Schülerforschungsanstalt:"Wir sehen das hier ziemlich gefährdet"

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Die Unterstützer des Mint-Campus Dachau (v.l.) Ulrich Dachs, Peter Fink, Brigitte Renner, Eva Rehm und Johann Liebl. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Weil der Landkreis sparen muss, fürchtet der Mint-Campus Dachau um seine Existenz. Eine Crowdfunding-Aktion soll die Bildungseinrichtung retten. Landrat Stefan Löwl sieht nun vor allem Unternehmer in der Pflicht.

Von Gabriele Blaschko, Dachau

Wegen der Sparpläne des Landkreises fürchtet der Mint-Campus Dachau um seine Existenz. Seit fast zehn Jahren gibt es die Bildungseinrichtung schon. Schulklassen können dort Kurse besuchen, Kinder und Jugendliche die offenen Werkstätten in der ehemaligen Realschule an der Steinstraße nutzen und sich ausprobieren, ganz frei von Noten- und Leistungsdruck.

Etwa 5600 Kinder besuchten allein im vergangenen Jahr den Campus, der Andrang sei immer hoch, sagt Eva Rehm, die Projektleiterin des Mint-Campus. Doch nachdem die Sparpläne öffentlich geworden sind, stecke das Schülerforschungszentrum in einer existenziellen Krise, sagt Ulrich Dachs, zweiter Vorsitzender des Fördervereins Mint-Campus: "Wir sehen das hier ziemlich gefährdet."

Auch Kultur und Tourismusmarketing sind von Sparplänen betroffen

Erst Ende Januar hatten Grüne, CSU, SPD und Freie Wähler einen interfraktionellen Eilantrag im Kreisausschuss eingebracht, mit dem Ziel, das Volumen des Kreishaushalts um zehn Prozent zu reduzieren. Dazu sollten zahlreiche freiwillige Zuschüsse im Landkreis gestrichen werden. Zwei Tage später nahm der Kreisausschuss den Antrag einstimmig an. Endgültig abgeschlossen sind die Haushaltsverhandlungen allerdings noch nicht. Die finale Entscheidung über die Sparmaßnahmen fällt mit der Verabschiedung des Haushalts durch den Kreistag am 30. April.

Dennoch ist gut zwei Monate nach der Zustimmung die Angst vor den Kürzungen in vielen Bereichen zu spüren: Die Mittel für Kunst und Kultur sollen in diesem Jahr um zehn Prozent gekürzt werden. Auch das Dachauer Tourismusmarketing leidet unter dem strikten Sparkurs: Dem Tourismusbüro in der Pfarrstraße droht die Schließung, die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ungewiss. Und auch der Mint-Campus muss ums Überleben kämpfen, wenn die öffentlichen Fördermittel gekürzt werden.

"The Mint must go on"

Um unabhängiger davon zu werden, hat sich die Institution etwas einfallen lassen, dazu gehört auch eine Crowdfunding-Aktion. Die Verbraucherzentrale beschreibt Crowdfunding als "Schwarmfinanzierung", bei der gemeinschaftlich Projekte und Ideen finanziert werden.

Die bisherigen Zuschüsse des Landkreises an den Mint-Campus werden in Zukunft zwar wohl nicht komplett gestrichen, aber stark gekürzt, auf einen "noch nicht endgültig feststehenden" Betrag, sagt Eva Rehm: "Bei uns geht es in der Gesamtsumme um 60 000 Euro aus der öffentlichen Hand". Diese drohen nun zum großen Teil wegzufallen, das reiße ein Loch in die Finanzen der Einrichtung. Mit 90 000 Euro im Jahr würde der Campus "komplett eigenständig laufen", sagt Dachs - die habe man derzeit aber nicht. So klaffe schon jetzt eine Lücke von 7000 Euro im Mint-Haushalt, die ausgeglichen werden müsse, Tendenz stark steigend.

Die Kinder und Jugendlichen bauen am Mint-Campus verschiedene Dinge, wie hier einen Technikroboter aus Lego. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Verein beschäftigt aktuell eine hauptamtliche Teilzeitkraft, aber auch die ehrenamtlichen Übungsleiter sollen weiterhin eine Aufwandsentschädigung bekommen, sagt Dachs, der auch Obermeister der Schreinerinnung Dachau ist: "Das soll ja auf Augenhöhe stattfinden." Hinzu kommen die Kosten für die Miete und die Bundesfreiwilligendienst-Stelle. Dachs sagt: "Wir sind angehalten, jetzt in die Offensive zu gehen und die Nachhaltigkeit zu sichern." Deshalb wurde die Kampagne "The Mint must go on - Rette den Mint-Campus Dachau" mit einer Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen.

