Kommunalfinanzen:"Es wäre schade, wenn das Bürgerhaus geschlossen wird"

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In den kommenden Jahren muss das Karlsfelder Bürgerhaus für mehrere Millionen Euro saniert werden - eine Herausforderung für die klamme Gemeinde. (Foto: Toni Heigl)

Die Gemeinde Karlsfeld hat ihren Haushalt verabschiedet - gegen die Stimmen der SPD. Sie kritisiert, dass die Infrastruktur kaputtgespart werde. Weitere Gemeinderäte sorgen sich um den Erhalt des größten Veranstaltungssaals im Landkreis.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Vor rund einem Jahr fiel die Entscheidung im Karlsfelder Gemeinderat, das örtliche Hallenbad für immer zu schließen. Damit hoffte die Gemeinde, dass sich ihre finanzielle Lage bessern würde. Doch auch in diesem Jahr muss Karlsfeld einen Kredit von rund 9,1 Millionen Euro aufnehmen, im vergangenen Jahr waren es noch zehn Millionen Euro. Im Gemeinderat am Donnerstagabend sagte Reto Berndt von der Kämmerei: "Wir haben viel Arbeit und wenig Geld." Der Haushalt wurde schließlich verabschiedet - gegen drei Stimmen von der SPD. Dazu sagte Gemeinderätin Beate Full, dass sich ihre Fraktion einen langfristigen Finanzplan gewünscht hätte, denn: "So wie es heute aussieht, war das Hoffen und Warten auf das Wunder von Karlsfeld in den letzten fünf Jahren scheinbar das falsche Rezept."

Zuvor stellte Kämmerer Alfred Giesinger den Finanzplan für dieses Jahr anhand von Torten- und Balkendiagrammen vor: Das Haushaltsvolumen der Gemeinde hat in diesem Jahr mit 73,1 Millionen Euro einen neuen Rekordwert erreicht, im vergangenen Jahr waren es noch 71 Millionen Euro. Der Schuldenstand liegt bei rund 20,5 Millionen Euro, der Großteil sei auf den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße zurückzuführen.

Zu den größten Ausgaben gehört in diesem Jahr die Kreisumlage mit rund 15,7 Millionen Euro, welche die Gemeinde an den Landkreis zahlen muss. Allerdings ist bisher nicht klar, wie teuer die Kreisumlage genau wird - darüber wird noch im Dachauer Kreisrat diskutiert. Viel Geld fließt in die Sanierung der Dreifachturnhalle an der Karlsfelder Mittelschule, hier ist noch ein Restbetrag von rund 3,4 Millionen Euro offen. Außerdem stehen in diesem Jahr weitere Sanierungen an: Für die Mittelschule und die alte Grundschule hat die Gemeinde jeweils 500 000 Euro eingeplant, für das Karlsfelder Bürgerhaus 200 000 Euro. Auch mehrere Brücken müssen saniert werden, etwa die Carolinenbrücke und das Bauwerk an der Gaußstraße, zudem muss die Brücke an der Grünlandstraße ersetzt werden. Die Beseitigung der Biberschäden am Wiesenweg kostet 170 000 und die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED 500 000 Euro.

SPD und Grüne fordern einen Ersatz für die Obdachlosenunterkunft mit Containern am Hadinger Weg. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Auch die Gemeinde Karlsfeld hat die Kita-Gebühren vor Kurzem erhöht, das betrifft unter anderem die Eltern im Kinderhaus Wiesenkinder. (Foto: Niels P. Jørgensen)
"Wir werden als Kommunen allein gelassen, aber das sieht die Staatsregierung anders", sagt Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). (Foto: Toni Heigl)

Für die Personalausgaben der Gemeinde sind derzeit 14,2 Millionen Euro einkalkuliert. Doch im vergangenen Jahr wurde von diesem Budget wegen des Fachkräftemangels nicht alles ausgeschöpft, so der Kämmerer. Unter anderem blieben Stellen in der gemeindlichen Jugendarbeit monatelang unbesetzt.

"Wir werden als Kommunen allein gelassen"

Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) nutzte die Gelegenheit, um zum wiederholten Male das Finanzierungssystem für Gemeinden zu kritisieren: "Wir werden als Kommunen allein gelassen, aber das sieht die Staatsregierung anders", die im Übrigen sein Parteikollege Markus Söder leitet. Kolbe sagte: "Wir kriegen immer mehr Aufgaben, das bringt uns schier in den Wahnsinn."

