Ostern in Dachau:Digitaler Segen

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Die Klosterkirche Mariä Himmelfahrt in Markt Indersdorf ist für den Karfreitag prächtig dekoriert. (Foto: Toni Heigl)

Unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften dürfen Präsenzgottesdienste zu Ostern stattfinden. Trotzdem setzen die Pfarrverbände im Landkreis vermehrt auf Online-Angebote und streamen live aus dem Altarraum.

Von Julia Putzger, Dachau

In den Tagen vor Ostern, dem höchsten Fest der Christen, ist Susanne Deiningers Terminkalender gut gefüllt: Am Dienstagvormittag bereitet sie alles für den Online-Gottesdienst vor, den sie abends per Videokonferenz halten wird. In den Nachmittagsstunden dazwischen nimmt die Pastoralreferentin des Pfarrverbands Dachau St. Jakob noch einen Ostergruß mit Pfarrer Benjamin Gnan auf. Bernhard Skrabal ist ähnlich gut beschäftigt: Der Pastoralreferent des Pfarrverbands Fahrenzhausen Haimhausen steckt am Dienstag noch mitten in Vorbereitungen und Absprachen für Videos und Livestreams für die bevorstehenden Tage.

Zwar hat die Staatsregierung ihre ursprüngliche Empfehlung, auch in diesem Jahr zu Ostern auf Präsenzgottesdienste zu verzichten, nach Kritik der Kirchenvertreter zurückgezogen. Unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften dürfen die Gottesdienste nun vor Ort stattfinden. Doch viele Pfarrverbände im Landkreis setzen nichtsdestotrotz parallel auf digitale Angebote. Denn die Digitalisierung, sie ist längst auch in den Kirchen und Pfarrgemeinden in Dachau angekommen.

Die Bildeinstellung der Kamera ist von der Empore auf den Altarraum gerichtet, am unteren Bildrand sieht man in der vordersten Bankreihe noch die Köpfe einzelner Gottesdienstbesucher. Als sie sich erheben, tauchen Ministranten und der Pfarrer auf, der Gottesdienst beginnt. All das kann man entweder live am Sonntagvormittag auf dem heimischen Bildschirm mitverfolgen oder später über die Videoplattform Youtube abrufen. Auch zu Ostern wird es solche Angebote geben, vom Ostergottesdienst in Haimhausen etwa oder von der Friedenskirche in Dachau. Und sie werden gut angenommen, urteilt Pastoralreferent Bernhard Skrabal, der sich federführend um den Youtubekanal seines Pfarrverbands kümmert: "Die Leute wollen lieber einen Gottesdienst aus ihrem Pfarrverband sehen, als einen durchgestylten Fernsehgottesdienst oder eine Übertragung aus dem Dom in München."

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(Foto: Toni Heigl)

Weil volle Kirchenbänke nicht erlaubt sind, gibt es zusätzliche Angebote.

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(Foto: Toni Heigl)

Wie zum Beispiel die Osternachtswache per Videokonferenz mit Susanne Deininger vom Pfarrverband Dachau St. Jakob...

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(Foto: Fotos: Toni Heigl)

...oder die Wäscheleine vor der Friedenskirche.

Susanne Deininger vom Pfarrverband Dachau St. Jakob ist anderer Meinung: "Wir haben uns schon vor einem Jahr bewusst gegen solche Angebote entschieden, weil es ohnehin schon so viele gibt. Da könnten wir nicht mithalten, weil wir weder das Know-how noch das nötige Equipment hätten", erklärt sie. Trotzdem bietet die Pastoralreferentin am Karsamstag eine "meditative Osternachtwache" an, die per Videokonferenz stattfinden soll. Bereits seit der Weihnachtszeit habe sie im geschlossenen Kreis unregelmäßig digitale Gottesdienste gefeiert - die jungen Erwachsenen hätte sich das von ihr gewünscht. "Das ist zwar spirituell schwieriger und kostet viel Kraft in der Organisation. Aber der Segen funktioniert auch durchs Internet", erzählt sie. Die guten Erfahrungen hätten sie ermutigt, nun "etwas Größeres" zu starten - bisher hätten sich allerdings nur zwei Teilnehmer für die digitale Osternachtwache angemeldet.

