Der Fall Moussa Nomoko:Grüne verurteilen Abschiebung

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Kreisvorstand übt heftige Kritik an Landrat und Ausländeramt

Von Christiane Bracht, Dachau

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer und der Kreisvorstand ihrer Partei ist entsetzt: "Wir verurteilen die Umstände bei der Zurückschiebung des Geflüchteten Moussa Nomoko scharf", schreiben sie in einer Stellungnahme. Die Gesamtschau der Umstände dieses Falles seien nur schwer zu ertragen. Moussa Nomoko sei doch immerhin nach Angaben seines Betreuers beim Asylhelferkreis "ein gelungenes Vorbild für Integration" gewesen, ihn dann zu einem vermeintlichen Gespräch ins Landratsamt vorzuladen, nur um ihn dort von der Polizei in Handschellen in Gewahrsam nehmen zu lassen, ohne zuvor die Frage zu klären, ob er überhaupt einen Fluchtversuch unternehmen würde, lege laut Walter-Rosenheimer einen "bemerkenswerten Mangel an Empathie offen". "Es stimmt mich befremdlich, dass gewisse Mitarbeiter*innen des Landratsamtes Dachau auf solche Täuschungsmethoden zurückgreifen beziehungsweise daran mitwirken", so die Abgeordnete.

Landrat Stefan Löwl (CSU) berief sich mehrfach auf die Gesetze, an die er gebunden sei. Walter-Rosenheimer hält dem entgegen: "Gesetze sind auch immer Auslegungssache." Man könne durchaus eine Entscheidung treffen, wie mit einem Menschen individuell umgegangen werde und versuchen zu deeskalieren. "Das Verhalten der zuständigen Behörde ist für uns nur schwer mit den Grundsätzen des Verwaltungshandelns vereinbar und darüber hinaus geeignet, das Ansehen der Behörde bei den Bürger*innen nachhaltig zu schädigen", hält die Grüne dem Dachauer Ausländeramt vor. Sie fürchtet, dass dies dazu führen werde, dass die Flüchtlinge nicht mehr freiwillig zu den Ämtern kommen, weil sie Angst vor einer "Blitz-Abschiebung" hätten und so das eigene Asylantragsverfahren gefährdeten. "Wir fordern den Landrat deshalb dazu auf, sich von dieser Praxis bei der Zurückschiebung von Geflüchteten ausdrücklich zu distanzieren und diese zu beenden", so der Appell.

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Damit wolle sie Landrat Löwl nicht in Abrede stellen, dass er sich nicht sehr für Flüchtlinge einsetze, so Walter-Rosenheimer. Aber sie wolle auch, dass sich dies so nicht wiederhole, sodass es nicht diesen brutalen Aspekt habe.

Der Fall zeige jedenfalls deutlich, dass Deutschland ein gutes Einwanderungsgesetz brauche, das die Möglichkeit lasse, im Individualfall zu entscheiden, schon angesichts der vielen fehlenden Fachkräfte. Wenn jemand eine Wohnung habe und Arbeit und der Arbeitgeber dafür einstehe, "warum soll der nicht bleiben dürfen?" - zumindest solange, wie er die Stelle habe, fragt sich Walter-Rosenheimer. Wenn die Grünen in Regierungsverantwortung kämen, würde sie dafür kämpfen, dass die Gesetze entsprechend geändert würden.

© SZ vom 06.08.2021 / cb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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