Virusbekämpfung in Altomünster:Schulverband lehnt Luftfilter ab

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Die Schulen in Altomünster sollen nicht mit Luftfiltern ausgestattet werden. Das hat der Schulverband entschieden. (Foto: dpa)

Die Grund- und Mittelschule in Altomünster soll stattdessen raumlufttechnische Anlagen bekommen - allerdings erst nach Ende dieses Schuljahrs. Der Elternbeiratsvorsitzende übt heftige Kritik

Von Horst Kramer, Altomünster

Der Schulverband Altomünster hat sich gegen mobile Luftfilter in der Grund- und Mittelschule ausgesprochen. Stattdessen will das Gremium so genannte raumlufttechnische Anlagen (auch als RLT-Anlagen bekannt) anschaffen, so die einstimmige Entscheidung in der jüngsten Sitzung. Bürgermeister Michael Reiter (FWG) hatte zuvor ausführlich das Für und Wider der beiden technischen Lösungsansätze erläutert, unterstützt von seinem Amtskollegen aus Hilgertshausen-Tandern, Markus Hertlein (WGHT). Reiter ist Schulverbandsvorsitzender, Hertlein sein Stellvertreter. Denn auch Kinder und Jugendliche aus Hilgertshausen-Tandern besuchen die Schule. Beide hatten schon im Sommer die Wirksamkeit von mobilen Lüftungsgeräten angezweifelt.

Die Luftfilter sollen Viren aus der Luft eines Klassenzimmers fischen, RLT-Anlagen hingegen für Frischluft sorgen, stellte Reiter den grundsätzlichen Unterschied klar. Wie wirksam die Luftfilter sind, sei nach wie vor umstritten, so der Verbandsvorsitzende. Er verwies auf einen SZ-Bericht vom 18. Oktober, in dem die Doppelrolle von Professor Christian Kähler, Leiter des Instituts für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Hochschule der Bundeswehr München, thematisiert wird: Kähler bestätigte öffentlich mehrfach die Wirksamkeit der Geräte, seine Forschungen werden allerdings von Geräteherstellern finanziert. "Ein Luftfilter erspart weder Lüften noch Masken tragen", betonte der Altomünsterer Rathauschef. Er erzählte von der Anlage im Sitzungssaal des Kreistags, in dessen unmittelbarer Nähe er sitzt: Die mache richtig Lärm. Inzwischen werde sie nur noch "alibimäßig" angeschaltet.

"Wir können uns nicht leisten, dass wir jetzt teure Geräte anschaffen, die wir nach der Pandemie nicht mehr gebrauchen können und die als Elektroschrott bei uns herumstehen", erklärte Reiter. Zumal es mit der staatlichen Förderung auch nicht weit her sei. Denn die betrage nicht fünfzig Prozent, wie von der Staatsregierung dargestellt, sondern sei bei 1750 Euro pro Gerät gedeckelt. Zudem sei mit hohen Folgekosten zu rechnen, unter anderem wegen des regelmäßig nötigen Austauschs der Filter, RLT-Anlagen seien hingegen eine sinnvolle Anschaffung, so der Altomünsterer Rathauschef. Denn sie sorgten für viele Jahre für ein gesundes Raumklima. Der Einbau in die Oberlichter der Klassenzimmer und Fachräume sei unproblematisch. "Zusätzliches Lüften ist nicht notwendig", betonte Reiter. Ein weiterer großer Vorteil sei, dass die ausströmende Luft im Winter auf Knopfdruck die einströmende Luft aufwärmen, im Sommer kühlen könne. "Wenn wir PVA-Module auf das Dach setzen, können wir den Strom für ihren Betrieb selber erzeugen", meinte Reiter.

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Hertlein ergänzte, dass der Einbau einer zentralen Lüftungsanlage in dem rund fünfzig Jahre alten Gebäude im Grunde nicht möglich sei. Es sei also eine dezentrale Anlage zu bevorzugen. Immerhin 42 Systeme muss der Schulverband anschaffen, auf rund eine Million Euro schätzen die Rathauschefs die Kosten, zirka die Hälfte wird voraussichtlich der Staat übernehmen. Voraussichtlich können die Anlagen nach dem Ende des aktuellen Schuljahrs installiert werden.

Hier hakte sich der Elternbeiratsvorsitzende Christian Ofer ein: "Das heißt ja, dass es in diesem Winter wieder keine Lösung gibt", monierte er. "Die Diskussion zu Lüftungssystemen läuft nun schon seit eineinhalb Jahren. Die politisch Verantwortlichen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, warum so lange nichts getan worden ist." Reiter wies die Kritik zurück: "Den Schuh ziehe ich mir nicht an. Wir beschäftigen uns seit neun Monaten mit dem Thema." Auch die Experten seien sich nicht einig gewesen. Ofer bat den Rathauschef, den Stand der Dinge den Eltern zu erklären. "Bei der Elternsitzung gab es hitzige Diskussionen". Die Rektorin Ute Weiß, schloss sich Ofer an und verwies auf den Informationsbedarf ihres Kollegiums.

Reiter wollte sich darauf nicht einlassen, er sagte weder explizit ab, noch zu. Eine Nachfrage der Dachauer SZ im Rathaus brachte ebenfalls keine Aufklärung. Reiter erinnerte während der Sitzung an die anstehenden Bürgerversammlungen, die er bis Anfang Dezember im Gemeindegebiet durchführen wird: "Da werden Raumlüfter sicherlich ein Thema sein." Für die aufgeheizte Atmosphäre machte der Altomünsterer Rathauschef den CSU-Ministerpräsidenten verantwortlich: Der habe im Juni den Einbau von Lüftungsgeräte bis nach den Sommerferien angekündigt, wohl wissend, dass weder die Hardware noch die nötigen Techniker zur Verfügung gestanden hätten.

© SZ vom 09.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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