Klimaproteste:"Festkleben finde ich nicht schlimm"

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Wieder Straßen blockiert: Vertreter der "Letzten Generation" fordern die Wiedereinführung des Neun-Euro-Tickets für den öffentlichen Verkehr und ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen. (Foto: imago/aal.photo)

Klimakleber blockieren die Straßen, Pendler stehen im Stau. Ein Gespräch mit dem Dachauer Vorsitzenden des Bund Naturschutzes Roderich Zauscher über den Sinn des Protests, seine Grenzen und den Klimaschutz im Landkreis Dachau.

Von Ayça Balcı, Dachau

In den vergangenen Tagen haben Klimaaktivisten erneut den Straßenverkehr in und um München auf den Kopf gestellt. Aktivisten der Gruppierung "Letzte Generation" kletterten am Dienstagmorgen auf Schilderbrücken über der A9 bei Fröttmaning, auf der A96 klebten sich Aktivisten auf die Fahrbahn. Die Polizei sperrte die Fahrbahnen, der morgendliche Verkehr staute sich mehrere Kilometer. Die SZ-Dachau hat beim Vorsitzenden des Dachauer Bund Naturschutzes Roderich Zauscher nachgefragt, was er von solchen Aktionen für den Klimaschutz hält.

SZ: Herr Zauscher, wie finden Sie es, dass sich Aktivisten für den Klimaschutz auf Straßen festkleben?

Roderich Zauscher: Ob das Kleben das Richtige ist, weiß ich nicht, aber ich habe volles Verständnis dafür, dass den Leuten die Geduld zu Ende geht. Ein Beispiel: Der Landkreis Dachau betreibt angeblich seit Jahren Klimaschutz, passiert ist aber bisher gar nichts. Der Bund ist nicht besser. Während der gesamten Merkel-Zeit wurde mehr über den Klimaschutz gesprochen, als tatsächlich aktiv zu werden. Dass man dann die Geduld verliert und zu solchen Maßnahmen greift, kann ich verstehen. Das Festkleben finde ich persönlich nicht so schlimm, das ist im Grunde eine etwas längere Sitzblockade. Schlimm finde ich aber, wenn die Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge blockiert wird.

Roderich Zauscher vom Dachauer Bund Naturschutz hält die Protestaktionen von Klimaaktivisten der "Letzten Generation" für wichtig und richtig - solange dabei niemand gesundheitlich zu Schaden kommt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Unter Gegnern ist das Argument verbreitet: "Fahrzeuge, die bei solchen Aktionen im Stau stehen, blasen am Ende mehr CO₂ in die Luft." Was halten Sie davon?

Gar nichts. Ich halte das für ein Scheinargument. Es mag schon stimmen, dass letztlich bei einem Stau mehr CO₂ ausgestoßen wird, aber es wird hier ganz grundsätzlich für eine Verkehrswende demonstriert.

Bringen solche Aktionen dem Naturschutz etwas?

Ich glaube schon. Zumindest bringen sie Diskussion und ein Verständnis dafür, dass es so nicht weitergehen kann. Ein altes Beispiel aus den 80er-Jahren: Am Anfang waren etwa 80 Prozent der Bayern für die WAA (Anm. der Red.: Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf). Durch die vielen Proteste vor dem Bauzaun und die Information der Bevölkerung, sind die Gegner immer mehr geworden und waren am Ende in der Mehrheit. Der Bau wurde eingestellt.

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Was halten Sie für die richtige Form des Protests?

Es gibt endlos viele sinnvolle Protestformen, zum Beispiel große Demos in Innenstädten. Für mich hört Protest dort auf, wo Menschen in ihrer Gesundheit geschädigt werden. Auch auf Kulturgüter sollte geachtet werden. Sie ernsthaft für den Klimaprotest zu beschädigen, wäre nicht richtig.

Was geht im Landkreis Dachau in Sachen Klimaschutz nicht voran?

Es gibt seit vielen Jahren einen Klimaschutzbeaufragten, aber es gab nie wirklich Bilanzen darüber, wieviel CO₂ im Landkreis mit welchen Maßnahmen eingespart wurden. Windräder, die klimaneutrale Energie produzieren würden, sind blockiert worden. Seit ein paar Monaten gibt es wieder ein bisschen Bewegung in der Windrad-Diskussion. Die Gemeinde Pfaffenhofen ist schon ziemlich weit und das will ich auch ausdrücklich anerkennen. Es könnte aber noch viel mehr passieren. Klimaschutz ist nicht nur regenerative Energie, man könnte auch die Landwirtschaft anders betreiben. Es würde im Landkreis Dachau auch ganz konkret zum Klimaschutz beitragen, wenn der Schnellradweg durch Karlsfeld auf der B304 Richtung München umgesetzt werden würde.

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