkeit
:"Die AfD stellt queere Menschen mithilfe von KZ-Symbolik als Täter dar"

Albert Knoll, Archivar der KZ-Gedenkstätte Dachau, hat als Erster das Schicksal queerer NS-Opfer erforscht. Parolen der AfD gegen Personen aus der LGBTQI-Community erinnern ihn an den Hass gegen Homosexuelle aus der Zeit des Nationalsozialismus.

Interview von Helmut Zeller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: