Dachau:Tests für Selbermacher

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Vor der Meditation kommt erst noch ein kleiner Nervenkitzel: Die Dachauer Yoga- und Pilateslehrerin Stefanie Trapp kontrolliert, ob alle Selbsttests negativ sind, bevor die Teilnehmenden auf die Matte dürfen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Zahlreiche Veranstalter bieten an, sich vor Ort selbst zu testen, um der 2-G-Plus-Regel zu genügen. Das erspart Schlangestehen vor Teststationen. Doch was, wenn das Ergebnis plötzlich positiv ist?

Von Katja Gerland und Jessica Schober, Dachau

Als Renate Jaczek neulich ein Theaterstück im Ludwig-Thoma-Haus anschauen wollte, da fühlte sie sich eigentlich ganz gut gewappnet. Die Sozialpädagogin ist geimpft, genesen und sie hatte auch einen eigenen Schnelltest mitgebracht, mit dem sie sich vor der Theaterkasse unter ärztlicher Aufsicht auf das Coronavirus testen wollte, um der 2-G-Plus-Regel zu genügen. Bei der Arbeit testet sich Jaczek regelmäßig selbst, also strich sie routiniert mit dem Wattestäbchen ihren Nasen-Rachenraum ab.

Doch dann erschien auf der Testkassette plötzlich ein blasser zweiter Strich. "Na super", dachte Jaczek schicksalsergeben und fragte sich: Ist der Test nun positiv oder falsch-positiv? Sofort wichen einige der anderen Wartenden sternförmig vor Jaczek aus, erzählt sie. Ein zweiter Test des anwesenden Mediziners fiel sogleich negativ aus, dennoch schickte der Arzt sie zum PCR-Testzentrum nach Indersdorf. Einer Bekannten in der Theaterschlange rief sie noch aus der Ferne zu: "Ich kann nicht reingehen, mein Test ist positiv."

Daheim machte Jaczek noch zwei weitere Schnelltests - alle negativ. Auch ihr PCR-Test-Ergebnis, das sie nach zwei Tagen endlich erhält, war negativ. Sie muss also davon ausgehen, dass ihr Test vorm Theater bloß falsch-positiv war. Solche Erfahrungen hatte sie schon mit fünf anderen Test aus dieser Packung bei ihrer Arbeitsstelle gemacht. "Für mich ist jetzt nicht die Welt untergegangen, aber ich habe mich natürlich geärgert, dass ich an dem Abend nicht ins Theater konnte", sagt Jaczek. Dass das Selbsttesten vor Ort einige Fallstricke mit sich bringt, merken inzwischen immer mehr Veranstalter und Unternehmer.

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Eine von denen, die Selbsttests vor Ort anbieten, ist die Dachauer Yoga- und Pilateslehrerin Stefanie Trapp. Rund 500 Euro hat sie investiert, um auch jenen Kunden einen Test zu ermöglichen, die keinen mehr vorab besorgen konnten. Wenn ihre Kursteilnehmenden ins Studio kommen, müssen sie sich im Vorraum unter Trapps Aufsicht selbst testen. Auf ihre Ergebnisse warten die Kunden mit Abstand und Maske. Erst dann dürfen sie weiter in den Mattenraum gehen. "Bisher war zum Glück noch kein einziger positiver Test dabei", erzählt Trapp. Sie sei froh, dass sie auf diesem Wege ihr Studio überhaupt geöffnet halten könne, auch wenn das Prozedere für sie einen enormen Zeitaufwand bedeutet. "Für mich fallen die Pausen zwischen den Kursen weg, weil ich die Tests beaufsichtigen und alles dokumentieren muss", sagt Trapp. Einer älteren Kursteilnehmerin half sie auch persönlich dabei, die Flüssigkeit auf die Testkassette zu träufeln. "Wenn jemand jetzt erst kurz vor knapp zum Kurs kommt, dann fällt es mir schwer, mich auf der Matte zu entspannen." Letztlich sei ihr das alles aber lieber als ein neuerlicher Lockdown.

In naher Zukunft könnte es zumindest nach der dritten Impfung entspannter zugehen. Derzeit wird debattiert, ob die Testpflicht wieder ausgesetzt werden könnte für Menschen, die bereits eine Booster-Impfung erhalten haben. Das ist etwa in Niedersachsen und Baden-Württemberg bereits der Fall. Bis dahin sind Bürgerinnen und Bürger in Bayern jedoch weiterhin auf Testmöglichkeiten angewiesen. Und da die Wartezeiten bei offiziellen Teststellen lang und Termine rar sind, greifen viele zum Selbsttest.

Wer den Selbsttest unter Aufsicht im Landkreis anbietet, ist allerdings nur schwer zu überblicken. "Darüber haben wir keine Informationen", sagt Sina Török, Sprecherin des Dachauer Landratsamts. Eine Dokumentation der Selbsttest-Anbieter gebe es nicht; ebenso ist nicht festgehalten, welchen Anteil diese neben PCR- und Schnelltest an der 2-G-Plus-Regel ausmachen. Der Grund: Ob Selbsttests vor Ort als Alternative zu Schnell- und PCR-Test angeboten werden, können Veranstalter und Unternehmen ohne Zutun des Landkreises selbst bestimmen. "Das hängt allein davon ab, ob ein Veranstalter es stemmen kann, die Selbsttests zu dokumentieren", sagt Török. Weitere Voraussetzungen gebe es nicht.

So kann das Personal den Mund- oder Nasenabstrich auch ohne medizinische Fachkenntnisse beaufsichtigen; die Tests können von den Besuchern mitgebracht oder vom Betreiber bereitgestellt werden. Allerdings ist das Testergebnis zweckgebunden. Folgt etwa nach dem Yoga-Kurs noch ein Kinobesuch, ist das negative Ergebnis für Letzteren also nicht mehr gültig.

Jürgen Neumairs Angestellte können ihren Test am Arbeitsplatz hingegen für weitere Anlässe nutzen. Seit Kurzem bietet der Geschäftsführer des Aufzugbauers Butz & Neumair in Bergkirchen eine Schnelltest-Station auf seinem Firmengrund an. In Kooperation mit einem Erdinger Schnelltest-Betreiber führt medizinisch geschultes Personal dort Antigentests durch, die dann für 24 Stunden gültig sind. Neben den 160 Mitarbeitern können sich zudem Bürgerinnen und Bürger vor Ort schnelltesten lassen.

Als die Testpflicht für ungeimpfte Arbeitnehmer kam, wollte Neumair seinen Angestellten die schwierige Testsituation schlichtweg nicht mehr zumuten. Es sei nicht nur "katastrophal", einen Testtermin zu finden. "Vor Ort stehen sich die Leute dann die Füße in den Bauch", sagt Neumair. Erschwerend komme bei dem Aufzugbauer hinzu, dass seine Mitarbeiter Aufzüge in Krankenhäusern einbauen, die auch bei Geimpften und Genesenen einen negativen Schnelltest fordern. Also kontaktierte er den Erdinger Schnelltest-Betreiber. Sieben Tage habe es gedauert, bis die Teststation bei dem Bergkirchener Unternehmen stand. Seit einer Woche ist sie nun in Betrieb und läuft langsam aber sicher an. "Der organisatorische Aufwand war riesengroß." Schließlich brauchte die Teststation Strom, Internet und ausreichend Parkplätze. "Aber wenn man die Zähne zusammenbeißt und durchzieht", so Neumair, "dann klappt das." Den Aufwand würde er jedenfalls immer wieder in Kauf nehmen.

© SZ vom 14.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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