Faschismusvergleich:Endgültige Niederlage für Ex-Mitarbeiterin der KZ-Gedenkstätte

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Bis zu einer Million Menschen besuchen die KZ-Gedenkstätte pro Jahr. (Foto: Toni Heigl)

Weil sie die Corona-Politik mit Faschismus verglichen hatte, verlor eine Referentin ihren Job an der KZ-Gedenkstätte Dachau. Jahrelang wehrte sie sich juristisch gegen die Kündigung. Jetzt hat auch das Bundesarbeitsgericht ihre Beschwerde abgeschmettert.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Wer die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit Faschismus vergleicht, kann nicht an einer KZ-Gedenkstätte arbeiten und dort Besuchergruppen über die Verbrechen des Nationalsozialismus aufklären. Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Ex-Mitarbeiterin der Gedenkstätte in Dachau indirekt bestätigt.

Die ehemalige Rundgangleiterin war im vergangenen Jahr mit einer Klage gegen ihre Kündigung bereits in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht München gescheitert. Gegen die Entscheidung legte sie Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt ein - ohne Erfolg. Per Beschluss und ohne Begründung schmetterte das Bundesarbeitsgericht die Beschwerde jetzt ab, wie ein Sprecher bestätigte.

Ungeeignet, Wissen über den NS-Terror zu vermitteln

Damit endet eine jahrelange juristische Auseinandersetzung, die im Januar 2022 ihren Anfang nahm. Die Frau aus Karlsfeld, die als 450-Euro-Kraft bei der Gedenkstätte angestellt war und Rundgänge über das ehemalige Konzentrationslager leitete, trat damals bei einer Impfgegner-Demo am Königsplatz in München als Rednerin auf.

Vor rund 3000 Teilnehmern sagte sie: "Wir haben es hier mit der schärfsten Faschisierung in Staat und Gesellschaft zu tun. Seit der Gründung der Bundesrepublik." Bezugnehmend auf die damalige Einführung einer Impfpflicht in Österreich, die inzwischen wieder abgeschafft wurde, sprach sie von einem "reaktionär faschistoiden Staat". Nach dem Faschismusvergleich am Königsplatz und Auftritten bei anderen Demos gegen die Corona-Politik hatte die Stiftung Bayerische Gedenkstätten als Trägerin der KZ-Gedenkstätte Dachau ihrer Mitarbeiterin gekündigt.

Der Stiftungsdirektor begrüßt den Beschluss aus Erfurt

Die Referentin klagte gegen die Kündigung, verlor aber sämtliche Prozesse. Mehrere Gerichte zweifelten an der Verfassungstreue der Ex-Gedenkstätten-Mitarbeiterin und ihrer Eignung, Besucher über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers zu führen. Für die Ausübung dieser Tätigkeit sei die zutreffende Wiedergabe von historischen Fakten und der Respekt vor der Geschichte der Gedenkstätte "essenzielle Voraussetzung", so das Landesarbeitsgericht München.

Anders gesagt: Wer auf Demos die Corona-Politik mit Faschismus vergleicht und Faschismus damit verharmlost, ist ungeeignet, Wissen über den NS-Terror zu vermitteln. Zu groß wäre die Gefahr einer Relativierung der NS-Verbrechen an den historischen Orten - ausgerechnet durch Menschen, die eigentlich darüber aufklären sollten, was in den Lagern geschah.

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KZ-Gedenkstätten haben einen Bildungsauftrag. Sie sollen an das Leid der Opfer erinnern, aber auch als Lernorte für künftige Generationen erhalten bleiben und das Wissen über das historische Geschehen weitergeben. Die Referenten tragen dazu bei. Sie begleiten Besuchergruppen - oftmals sind dies Schulklassen - über das Gelände, halten Seminare und Workshops. Bis zu einer Million Menschen aus der ganzen Welt besuchen die KZ-Gedenkstätte Dachau pro Jahr.

Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten begrüßt den Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes. "Die Korrektheit unseres Vorgehens in dieser Angelegenheit wird damit vollumfänglich bestätigt", sagt Stiftungsdirektor Karl Freller. Die ehemalige Mitarbeiterin, die sich im Zuge der juristischen Auseinandersetzung bei eigens organisierten Kundgebungen als "Antifaschistin" und "Friedenskämpferin" stilisiert hatte, wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Nur so viel: "Der gerichtliche Weg ist jetzt vorbei."

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