Landgericht München II:Vergewaltigung an Weihnachten

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Zwei Männer gestehen, eine Frau vergewaltigt zu haben, wollen sich aber nicht mehr genau erinnern können. Der Prozess dauert an.

Andreas Salch

Dachau - Mit ihrer Arbeit in einer Putzkolonne verdienten Jacek M. 38 und Robert W. 39 in guten Zeiten bis zu 4000 Euro im Monat. Dafür schufteten sie zehn bis elf Stunden am Tag. Abgerechnet wurde nach Quadratmetern. Glaubt man den beiden Polen, die sich seit Dienstag vor dem Landgericht München II verantworten müssen, war Alkohol bei der Arbeit ihr ständiger Begleiter.

Die Angeklagten tranken Wein und Wodka in rauen Mengen, wie sie sagen. (Foto: dapd)

"Die Nerven, dass die Firmen, das Geld nicht auszahlen", sagt Jacek M., hätten ihn zuletzt immer häufiger zur Flasche greifen lassen. Täglich habe er eine Flasche Wodka gemixt mit Red Bull in sich hineingeschüttet und um die fünfzig Zigaretten geraucht. An Wochenenden soll es noch mehr gewesen sein. Auch Robert W. nennt "Stress und Probleme" als Grund für seinen Alkoholkonsum. "Ich liebe es, Alkohol schnell und auf nüchternen Magen zu trinken." Schnell und vor allem in rauen Mengen müssen die Angeklagten laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch am ersten Weihnachtsfeiertag vergangenen Jahres Wodka und Wein getrunken haben, als sie bei einer befreundeten polnischen Familie in Dachau zum Essen eingeladen waren.

Die traute Feier endete für Jacek M. und Robert W. gegen 21 Uhr mit der Festnahme durch die Polizei. Seither sitzen sie Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, im Wohnzimmer ihres Gastgebers eine 58-jährige polnische Putzfrau brutal vergewaltigt zu haben. Das Opfer hatte zuvor gemeinsam mit ihrem Landsmann und dessen Frau den Heiligabend verbracht.

Laut dem Gutachten eines Rechtsmediziners hatte Jacek M. zur Tatzeit, am späten Nachmittag des 25. Dezember, eine Blutalkoholkonzentration von maximal 4,19 Promille. Die von Robert W. soll den Berechnungen zufolge bei etwa 2,5 Promille gelegen haben. An die Vergewaltigung der Putzfrau will weder Jacek M. noch sein Landsmann eine konkrete Erinnerung haben. Nach der Verlesung der Anklage durch Staatsanwalt Marc Huppert lässt der 38-Jährige über seinen Verteidiger Franz Xaver Wittl erklären, dass sämtliche Vorwürfe zuträfen. Hierbei handle es sich nicht um ein "Zweckgeständnis", hebt Wittl hervor. Der Angeklagte könne aufgrund seiner alkoholbedingten Amnesie nicht mehr zu der Tat sagen. Noch vager fiel die Erklärung aus, die Robert W. über seinen Verteidiger Michael Csüros abgab. Sein Mandant könne sich zur Sache nicht einlassen. Er sei viel zu betrunken gewesen. Deshalb habe er keine Erinnerung mehr an den Nachmittag des 25. Dezember letzten Jahres.

Das Opfer wurde vom Gericht am Dienstagnachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen. Die 58-Jährige tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Laut Anklage soll auch sie auf der Feier "in erheblichen Mengen" Alkohol getrunken haben. Als es ihr übel geworden sei, habe sie sich gegen 12 Uhr im Schlafzimmer ihrer Gastgeber hingelegt. Jacek M. soll ihr dorthin gefolgt sein und versucht haben, sie zu vergewaltigen. Als die 58-Jährige jedoch aufwachte, sei sie aus dem Zimmer gelaufen, heißt es in der Anklage. Ihren Gastgebern soll sie nichts von dem Vorfall im Schlafzimmer gesagt haben, da sie davon ausgegangen sei, dass sich "die Situation beruhigt".

Dies war ein fataler Irrtum. Als sich später der Gastgeber und seine Frau ausruhten, hätten die Angeklagten die 58-Jährige bewusstlos geprügelt und anschließende vergewaltigt. Als ihr Opfer kurzzeitig das Bewusstsein wieder erlangte, habe es um Hilfe geschrien, worauf der Gastgeber aufwachte und die Polizei alarmierte. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 15.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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