SZ-Serie: Hinter den Masken:Erschreckender Mangel in den Kliniken

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Volkswirtin Beatrix van den Boom leitet das "Medizet". (Foto: Stephan Rumpf)

Beatrix van den Boom kümmert sich um Tests und Medikamente für die München Klinik. In Corona-Zeiten muss sie viel improvisieren und organisieren.

Von Anna Hoben

Das Medizet ist ein eigenes Unternehmen im Unternehmen. Die Abkürzung steht für "medizinisches Dienstleistungszentrum", dazu gehören die klinikeigene Apotheke, die Labore, die Sterilgutversorgung und die Pathologie. 430 Menschen arbeiten im Medizet der München Klinik, allein bei der Apotheke sind rund 100 Mitarbeiter beschäftigt. Sie alle haben zwar nicht unmittelbar mit den Patienten im Krankenhaus zu tun. "Ohne uns geht aber natürlich auch nichts", sagt Beatrix van den Boom. Die Volkswirtin leitet das Medizet.

Dem kommt gerade in der aktuellen Corona-Krise eine große Bedeutung zu. Das fängt damit an, dass sie in der Apotheke das Handdesinfektionsmittel selbst herstellen. "Wir befinden uns in einer unglaublichen Mangelverwaltung", sagt van den Boom, 50. Die Versorgung mit Desinfektionsmittel ist nun gesichert. Doch bei anderen Dingen sieht es anders aus. Der Arzneimittelmangel ist ja auch früher schon immer wieder Thema gewesen. "Jetzt ist das besonders relevant." Im Medizet sind sie gerade ständig dabei, Arzneimittel und Produkte zu organisieren.

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Sie fragen im Großhandel nach: Wo gibt es was? Mit den Kliniken klären sie, auf welche Ersatzprodukte sie zurückgreifen können. Manches, was nicht lieferbar ist, können sie selber herstellen - wie eben das Desinfektionsmittel. Aber nicht für alles gebe es eine Lösung, sagt van den Boom. Der Mangel habe sie erschreckt. Die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten - eine "Schattenseite der Globalisierung". Sie wünsche sich, dass in Zukunft besser überlegt werde, was man im eigenen Land vorhalten müsse, und erhoffe sich "andere Impulse" von der Gesundheitspolitik. "Anders als in der Vergangenheit, als es immer nur hieß, wir haben zu viele Kapazitäten."

In der Pandemie ist das Medizet auch für den kurzfristigen Aufbau der eigenen Testkapazitäten zuständig gewesen. Jeder Patient, der stationär aufgenommen wird, bekommt einen Test auf Corona. Auch die Mitarbeiter werden regelmäßig getestet. Die Kapazitäten nach oben zu schrauben, sei nicht einfach gewesen. Weil die Molekulardiagnostik im Medizet bisher keine allzu große Rolle gespielt habe und es ja keine Geräte mehr zu bestellen gab. Letztlich sei das aber gut gelungen, etwa 500 Tests machen sie zurzeit pro Tag. Zum Teil arbeiten sie auch mit anderen Laboren zusammen, um den Bedarf decken zu können.

Auch van den Booms Mann hat einen systemrelevanten Beruf, er arbeitet ebenfalls in der München Klinik. Die beiden Kinder, achte und neunte Klasse, sind deshalb zurzeit allein zu Hause. Auch wenn sie sich tagsüber immer wieder austauschen - sie macht sich schon Gedanken, wie das für die Kinder ist, sich nun selbst organisieren zu müssen. "Das ist schon eine außerordentliche Situation, die einen auch privat sehr fordert." Nur was die Verpflegung betrifft, da ist sie sich ziemlich sicher: Ihre Kinder sind tagsüber wahrscheinlich besser versorgt als sie selbst.

© SZ vom 23.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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