Gastronomie:Die Restauranttester

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Wirtin Andrea Schneider informiert sich, während sie Zwiebeln schält, über die neu beschlossenen Regeln für die bayerische Gastronomie. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wer eine Gaststätte besuchen möchte, muss fortan geimpft, genesen oder PCR-getestet sein. Für die Wirte bedeutet die Überprüfung der Nachweise zusätzlichen Aufwand. Doch die meisten halten die Regel für sinnvoll

Von Jacqueline Lang, Dachau

Die Bilder von unbeschwerten Menschen in sonnigen Biergärten sind kaum verblasst, schon befindet sich das Land und mit ihm die Dachauer Wirtsleute inmitten der vierten Pandemie-Welle. Wie in der Vergangenheit treffen die damit einhergehenden Beschränkungen die Gastronomen besonders hart. Der bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hat seinen Unmut darüber bereits in einer Pressemitteilung am vergangenen Freitag ausgedrückt. Zu dem Zeitpunkt war klar, dass die Krankenhausampel am Samstag von grün auf gelb umschlagen würde. Nun hat sie sich innerhalb nur weniger Tage abermals umgeschaltet und steht nun auf rot. Für die Gastronomie im Landkreis bedeutet das: Es gilt nun vorerst 3G+.

Nach Protesten müssen aber nur noch die Gäste einen PCR-Test vorweisen, Mitarbeiter haben die Wahl zwischen einem zweimal wöchentlichen PCR- und einem täglichen Antigen-Schnelltest. Der Dehoga-Dachverband hatte die Sorge geäußert, für ungeimpftes Personal könnten die kostspieligeren PCR-Tests auf Dauer so teuer werden, dass die Beschäftigten in den Einzelhandel abwandern, wo weniger strenge Regeln gelten - und das, obwohl dem Gastgewerbe bayernweit ohnehin rund 50 000 Stellen fehlen.

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Die einen haben schon auf 2G umgestellt, die anderen bleiben vorerst bei 3G+

Über Personalmangel klagen zwar auch einige Dachauer Gastronomen, für die Maßnahmen haben sie dennoch größtenteils Verständnis. "Es muss einfach sein", da gibt es für Gabi Eser nichts dran zu rütteln. Sie ist stellvertretende Dehoga-Kreisvorsitzende und Wirtin der Schlossbrauerei Odelzhausen. Wenn "die Vernunft der Menschen teilweise zu wünschen übrig lässt", dann führe kein Weg an strengeren Regeln vorbei, so sieht das Eser. Sie selbst habe für ihre Wirtschaft schon im Oktober die 3G+-Regelung eingeführt und sei nun am Wochenende auf 2G umgestiegen. Weil ihr Personal durchweg geimpft sei, könne sie sich das erlauben. Macht sie sich also anders als der Dehoga-Dachverband keine Sorgen um die Zukunft ihrer Zunft? "Sorgen um's Gastgewerbe machen wir uns schon seit 20, 30 Jahren", lautet Esers nüchterne Antwort.

Ähnlich sieht das Werner Braun. Er betreibt den Huberwirt in Wiedenzhausen und sitzt wie Eser im Vorstand des Dehoga-Kreisverbands. Zwar hat er eine Angestellte, die sich bislang nicht impfen lassen will. Aber weil sie schon Jahre für ihn arbeitet, hatte er sich mit ihr darauf geeinigt, dass sie sich die Kosten für die zwischenzeitlich erforderlichen PCR-Tests teilen. Damit die übrige Belegschaft nicht über Bevorteilung murrt, zieht er ihr die Zeit, die sie zur Durchführung eines Tests braucht, von der Arbeitszeit und damit vom Gehalt ab. Er wolle das nicht als Strafe verstanden wissen, sagt Braun, "aber es muss schon ein bisschen wehtun".