Wesentlich mehr Andrang gibt es hingegen bei den Präsenzgottesdiensten zu Ostern: Fast überall im Landkreis müssen sich Gläubige wegen der beschränkten Plätze in den Kirchen vorab anmelden. Wo es ohnehin nur wenige Plätze gibt, finden die Gottesdienste im Freien statt. Doch auch digital wird einiges geboten: Die evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte zeichnet beispielsweise vor dem Karfreitag einen Gottesdienst auf, an dem sich auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) beteiligt. Thema ist das Gedenken an verfolgte Homosexuelle und so soll auch Rio Reisers Lied "Halt dich an deiner Liebe fest" erklingen.

"Das war für mich schon sehr seltsam und nicht so angenehm"

Anders als in der Versöhnungskirche gibt es vielerorts sowohl den digitalen als auch den Präsenzgottesdienst. "Ich halte das für eine sinnvolle und notwendige Ergänzung", sagt Bernhard Skrabal, denn die Kirche müsse sich in der Lebenswirklichkeit ihrer Mitglieder bewegen. Das zeigt auch das breite Inhaltsspektrum der Videos, Newsletter und Texte der Kirchen. Um die Distanz in der Corona-Krise zu überwinden, gibt es auch analog kreative Angebote, wie Stationen rund um und die Wäscheleine mit Gebeten zum Mitnehmen vor der Friedenskirche. Denn in manchen Fällen scheint weder der Gottesdienst mit Maske in der Kirche noch die digitale Übertragung geeignet. In der Friedenskirche entschied man sich deshalb gegen den geplanten Familiengottesdienst am Ostermontag, informiert Pfarrer Gerhard Last. Stattdessen soll es eine Ostergeschichte mit Anregungen geben, die man bei einem Spaziergang mitnehmen kann.

Das Vorurteil, dass digitale Angebote eine zu große Hürde für ältere Menschen darstellen, kann Bernhard Skrabal nicht bestätigen. Eine Herausforderung sind die Videos aber trotzdem, nämlich für den Pfarrverband selbst: Dreh und Schnitt eines schlussendlich fünfzehnminütigen Clips dauerten mitunter bis zu einem Tag. "Für den Pfarrverband ist das fast eine Nummer zu groß", so Skrabal, der auf die Hilfe eines in der Videoproduktion erfahrenen Ehrenamtlichen angewiesen ist. Denn wenn schon, dann müsse das Angebot sowohl technisch als auch inhaltlich gut sein. "Man braucht eine genauere Choreografie, die Redebeiträge sind kürzer", erklärt Skrabal die Unterschiede.

Froh, dass Ostern in diesem Jahr keine rein digitale Veranstaltung wird, ist Pfarrer Stefan Menzel aus Haimhausen: "Das war für mich schon sehr seltsam und nicht so angenehm", erinnert er sich an letztes Jahr zurück, als er fast allein in der Kirche stand und seinen Ostergottesdienst vor der Kamera und leeren Kirchenbänken hielt. "Ein Gottesdienst ist ja gewissermaßen ein Schauspiel und ohne Publikum fehlt etwas." Auch für dieses Jahr hatte er sich schon auf ein ähnliches Szenario eingestellt: "Ich hätte das verstanden und auch mittragen können, aus Solidarität zu den vielen anderen, die nicht öffnen können." Nun, da die Präsenzgottesdienste erlaubt sind, müsse man sie aber auch anbieten, denn: "Ich könnte nicht als einzige Gemeinde keinen Präsenzgottesdienst anbieten, da würden die Leute auf die Barrikaden gehen."

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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