Trotz Inflation:Hotelbuchungen erreichen Rekordhoch

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Sandra und Ludwig Rettinger betreiben das Hotel "Zum Fischer" (Foto: Toni Heigl)

Über 200 000 Menschen übernachteten in diesem Jahr in Dachau. Während die Euphorie bei Gastronomen wegen der Mehrwertsteuererhöhung gedämpft ist, blickt die Tourismusreferentin der Stadt optimistisch in die Zukunft.

Von Morris Zalesjak, Dachau

Es sind positive Nachrichten für Hotel- und Gastronomiebetriebe: Die Stadt Dachau verzeichnet einen neuen Rekord in Hinblick auf Hotelübernachtungen. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2002 wird zum ersten Mal die 200 000er-Marke geknackt. Rund 214 000 Menschen übernachteten bis Ende September 2023 im Stadtgebiet, 35 000 mehr als im gesamten Vorjahr, wie die Stadt in einer Pressemitteilung schreibt. Das wirft die Frage auf: Ist der Anstieg allein dem endgültigen Wegfall aller Corona-Maßnahmen geschuldet oder reisten die Menschen in diesem Jahr aus anderen Gründen mehr?

Sandra und Ludwig Rettinger betreiben das Hotel und Restaurant "Zum Fischer" am Dachauer Bahnhof. Sie haben den Betrieb erst vor drei Jahren übernommen und daher keinen direkten Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren, sagt Ludwig Rettinger: "Aber ich glaube schon, dass die Reiselust allgemein wieder gestiegen ist und die Leute einfach Lust haben sich zu treffen." Laut eigenen Angaben übernachten in seinem Hotel Touristen und Geschäftsreisende im Verhältnis 60 zu 40 Prozent. Über das Geschäftsjahr 2023 sagt er: "Ich kann mich nicht beschweren."

"Viele machen verstärkt Urlaub im eigenen Land"

Monika Webersberger, die Abteilungsleiterin im Amt für Kultur, Tourismus und Zeitgeschichte im Dachauer Rathaus, sieht den Hauptgrund für das Rekordhoch im Anstieg der Betten. Denn in den vergangenen zwei Jahren haben mehrere große Hotels in Dachau eröffnet, darunter das "Abasto" in Dachau Ost oder das "Fresh Suits & Bar" in Dachau Süd. Beide eröffneten 2022 und stockten die Kapazitäten in Dachau um rund 220 Betten auf. Im Vergleich: Das Hotel Zum Fischer verfügt über 29 Zimmer. "Ein gestiegenes Angebot erzeugt automatisch mehr Nachfrage", so Webersberger. Außerdem hätten vor allem die Nähe zur Landeshauptstadt und die dort stattfindenden Messen einen großen Einfluss auf die Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten in Dachau.

Tourismusreferentin Sabine Geißler (Bündnis für Dachau) erklärt sich den Anstieg so: "Viele machen verstärkt Urlaub im eigenen Land", das könnte an der Inflation liegen, wodurch einige auf Fernreisen verzichten, sagt Geißler und ergänzt: "Manch einer vermeidet in Zeiten des Klimawandels vielleicht auch bewusst insbesondere Flugreisen und sucht nach Alternativen."

Die Zimmer im Dachauer Hotel "Zum Fischer" waren 2023 gut gebucht. (Foto: Toni Heigl)

Die Rekordzahlen lassen eine Euphorie im Gastgewerbe vermuten - die fehlt jedoch. Viele Hoteliers blicken angespannt auf das kommende Jahr. Denn die Mehrwertsteuer im Hotel- und Gastronomiebereich wird ab 1. Januar 2024 wieder von 7 auf 19 Prozent steigen. Der Bund begründet dies mit dem Ende der Pandemie. Eine Maßnahme, die laut Geißler absehbar war, auch wenn "viele das nicht so sehen wollten und die Hoffnung bis zum Schluss nicht aufgegeben haben".

Auch der deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) warnt vor der Mehrwertsteuerhöhung. Laut einer internen Studie könnten allein in Bayern bis zu 2300 Betriebe schließen, heißt es vonseiten des Verbands, bundesweit könnten fast 12 000 betroffen sein.

Der Wirt blickt eher pessimistisch auf das kommende Jahr

Gastwirt Rettinger sagt: "Wir hätten uns gefreut, wenn es so bleibt. Aber wenn die Steuer schon erhöht wird, dann vielleicht auf zehn oder zwölf Prozent, das wäre ein Kompromiss." Auch er muss die Erhöhung an seine Gäste weitergeben. Wie viel teurer seine Gerichte schlussendlich werden, wird sich erst im Januar zeigen, so Rettinger. Er blickt eher pessimistisch auf das kommende Jahr und sagt: "Die Mehrwertsteuererhöhung wird sich leider Gottes bemerkbar machen und am Ende verzichten die Leute dann doch lieber auf einmal Essengehen als auf den Urlaub."

Dachau wird auch im kommenden Jahr ein Ziel für Touristen und Geschäftsreisende bleiben. Durch die Nähe zur Landeshauptstadt, das kulturelle Angebot und die KZ-Gedenkstätte werden wieder Tausende Menschen in die Kreisstadt kommen. Wie viele es wirklich werden und wie viel Geld sie in die Kasse der lokalen Gaststätten spülen, wird sich zeigen, doch Tourismusreferentin Geißler ist optimistisch und sagt: "Das ist natürlich ein bisschen Kaffeesatzlesen, aber natürlich hoffe ich, dass die Kurve weiter nach oben geht und das touristische Potenzial der Stadt noch weiter ausgeschöpft wird".

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