Kommunalwahl in Dachau:"Wir haben keine Zeit mehr für Tatenlosigkeit"

Lesezeit: 3 min

Fridays for Future fragt die Parteien vor der Kommunalwahl - die Antworten stimmen die Aktivisten skeptisch. Die Dringlichkeit der Lage ist vielen nicht klar.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Die meisten Parteien im Landkreis Dachau wollen in Zukunft mehr tun, um Natur und Umwelt vor Ort zu erhalten. Zudem sollen die Dachauer Kommunen einen Beitrag leisten, um die globale Klimakatastrophe abzuwenden. Doch in grundlegenden Fragen gehen die Meinungen der politischen Parteien und Gruppierungen im Landkreis beim Thema Klimaschutz auseinander. Ein parteiübergreifender Schulterschluss fehlt. Das ist das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung von Fridays for Future (FFF) und People for Future (PFF) Dachau.

Aktivisten beider Gruppen haben kurz vor der Kommunalwahl am 15. März Parteien und Wählergruppen in Stadt und Landkreis befragt, wie wichtig ihnen der Klimaschutz ist und welchen Anteil das Dachauer Land beitragen soll, die Erderwärmung zu beschränken. Herausgekommen sind 67 Seiten mit Grafiken und detaillierten Antworten der politischen Parteien. FFF und PFF ziehen ein gemischtes Fazit: "Vielen Parteien ist Klimaschutz sehr wichtig. Es passiert auch schon viel im Landkreis", so die Aktivisten. Aber: "Vielen Fraktionen scheint die Dringlichkeit der Lage immer noch nicht klar. Wir haben keine 20 oder 30 Jahre mehr Zeit, sondern nicht einmal mehr zehn."

Soll der Landkreis Dachau den Klimanotstand ausrufen?

Der Fragebogen ging an alle Parteien und Wählergemeinschaften, die für den Kreistag kandidieren und die politischen Gremien der Stadt Dachau sowie der Gemeinden Bergkirchen, Karlsfeld, Hebertshausen, Altomünster, Indersdorf Petershausen, Röhrmoos und Weichs. Diese sollten zu zwölf Wahlprüfsteinen Stellung nehmen. Der erste lautet: "Ist der von Menschen verursachte Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung, die bei allen politischen Entscheidungen vorrangig zu berücksichtigen ist?" Während die meisten Gruppierungen, die bei der Kreistagswahl antreten, dem zustimmen, äußern sich die Freien Wähler und FDP neutral. Die CSU lehnt das ab. Zwar müssten Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei politischen Entscheidungen eine wichtigere Rolle spielen, so die Christsozialen. "Die immer vorrangige Berücksichtigung eines einzelnen Aspekts ist aus unserer Sicht weder demokratisch noch sinnvoll." Ein paar wenige Parteien haben nach Angaben von FFF und PFF gar nicht auf die Umfrage geantwortet, darunter die AfD oder die Freien Wähler Dachau.

Noch uneinheitlicher ist das Bild bei der Frage, ob der Landkreis den Klimanotstand ausrufen soll. CSU, Freie Wähler und FDP verneinen, Wir und die ÖDP sind unentschlossen. Alle anderen Parteien sind dafür. Zwar werde die Ausrufung des Klimanotstandes kein Problem lösen, argumentiert etwa das Bündnis für Dachau. "Wir sind aber der Ansicht, dass damit die Dringlichkeit für den massiven Klimaschutz verdeutlicht wird." Einig sind sich alle Parteien nur in einem Punkt: Sie alle wollen Baumbestände schützen und weitere Flächen ökologisch aufforsten. Große Übereinstimmung herrscht auch in der Frage, ob der Landkreis Dachau als der am schnellsten wachsende Landkreis Bayerns eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnehmen sollte. Das bejahen alle Parteien bis auf die Freien Wähler.

Hoher Stellenwert in der Kommunalpolitik

Die meisten Gruppierungen im Landkreis räumen dem Thema Klima- und Umweltschutz in ihren Programmen für die Kommunalwahl viel Platz ein. Die SPD Dachau fordert, die energetische Optimierung der städtischen Gebäude und Liegenschaften weiter voranzutreiben. Die CSU Dachau will bis 2030 den Co₂-Ausstoß von Stadt, Bürgern und Unternehmen um ein Drittel reduzieren. Den Dachauer Grünen reicht das nicht. Sie pochen auf ein klimaneutrales und energieautarkes Dachau bis 2030. "Wir haben festgestellt, dass der Klima- und Umweltschutz kommunal gefühlt einen hohen Stellenwert hat", so FFF und PFF. Gleichwohl ist für die Aktivisten entscheidend, dass die Punkte aus den Wahlprogrammen auch in konkrete Maßnahmen münden. Vor dem Hintergrund der Befragung sind sie skeptisch: "Es scheint auch an manchen Stellen so zu sein, dass die Fragebögen nicht unbedingt mit Aussagen bei Wahlkampfveranstaltungen übereinstimmen würden."

FFF und PFF sehen sich als überparteilich. Deshalb wollen sie keine Wahlempfehlung abgeben, wie es in einer Stellungnahme heißt. Trotzdem gelte: "Wir haben keine Zeit mehr für Tatenlosigkeit." Die Aktivisten empfehlen, eine Partei zu wählen, "die glaubwürdig dafür eintritt, den Klimaschutz schnell und konsequent voranzubringen".

Die Vertreter der Umweltbewegung wollten eigentlich am Samstag, 14. März, einen Tag vor der Kommunalwahl in Dachau auf die Straße gehen und demonstrieren. Wegen der Infektionsgefahr durch das Coronavirus wurde die Demo allerdings abgesagt.

Interessierte finden die Umfrage von FFF und PFF und einen Link zu allen detaillierten Antworten der Parteien auf der Facebook-Seite von People for Future Dachau oder unter dem Link www.parentsforfuture.de/de/lkdachau-wahlpruefsteine.

© SZ vom 11.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: