Mitten in der S2:Abenteuer S-Bahn

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In ihr kann man manch kurioser Geschichte lauschen: Die S2 am Dachauer Bahnhof. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Was an der Verkehrswende schwierig werden könnte, versinnbildlicht die S2: Verspätungen, entfallende Züge, Irrfahrten und Stillstand auf den Schienen. Immerhin ist sie Quell für viel Erzählstoff.

Glosse von Joshua Beer

Aus Tokio ist überliefert, dass ein Bahnbetreiber sich einmal öffentlich entschuldigte, weil ein Zug zur falschen Zeit abfuhr - 20 Sekunden zu früh! Peinlich. Zumindest für die Japan Railways, deren durchschnittliche Verspätung 66 Sekunden beträgt. Ein Vergleich mit der Deutschen Bahn verbietet sich natürlich, denn die verbucht einen Zug, der sich um weniger als sechs beziehungsweise 16 Minuten verspätet, als pünktlich. Hier tickt die Uhr halt anders.

Dementsprechend anders ist auch das, was aus dem deutschen Bahnverkehr überliefert ist. 20-sekündige Fahrplanabweichungen? Nicht der Rede wert. Bei der S2 zwischen München-Laim und Dachau addieren sich die Rückstände an manchen Tagen derart auf, dass man als Pendler gleich auf eine spätere Bahn ausweichen muss, dann aber erkennt: Das ist ja mein ursprünglicher Zug, nur 50 Minuten zu spät! Wenn er denn überhaupt kommt; nicht selten entfallen Züge ohne ersichtlichen Grund. Und die, die fahren, bleiben häufig einfach stehen. Manchmal murmelt noch eine entnervte Lokführerstimme eine Erklärung durch die Lautsprecher, oder es heißt gleich: "Also so können wir nicht weiterfahren." Als seien die Fahrgäste schuld, die nun gefälligst reuig aussteigen sollen.

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Von Julia Putzger

Solange man mit dem Auto besser beraten ist - und das ist man leider meistens -, laufen die Hoffnungen auf eine echte Klima- und Verkehrswende ins Leere. Beispiel: Dass die Stammstrecke ab und an gesperrt wird, mag man noch hinnehmen. Dass dermaßen oft auf Schienenersatzverkehr verzichtet wird, sollte man nicht hinnehmen. So kommt es zu absurden Fahrten, die einen - um von Laim nach Dachau zu kommen - zunächst zum Ostbahnhof zwingen. Dort wird dann kurz vor Abfahrt die S2 von Gleis 2 auf Gleis 14 verlegt. Wer den Ostbahnhof nicht kennt, hat somit zwei Minuten Zeit, ihn kennenzulernen.

"Hier wird einem einiges geboten", fasste es jüngst ein Mitfahrer nach Dachau zusammen. Ohne Zweifel. Der MVV mag täglich ein paar weniger Menschen als die Tokioter Züge umherfahren, aber sie bietet mehr Erzählstoff. Ein junger Student neulich in der S2 zu einem Freund: "Digga, n' Kumpel war letztens drei Stunden in der S-Bahn gefangen!" Klingt überspannt? Nicht für Münchner S-Bahnpendler.

© SZ vom 29.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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