Corona-Maßnahmen:Ventilatoren und Getränke für Flüchtlinge in Quarantäne

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Politiker wollen die Situation in den Gemeinschaftsunterkünften verbessern. Beobachter berichteten zuvor, dass insbesondere in den Containern Temperaturen von bis zu 50 Grad gemessen würden.

Von Thomas Anlauf

Hunderte Menschen, die in Münchner Flüchtlingsunterkünften in strenger Quarantäne ausharren müssen, erhalten nun Beistand aus der Politik. Gülseren Demirel, Landtagsabgeordnete der Grünen, hat nach einem Bericht der SZ mit Regierungspräsidentin Maria Els gesprochen, um zu klären, wie den Menschen akut geholfen werden kann. Zahlreiche Geflüchtete leben unter anderem in der Funkkaserne am Frankfurter Ring oder in Container-Anlagen und dürfen wegen der Ausgangsbeschränkungen ihre Zimmer lediglich für kurze Zeit pro Tag verlassen. Beobachter hatten berichtet, dass insbesondere in den Containern Temperaturen von bis zu 50 Grad herrschten. Regierungspräsidentin Els habe sich "persönlich der Sache angenommen", sagte Demirel am Mittwoch der SZ.

So sollen nun die Zimmer in den Unterkünften mit Ventilatoren ausgestattet werden, zudem sollen ausreichend Getränke und Gerichte für die in Quarantäne lebenden Menschen bereitgestellt werden. In der kommenden Woche will sich die Grünen-Sprecherin für Integration, Flucht und Asyl im Landtag direkt ein Bild von der Situation in der staatlichen Unterkunft der Funkkaserne machen. So fordert sie unter anderem, dass die Möglichkeit, auch während der Quarantäne an die frische Luft zu gehen, deutlich ausgeweitet wird.

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Die Grünen fordern deshalb von Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs Aufklärung, welche Anweisung es für die Quarantäne in Gemeinschaftsunterkünften gibt. Nach Ansicht von Experten widersprächen die strengen Auflagen den dringenden Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Demnach habe "vor dem Hintergrund des hohen Ausbruchpotenzials die frühzeitige Identifikation und Information aller Risikopersonen und deren separate Unterbringung, in der die medizinische Versorgung sichergestellt ist", hohe Priorität. Neben der psychischen Belastung und der Gesundheitsrisiken haben viele Geflüchtete in Quarantäne noch ein weiteres Problem: "Viele verlieren jetzt auch ihre Jobs, wenn sie nicht arbeiten können", sagt Stadträtin Pilz-Strasser.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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