Petershausen/Obermarbach:ICE-Züge erschüttern Anwohner in Obermarbach

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ICE-Bahnstrecke München-Berlin führt an Petershausen vorbei. (Foto: Toni Heigl)

Züge, die auf dem naheliegenden Bahngleis fahren, lassen Häuser in der nord-östlichen Landkreisgemeinde vibrieren. Die besorgten Bewohner rätseln über die Gründe.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Sorgfalt ist gefragt, wenn Thomas Kißlinger Gläser oder Tassen in den Schrank stellt. Das Geschirr darf sich nicht berühren. Einmal unachtsam eingeräumt, schon geht das Geklapper und Geklirre los, sobald ein Zug auf dem naheliegenden Bahngleis vorbeifährt.

Massive Erschütterungen lassen sein Haus dann erzittern, sagt der Obermarbacher. Seit Jahrzehnten wohnt die Familie an der Bahnstrecke und rätselt nun, warum etwa seit Mai Dutzende Male am Tag Schranktüren klappern und Porzellan klirrt. Auch die Nachbarn sind betroffen, sogar in Petershausen haben sich beunruhigte Bahn-Anwohner in den vergangenen Wochen an Josef Mittl als ehrenamtlichen Bahnhofspaten gewendet. "Ein Bürger macht sich Sorgen um sein Haus", sagt Mittl, der inzwischen einen Ansprechpartner bei der DB Netz AG gefunden hat.

Nächtliche Ruhe wird gestört

In den nächsten Tagen, so bestätigt ein Bahnsprecher auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung, werde ein Verantwortlicher sich gemeinsam mit Mittl ein Bild von der Situation vor Ort machen. Über das Ergebnis will man die Anwohner informieren. Die Bürger drängen auf Abhilfe, sagt Thomas Kißlinger, "weil man nachts schon wach wird, wenn alles vibriert."

Seit einigen Wochen klagen Anlieger der Bahnstrecke über die Vibrationen und sind mit ihren Sorgen dann auf ihn als ehrenamtlichen Bahnhofspaten zugekommen, berichtet Mittl. Die Bürger hätten über wahrnehmbare Erschütterungen informiert, die auch im Wohnungsinneren zu spüren sind. Nachdem Mittl über das Phänomen öffentlich informiert hatte, "haben weitere Bürger bei mir angerufen." Jetzt rätseln die Betroffenen über die Ursachen.

Thomas Kißlinger achtet darauf, dass sich die Gläser in seinem Schrank nicht berühren. Sonst klirren sie, wenn ein Zug vorbeifährt. (Foto: Toni Heigl)

Familie Kißlinger wohnt seit Jahrzehnten an der Bahnstrecke. Vor dem ICE-Ausbau der Strecke in den Jahren bis 2004 waren sie Fahrgeräusche und leichte Erschütterungen gewohnt. Doch dann wurde damals beim groß angelegten Trassenumbau der Bahndamm im Bereich Obermarbach verlegt, das Gleisbett komplett neu aufgebaut, eine Lärmschutzwand installiert, erinnert sich Thomas Kißlinger. "Seitdem war bei uns absolute Ruhe, Lärm wie Erschütterungen waren weg." Das hat die Familie sogar schriftlich. Für ein Bauvorhaben in der Nachbarschaft sei ein Erschütterungsgutachten erstellt worden. "Ergebnis Null, alles im grünen Bereich".

Es ist schlimmer als je zuvor

Jetzt allerdings nicht mehr, die Situation ist schlimmer als je zuvor, sagt Kißlinger. Bürger in Petershausen, wo neben dem Ferngleis noch die S-Bahn-Gleise liegen, merken die Vibrationen vor allem bei Zügen Richtung Ingolstadt. In Obermarbach sei das auch so, weiß Bahnhofspate Mittl aus seinen Gesprächen mit den Betroffenen. Egal ob ICE, Eilzug oder Güterwagen, egal ob Richtung München oder Ingolstadt - in Obermarbach erzeugt jeder Zug eine Erschütterungswelle, an die 150 Mal am Tag. Einen Verdacht haben die Betroffenen. Im Mai sei eine Gleisstopfmaschine im Einsatz gewesen, eine routinemäßige Unterhaltsarbeit, die eigentlich die Stabilität des Gleisbetts sichern soll. Etwa seit diesem Zeitpunkt gingen die Vibrationen los.

Bei der Bahn sei das Problem nicht bekannt gewesen bis sich Mittl eingeschaltet habe, teilt ein Bahnsprecher auf Anfrage mit. Das ist allerdings wenig verwunderlich, denn die Bürger fühlen sich hilflos gegenüber dem Konzern, "da ist keiner verantwortlich", sagt Kißlinger. Nun warten die Betroffenen gespannt auf den Ortstermin. Und hoffen auf rasche Abhilfe, damit wieder Ruhe einkehrt.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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