Wiedereröffnung:Dachauer Kino öffnet wieder

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Nach acht Monaten wird am Donnerstagnachmittag im Cinema das erste Mal wieder ein Film gezeigt. Obwohl der Lockdown für Betreiberin Nicole Lutz wirtschaftlich schwierig gewesen ist, hält sie an einem Neubau am Bahnhof fest

Von Viktoria Hausmann, Dachau

Für den neuen Bondfilm hat Nicole Lutz schon den dritten Überkleber. "Keine Zeit zu sterben" sollte eigentlich im April 2020 laufen. Jetzt ist der Kinostart für September dieses Jahres geplant. Lutz überlegt, ob sie ihn noch anbringen wird: "Allmählich wird die Stelle da unten einfach zu dick," sagt die Kinobetreiberin, verärgert klingt sie nicht. Sie ist damit beschäftigt, das Foyer des Cinema aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Am kommenden Donnerstag öffnet das Dachauer Kino wieder nach acht Monaten Pause.

Noch sind die Auslagen hinter dem Tresen leer, die Popcornmaschinen aus. Der Raum wirkt kahl und verlassen ohne Besucher. "Vor ein paar Wochen hingen hier noch Plakate von richtig alten Filmen", sagt Lutz, bevor sie sich selbst korrigiert: "Also von Filmen vor dem letzten Lockdown." Jetzt da auch in Dachau die Wiedereröffnung kurz bevorsteht - grundsätzlich dürfen bayerische Kinos bei entsprechend niedriger Inzidenz bereits seit Mitte Mai wieder Filme zeigen, mehrheitlich haben sich Betreiber aber auf einen Neustart am 1. Juli verständigt - kommen endlich neue Filmplakate an die Wände. Die Auflagen für die Betreiber sind ähnlich streng wie in der Gastronomie: Aktuell muss jeder zweite Platz frei bleiben, nur am Platz darf die Maske abgesetzt werden.

Nicole und Christopher Lutz haben in den vergangenen Tagen alles vorbereitet für die Wiedereröffnung ihres Kinos am Donnerstag. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Dachauer Filmfans können sich auf reichlich Action in den Filmen "Nobody", "A Quiet Place 2" und "Monster Hunter" freuen. Ebenfalls neu im Programm sind die lang ersehnten Kinderfilme "Peter Hase" und "100% Wolf". Der Film über einen Werpuddel wird das Programm am Donnerstagnachmittag eröffnen. Weil Lutz erst einmal testen will, wie groß die Nachfrage ist, öffnet sie zunächst allerdings nur die drei vorderen Säle.

Schon seit Wochen putzt und kontrolliert sie dafür jeden Winkel mit den fünf verbliebenen Mitarbeitern. Früher hatte sie dreizehn. Die meisten davon Studenten, die wegen Corona zurück zu Eltern gingen oder sich neue Jobs suchten. Nur einen Mitarbeiter konnte Lutz in Festanstellung und Kurzarbeit behalten. Die anderen vier sind Minijobber: "Beim zweiten Lockdown haben wir uns alle gedacht, nicht schon wieder! Es waren so gute Filme geplant," sagt Lutz. Dabei waren Filme wie der "Boandlkramer", der letzte Film von Josef Vilsmaier. Allein die Starbesetzung mit Bully Herbig und Hape Kerkeling hätte den Dachauern gefallen, sagt sie. Dass der Film dann bei Amazon Prime und nicht im Kino lief, ärgert sie. Der Lockdown zog sich über die Hauptgeschäftszeit an Weihnachten: "Es war schon schwierig, auf einmal gar keine Einnahmen zu haben. Vor allem, weil wir vorher jeden Tag geöffnet hatten und es war wirklich sehr, sehr ungewöhnlich mal an Weihnachten frei zu haben."

Wie viel Geld Nicole Lutz genau durch die Pandemie verloren hat, möchte sie nicht sagen. Nur so viel: Acht Monate habe das Kino überhaupt keine Einnahmen gehabt und in den ersten drei Monaten des Lockdowns auch keine Hilfsgelder erhalten. Stattdessen hätten sie alle für das Weihnachtsgeschäft gekauften Süßwaren und Lebensmittel wegwerfen müssen. Für Lutz war das nicht nur wegen der Umsatzeinbußen schwer. Sie hat das Kino von ihren Eltern übernommen, es ist das einzige verbliebene im Landkreis. "Ich bin froh, dass wir sehr kulante Vermieter haben, die wirklich Verständnis für unsere Situation hatten. Sonst hätte es schon düster ausgesehen."

Abstand halten, Maske tragen - diese Regeln gelten auch im Cinema Dachau. Am Platz darf man aber Popcorn essen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die räumliche Trennung des Cinema in Vorder- und Hinterhaus war für die Kinobetreiberin schon in Vor-Corona-Zeiten schwierig: "Durch diese Unterteilung braucht man leider alles Doppelt. Zwei Kassen, zwei Verkaufsstände. Also doppelt so viel Personal." Die Familie Lutz wollte deshalb schon 2018 ein neues Kino an der Ostseite Dachauer Bahnhof bauen. Geplant war ein eigene Tiefgarage für 116 Autos und noch mehr Kinosäle. Als 2019 der Plan für das P+R Parkhaus an der Schleißheimer Straße mit 600 Stellplätzen von der Stadt verworfen wurde, befürchteten viel auch ein Aus für das neue Kino. Zumal dann auch noch die Coronakrise dazwischen kam. "Ich fürchte während Corona, hat die Stadt das Projekt vergessen, weil es Wichtigeres gibt, aber wir wollen das Kino nach wie vor gerne bauen", so Lutz.

Bauamtsleiter Moritz Reinhold teilt mit, dass der Bau beschlossene Sache sei. Man würde nur nicht wie ursprünglich geplant die ganze Fläche in Augustenfeld bebauen, sondern sich auf den Bau des Kinos beschränken, samt Tiefgarage, aber ohne ein P+R Parkhaus. Denn im Gegensatz zur Tiefgarage, welche zu anderen Zeiten für mehr Verkehrsaufkommen sorge, wäre es beim P+R Parkhaus mit einer separaten Zufahrt über die Schleißheimerstraße morgens und abends zu einem stark erhöhten Verkehrsaufkommen gekommen, "für das das Straßennetz so nicht ausgelegt ist", sagt Reinhold. Er versichert aber: "Das Kino ist von unsere Seite gesetzt." Doch zuerst müsse der Bebauungsplan angepasst und von den Stadträten beschlossen werden. Zudem müsse man private Nutzungsrechte klären. Reinhold rechnet mit einem Baubeginn frühestens in ein bis zwei Jahren.

© SZ vom 30.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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