"Eigentlich bräuchten wir das Zehnfache"

Ulrich Zeiler, selbst Mitglied im Mint-Förderverein und Vorstandsmitglied der VR-Bank, habe die Aktion ermöglicht. Das vorläufige Ziel liegt bei 4250 Euro, sei aber "nach oben offen". Die Aktion diene eher als kurz- bis mittelfristige Finanzierungslösung. Johann Liebl, ehemaliger Wirtschaftsförderer des Landkreises, fügt hinzu: "Da soll jetzt einfach mal geschaut werden, was über das Crowdfunding zusammenkommt." Denn: "Eigentlich bräuchten wir das Zehnfache", sagt Ulrich Dachs.

Als langfristige Lösung versuche der Förderverein neue Mitglieder zu gewinnen, "um die Finanzkraft zu verbessern", sagt Liebl. Deshalb gelte es jetzt, auf den Mint-Campus aufmerksam zu machen und für ihn zu werben. Viele wüssten gar nichts von der Einrichtung, so Dachs. Der Förderverein könne nur einen Teil des Betriebs finanzieren. Knapp 100 000 Euro seien in den vergangenen sieben Jahren zusammengekommen, doch "es braucht noch mehr", sagt er.

In der Vergangenheit wurde immer wieder der Ruf nach Unterstützung aus der Wirtschaft laut, vonseiten des Mint-Campus, aber auch vonseiten der Politik. Landrat Stefan Löwl (CSU) spricht sich auf SZ-Anfrage für ein verstärktes Engagement der Unternehmen im Landkreis aus: "Aufgrund der aktuell schwierigen Finanzlagen der Kommunen ist es nun umso wichtiger, dass sich regionale Unternehmen personell und finanziell einbringen." Er sieht darin auch eine Möglichkeit, die Berufspraxis stärker in den Kursen des Mint-Campus zu thematisieren.

"Hier lernen die Fachkräfte von morgen"

Vereinzelt kooperiert der Verein Mint-Campus bereits mit Unternehmen. Hervorzuheben ist die Zusammenarbeit mit Thorlabs, einem in Bergkirchen ansässigen Unternehmen. Es beschäftigt sich unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Geräten und Modulen zur Erzeugung, Messung und zum Transport von Licht. "Die sind ständig mit Leuten da und machen Arbeitsgruppen", sagt Dachs. Derzeit läuft auch ein Projekt mit den Stadtwerken Dachau zur Untersuchung von Umweltfaktoren in der Luft, wie Feinstaub und CO₂. In Zukunft sollen weitere Kooperationen dazukommen.

Die Zusammenarbeit mit Unternehmen ist nicht nur aus finanzieller Sicht wichtig. Für die Schülerinnen und Schüler auf dem Campus eröffnen sich in den Kursen und Workshops konkrete Berufsbilder, sie bekommen einen ersten Einblick in die Praxis, so Ulrich Dachs: "Wir wollen, dass jeder seine Neigungen und Talente kennenlernt und schon früh weiß, in welche Richtung es beruflich gehen könnte." Auch Landrat Löwl, selbst Vorsitzender des Trägervereins, weiß um die Bedeutung dieser Möglichkeit: "Hier lernen die Fachkräfte von morgen, von denen die regionalen Unternehmen mittel- und langfristig profitieren."

Laut Peter Fink, Dachauer Unternehmer und Vorsitzender des Fördervereins, sei man daran interessiert, "dass sich Betriebe durch Mitgliedschaften und persönliches Engagement hier im Mint-Campus einbringen und ihre Möglichkeiten einer Berufsausbildung aufzeigen". Auch für die regionalen Unternehmen sei es von Vorteil, Talente frühzeitig zu entdecken, gerade angesichts der vielen freien Ausbildungsplätze. "Das ist eine Investition für jeden", fügt Ulrich Dachs hinzu: "Die Karriere ist überall offen - und sie beginnt im Kleinen, im Spielerischen".

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