Keine Radweg- und Wanderkarten, kein Tourismusbüro in der Altstadt und auch keine Mitarbeiterinnen mehr: Setzt der Dachauer Kreistag die Spar-Empfehlung des Kreisausschusses tatsächlich um und streicht die 190 000 Euro Nachhaltigkeitsfinanzierung, zu der auch das Naherholungs- und Tourismus-Projekt gehört, wird es kein Tourismus-Marketing mehr für den Landkreis geben.
Das markante Zollhäusl am Karlsberg hat der federführende Verein Dachau Agil schon im Vorjahr auf Geheiß der Stadt Dachau räumen müssen. Zwar hat man als Alternative einen Laden im Pfarrweg in der Dachauer Altstadt gefunden, "und das Zollhäusl steht jetzt leer, wo es doch so dringend benötigt worden ist", fügt Marcel Fath mit bitterem Unterton an. Der Vorsitzende von Dachau Agil und Bürgermeister von Petershausen ist tief enttäuscht darüber, dass das Tourismus-Marketing so Knall auf Fall enden soll, ohne dass vorher jemand mit Dachau Agil gesprochen hätte. In einem offenen Brief an die Fraktionen hat Fath die Spar-Empfehlungen des Kreisausschusses im März kritisiert. Doch darauf habe er bis jetzt keinerlei Reaktionen erfahren, sagt er.
"Ich halte das für unprofessionell"
"Ich bin sehr für Sparen", sagt Marcel Fath, als Bürgermeister wisse er um die finanziellen Nöte der Kommunen und die vielen Aufgaben, die sie zu erledigen haben. Ausgaben für Naherholung und Tourismus zu streichen, sei jedoch ein Irrweg. "Ich halte das für unprofessionell", sagt Fath. Der Landkreis Dachau müsse als einstiger Standort eines Konzentrationslagers eine schwere historische Bürde tragen. Jahrzehntelang habe das auch die wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst, so Fath, "früher hat sich keine größere Firma hier angesiedelt, weil keiner Dachau-Nummernschilder haben wollte".
Am Positiv-Image zu arbeiten, die Naturschönheiten, kulturellen und historischen Besonderheiten des Landkreises zu zeigen, habe vor allem den Menschen hier gutgetan, aber auch der regionalen Wirtschaft, der Gastronomie und Hotellerie, sagt Fath. Initiiert wurden etwa eine Radwanderkarte mit Einkehrmöglichkeiten, ein Betten-Führer auf der Homepage oder Verweise auf besondere Spielplätze und Freizeitmöglichkeiten im Dachauer Land. "Nah Tour", so der Name des Projekts Naherholung und Tourismus, habe hier beständige Vernetzungsarbeit geleistet: "Da kann man nicht irgendwann einfach wieder anknüpfen, so etwas muss dauerhaft geschehen", betont Marcel Fath.
Das Personal hängt in der Luft
Drei Mitarbeiterinnen hatte das Tourismusbüro zuletzt, eine hat wegen der unsicheren Lage bereits gekündigt. Den beiden Verbliebenen fühlt sich Fath als geschäftsführender Vorsitzender von Dachau Agil verpflichtet. Sie hingen derzeit in der Luft, kritisiert er, "weil im Kreistag immer nur empfohlen wird, etwas zu entscheiden, aber nichts entschieden wird". Am 30. April wird die Entscheidung im Kreistag jedoch fallen, wenn der Haushalt beschlossen wird.
Fath räumt ein, dass das Tourismus-Marketing wegen begrenzter Mittel in eher bescheidenem Umfang gelaufen sei. Deshalb habe er vor drei Jahren für ein neues Konzept geworben, unter Einbezug der örtlichen Wirtschaft in einer Art Entwicklungs-GmbH. Denn Industrie und Gewerbe im Dachauer Land hätten in der Vergangenheit schon mehr zum Tourismus-Marketing beitragen können, sagt Fath, "aber die haben sich in die Plüsch-Sessel des Staates gesetzt".
Fath hat alternative Sparvorschläge
Es werden auch wieder bessere Zeiten kommen, prophezeit Fath in seinem offenen Brief an die Kreistagsfraktionen "dann fehlen solche Institutionen". Er schlägt vor, stattdessen die immer dichteren Takte bei Linienbussen nach Leerfahrten zu durchforsten, und entsprechende Takte zu streichen. "Wir sind einer der Landkreise mit dem höchsten Angebot beim Nahverkehr, und gleichzeitig gibt es ständig Klagen, dass Busfahrer fehlen und bestimmte Fahrten ausfallen. Da sollte man vielleicht lieber neu verhandeln." Was Fath auch ärgert: "Man will nicht mal darüber diskutieren."
Immerhin einen Trost hat der Vorsitzende von Dachau Agil, der Verein hat auch in Zukunft Arbeit - in seinem zweiten Aufgabengebiet, der Generierung von Fördermitteln für die regionale Entwicklung aus dem EU-Programm Leader.