Andrea Schneider ist froh, dass all ihre Mitarbeitenden, von denen viele schon seit Jahren im Zieglerbräu tätig sind, geimpft sind und ihr dies auch freiwillig mitgeteilt haben. Mit einigen, die zu Beginn etwas zögerlich gewesen seien, habe sie selbst bereits im Sommer das Gespräch gesucht und sie so vom Nutzen der Impfung überzeugen können. Obwohl sie sich also - anders als von der Dehoga befürchtet - keine Sorgen um ungeimpfte Mitarbeiter machen muss, die keine Tests bezahlen wollen und sich deshalb andere Jobs suchen, fehlt es ihr derzeit an Personal.

Daran sei zwar nicht allein die Pandemie schuld - ein Kollege habe aus ganz anderen Gründen aufgehört -, allerdings sei es coronabedingt derzeit schier unmöglich, Ersatz zu bekommen. Ein Job in der Gastronomie sei für viele zu ungewiss. Für Schneider war das letztlich der Grund, warum sie zwei Ruhetage statt nur einem eingeführt und die Öffnungszeiten verkürzt hat. Ob das auf Dauer rentabel sei, werde sich wohl erst mit der Zeit zeigen, sagt Schneider. Ihr Glück sei, dass sie mit dem Hotelbetrieb und den Veranstaltungen, die im Zieglerbräu stattfinden, mehr als ein Standbein hat, auf das sie bauen kann.

Die PCR-Testpflicht für die Belegschaft wurde am Mittwoch mit der Sitzung des Bayerischen Kabinetts gekippt, für Gäste gilt sie indes weiter. Für Werner Braun bedeutet das: Er lässt die Nachweise seiner Kundschaft weiterhin akribisch prüfen. Anders als Wirtskollegin Eser will er aber nicht auf 2G umstellen, es bleibt bei 3G+. "Ich will das nicht zu sehr verkomplizieren", so Braun. Immerhin seien die Kontrollen ohne Sonderregeln schon mühselig genug, auch wenn die meisten Gäste durchaus verständnisvoll reagierten. "Diskussionen lassen wir aber auch nicht zu", sagt Braun. Wer nicht einmal einen Test vorweisen kann, der muss wieder gehen.

Auch Schneider muss immer mal wieder Gäste nach Hause schicken - obwohl ihr dadurch Umsatz entgeht. Von 100 Gäste, so schätzt sie, seien aber im Schnitt etwa fünf weder geimpft noch genesen oder getestet. Dass es nötig sei, diese wegzuschicken, dafür hat sie grundsätzlich Verständnis. Zwei Dinge allerdings stören sie dennoch: Zum einen die "Ungleichbehandlung verschiedener Dienstleister". Immerhin sei die Gastronomie im allgemeinen doch bislang nicht als "Infektionshotspot" aufgefallen.

Zum anderen stört sie, dass die Einhaltung der Regeln bislang viel zu wenig kontrolliert worden ist. Klar sei doch: "Es gibt immer ein paar schwarze Schafe." Sie selbst sei zwar noch nicht in einem Lokal gewesen, wo sie nicht kontrolliert worden sei. Allerdings würden sich Gäste immer wieder verwundert über die strengen Kontrollen im Zieglerbräu zeigen. Irgendwo muss es also Kollegen geben, die es nicht ganz so genau nehmen. Bislang, so allerdings Schneiders Kritik, drohe das Landratsamt nur mit Kontrollen, in der ganzen Zeit seit Beginn der Pandemie sei sie selbst jedoch nur ein einziges Mal kontrolliert worden - und das sei ganz zu Beginn gewesen. Kollege Braun fordert zwar nicht direkt schärfere Kontrollen, aber auch er hätte kein Problem damit, wenn Landrat Stefan Löwl (CSU) seine Drohung, von nun an verstärkt zu kontrollieren, einlöst: "Kann er machen."

Schneider fordert nicht, dass ein Wirt oder eine Wirtin, nur weil ihm oder ihr vielleicht einmal jemand bei der Kontrolle "durchgerutscht" ist, gleich eine Strafe zahlen muss. Gleichwohl müssten aber die, die sich absichtlich nicht an die Regeln hielten, abgestraft werden. Das hat auch der Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag noch einmal bekräftigt und als Konsequenz auch "vorübergehende Schließungen" nicht ausgeschlossen.

© SZ vom 10.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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