Wirtschaft in Bayern:Augsburger Modekette Rübsamen meldet Insolvenz an

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Die Textil-Kaufhauskette Rübsamen steht am Anfang eines Insolvenzverfahrens. Eine ihrer größten Filialen befindet sich in dem vor wenigen Jahren aufwendig umgebauten Hörhammerhaus mitten in der Dachauer Altstadt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Angeblich liegt das Problem vor allem im Haupthaus, die Filiale in der Dachauer Altstadt will das Unternehmen erhalten. Das Gebäude ist erst vor wenigen Jahren aufwendig umgebaut worden.

Von Leonard Scharfenberg und Gregor Schiegl, Dachau

Erst vor zwei Jahren hat das Modehaus Rübsamen in Dachau die frisch renovierten Glastüren wieder für Kundinnen und Kunden geöffnet. Der 1000 Quadratmeter große Laden sollte als "Fashion-Loft" Menschen in die Altstadt locken. Jetzt ist die Zukunft der Dachauer Filiale ungewiss - genau wie die der anderen 13 Standorte. Denn Rübsamen hat ein Insolvenzverfahren eingeleitet.

Dass die vergangenen Jahre für den Einzelhandel hart waren, ist kein Geheimnis. Die Pandemie, gefolgt von Inflation und steigenden Energiepreisen, treffe alle Händler gleichermaßen, sagt Marcus Vorwohlt, Geschäftsführer der Rübsamen-Gruppe. Doch bei seinem Unternehmen sei noch etwas anderes dazugekommen: Vor dem Stammhaus in der Augsburger Karolinenstraße wird seit drei Jahren gebaut. Viele Kunden blieben seitdem aus, die hohen Umsatzzahlen von 2019 scheinen unerreichbar.

Es gebe keine Pläne, die Dachauer Filiale zu schließen

Auch die Dachauer Filiale hat die Zahlen von vor der Pandemie nicht erreicht. Doch man liege im Bereich von etwa 90 Prozent, sagt Vorwohlt. Dementsprechend gebe es momentan keine Pläne, sich von der Dachauer Filiale zu trennen, versichert er. Man wolle sich bei der Sanierung des Unternehmens hauptsächlich auf den Standort Augsburg konzentrieren. Ausschließen könne er aber nichts. Man müsse jetzt Stück für Stück vorgehen. Seinen Leuten sage Vorwohlt immer: "Wir essen den Elefanten scheibchenweise."

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Das Insolvenzverfahren läuft in Eigenverwaltung. Es sei eine "unternehmerische Notbremse" gewesen, so der Geschäftsführer. Schließlich gebe ein Insolvenzverfahren dem Unternehmen ein "scharfes Schwert" an die Hand, um sich neu zu strukturieren. Zum Beispiel könne man stark in Verträge eingreifen. Wie die "Restrukturierungsmaßnahmen", von denen Vorwohlt spricht, im Detail aussehen werden, dazu will er noch nicht allzu viel sagen. Nur so viel: Das Personal stehe nicht im Vordergrund. Die 22 Angestellten in Dachau werden ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Filialen drei Monate lang ihre Gehälter durch die Bundesagentur für Arbeit weiter gezahlt bekommen. Auch danach würden die Finanzmittel ausreichen, sie zu entlohnen, so steht es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.

"Die Dachauer Händler haben ein treues Publikum"

Isabel Seeber ist Vorsitzende von "Dachau handelt", einem Verbund örtlicher Gewerbetreibender. Für sie steht außer Frage, dass das Kaufhaus "100 Prozent wichtig" für die Händler in der Dachauer Altstadt ist. Rübsamen bringe "Mode und Chic" nach Dachau, mittelbar komme das allen Geschäften zugute. Eine Schließung des Kaufhauses wäre "ein herber Verlust", sagt sie, eine leerstehende Fläche dieser Größe könne kein anderer Gewerbetreibender "sinnvoll bespielen".

Dass es dazu kommt, glaubt sie allerdings nicht. "Alle die ich kenne, kaufen dort ein, mich eingeschlossen." Die Gutscheinkarten für lokale Geschäfte, die man bei "Dachau handelt" erwerben kann, würden ebenfalls oft im Kaufhaus Rübsamen eingelöst. "Die Dachauer Händler haben ein treues Publikum", sagt sie.

Die Stadt kann nicht helfen - selbst wenn sie wollte

Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) erfuhr erst aus der Presse von dem Insolvenzverfahren und zeigt sich entsprechend überrascht. Die Stadt stehe in engem Austausch mit Marcus Vorwohlt; wenn es in der Vergangenheit Schwierigkeiten gab, habe man davon immer frühzeitig erfahren und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Dass dies nun nicht geschehen sei, stimme ihn "eher positiv". Der Standort Dachau sei offenbar nicht das Problem.

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Hartmann will trotzdem zeitnah das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen, um zu klären, was das Verfahren für den Standort Dachau konkret bedeutet, viel mehr könne er aber nicht tun. Schon während der Pandemie habe das bayerische Wirtschaftsministerium den Kommunen mitgeteilt, dass sie - anders als der Staat - keine Maßnahmen ergreifen dürften, um strauchelnde Unternehmen zu stützen. Auch eine Überbrückungshilfe wie eine vorübergehende Übernahme der Miete wäre verboten, sagt Hartmann. "Unsere Möglichkeiten als Kommune gehen da gegen null."

Dabei hat das Kaufhaus Rübsamen für die Dachauer Altstadt "einen sehr hohen Stellenwert", sagt der OB. Es sei "ein kleiner Magnet", um den sich in den vergangenen Jahren andere Geschäftsbereiche entwickelt hätten. Nachdem es jahrelang keinen Nahversorger für die Bewohner der Altstadt gab, hat sich hier im Untergeschoss des Kaufhauses vor zwei Jahren wieder ein kleiner Supermarkt angesiedelt. In Dachau gibt es Rübsamen seit 1980. Man könne also durchaus von einem "Traditionsgeschäft" sprechen.

Die Geschichte reicht aber viel weiter zurück. Bereits im Jahr 1900 gründete Johann Rübsamen in Augsburg sein erstes Textilwarengeschäft. Aus dem Laden für Kurz- und Miederwaren wurde ein Gemischtwarenhandel. Als die Konkurrenz durch den Online-Handel immer stärker wurde, folgte der Strategiewechsel vom Vollsortiment-Kaufhaus zum reinen Bekleidungsgeschäft - den neuen Gegebenheiten Rechnung tragend mit integriertem Online-Shop.

Die Folgen der Pandemie sind immer noch spürbar

Im Jahr 2019 begann der große Umbau des Hörhammerhauses. Der Eigentümer der Immobile, Franz Scherm, freute sich damals über "Dachaus neue Altstadt-Mitte", die sehr viel Frequenz bringe. Die Freude währte nur kurz. In der Corona-Pandemie brach das Geschäft mit der Laufkundschaft massiv ein. Über Wochen stapelte sich die unverkaufte Winterware. Nur langsam hat sich das Geschäft seitdem erholt.

Trotz des Insolvenzverfahrens soll das Modegeschäft während der Umstrukturierungen aber weiter geöffnet bleiben. Die neue Strategie laut Pressemeldung: ein "kuratiertes Sortiment auf verkleinerten und effizienten Flächen". Marcus Vorwohlt hofft, dass das Verfahren im Frühjahr kommenden Jahres beendet ist und Rübsamen wieder "neu durchstarten" kann.

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