Auch CSU-Gemeinderat Bernd Wanka sagte, dass es den Kommunen an Geld fehle: "Wir leisten uns als Gemeinde nur sehr wenig in den Bereichen Freizeit, Kultur und Sport." Stattdessen solle Karlsfeld in der Wachstumsregion München Wohnungen und Infrastruktur schaffen, aber werde mit diesen Aufgaben finanziell allein gelassen. Trotzdem hoffte Wanka: "Wir wollen das Tal der Investitionsarmut bald verlassen."

Sein Parteikollege, Finanzreferent Stefan Theil, sagte, dass Karlsfeld 2024 voraussichtlich nur rund 13 Millionen Euro an Gewerbesteuern einnehmen werde. Er forderte deshalb, die Planungen des Gewerbegebiets an der Schleißheimer Straße zu beschleunigen, das die Gemeinde immerhin schon seit rund 13 Jahren diskutiert. Bezogen auf Karlsfelds Haushaltssituation lautete Theils Fazit: "Uns fehlt leider die Luft zum Atmen."

Sorge um das sanierungsbedürftige Bürgerhaus

Um Karlsfelds Finanzlage zu verbessern, hat der Gemeinderat in derselben Sitzung beschlossen, die Grundsteuer B für Grundstückseigentümer zu erhöhen. Der Hebesatz wurde von bisher 400 auf 490 Prozent angehoben. Damit erhofft sich die Gemeinde jährliche Mehreinnahmen von rund 660 000 Euro. Im vergangenen November hat die Gemeinde bereits die Kita-Gebühren angehoben.

Anton Flügel (Freie Wähler) sagte, dass der Haushalt auch in diesem Jahr "auf Kante genäht" sei, es dürfe also nichts Ungeplantes passieren, wofür Karlsfeld zusätzlich Geld ausgeben müsse. Er sagte, dass Einrichtungen wie das Bürgerhaus, die Bücherei und die Volkshochschule zwar beliebt seien. Doch es bestehe die Gefahr, dass diese aus finanziellen Gründen ähnlich wie das Hallenbad in Zukunft "gekappt werden".

"Die Infrastruktur der Gemeinde wird einmal mehr kaputtgespart"

Von Beate Full (SPD) hagelte es wie auch in den vergangenen Jahren Kritik. Sie sagte: "Mit ihrer Gewerbesteuerkraft ist unsere Gemeinde schon seit sehr langer Zeit Schlusslicht im bayerischen Gemeindevergleich." Zudem seien dringend erforderliche Investitionen bis 2027 nicht im Haushalt vorgesehen. Sie nannte den Ersatz der Kita-Container an der Allacher Straße durch ein Kinderhaus, eine neue "Feuerwache West" und einen Ersatz für die Obdachlosenunterkunft am Hadinger Weg. Full sagte: "Die Infrastruktur der Gemeinde wird einmal mehr kaputtgespart, um die Zustimmung der Rechtaufsicht zu bekommen." Die Rechtaufsicht des Landratsamtes hat bereits signalisiert, dass sie den diesjährigen Karlsfelder Haushalt genehmigen wird, sagte Kämmerer Giesinger.

Die Grünen stimmten dem Haushalt - anders als im vergangenen Jahr - zwar zu, hatten aber einige Kritikpunkte, die Michael Fritsch vortrug. Er kritisierte ebenfalls, dass wichtige Investitionen für die kommenden Jahre bisher nicht einmal eingeplant seien. Fritsch nannte hier eine Obdachlosenunterkunft als Ersatz "für die unwürdigen Container im Hadinger Weg" und ein neues Kinderhaus in der Allacher Straße. Darüber hinaus müsse das Bürgerhaus in den kommenden Jahren für mindestens 15 Millionen saniert werden: "Andernfalls droht die Schließung analog zum Hallenbad", sagte Frisch: "Wir hoffen sehr, dass die Gemeinde aus den Fehlern beim Hallenbad gelernt hat und nicht wieder Millionen versenkt werden, um das Bürgerhaus dann doch schließen zu müssen."

Elisabeth Leukert saß als Zuschauerin im Sitzungssaal. Nach der Haushaltsdebatte meldete sie sich und sagte: "Ich bin stolz darauf, dass die Gemeinde es geschafft hat, eine so schöne neue Schule zu bauen". Gleichzeitig warnte sie davor, das sanierungsbedürftige Bürgerhaus verkommen zu lassen: "Es wäre schade, wenn das geschlossen wird." Ein Anliegen, das die Karlsfelder Kommunalpolitiker in den nächsten Jahren noch beschäftigen wird.

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