Hunderte Menschen, die in Münchner Flüchtlingsunterkünften in strenger Quarantäne ausharren müssen, erhalten nun Beistand aus der Politik. Gülseren Demirel, Landtagsabgeordnete der Grünen, hat nach einem Bericht der SZ mit Regierungspräsidentin Maria Els gesprochen, um zu klären, wie den Menschen akut geholfen werden kann. Zahlreiche Geflüchtete leben unter anderem in der Funkkaserne am Frankfurter Ring oder in Container-Anlagen und dürfen wegen der Ausgangsbeschränkungen ihre Zimmer lediglich für kurze Zeit pro Tag verlassen. Beobachter hatten berichtet, dass insbesondere in den Containern Temperaturen von bis zu 50 Grad herrschten. Regierungspräsidentin Els habe sich "persönlich der Sache angenommen", sagte Demirel am Mittwoch der SZ.
So sollen nun die Zimmer in den Unterkünften mit Ventilatoren ausgestattet werden, zudem sollen ausreichend Getränke und Gerichte für die in Quarantäne lebenden Menschen bereitgestellt werden. In der kommenden Woche will sich die Grünen-Sprecherin für Integration, Flucht und Asyl im Landtag direkt ein Bild von der Situation in der staatlichen Unterkunft der Funkkaserne machen. So fordert sie unter anderem, dass die Möglichkeit, auch während der Quarantäne an die frische Luft zu gehen, deutlich ausgeweitet wird.
Flüchtlingsunterkünfte:Quälende Quarantäne
Hunderte Geflüchtete müssen derzeit wegen der Corona-Pandemie in überhitzten Unterkünften leben. Nur 30 Minuten dürfen sie täglich an die frische Luft, berichten Helfer.
Heftige Kritik von Sozialverbänden und Flüchtlingshelfern gibt es an der herrschenden Praxis, dass Geflüchtete, die mit dem Coronavirus infiziert sind, gemeinsam mit Nichtinfizierten, die lediglich Kontaktpersonen von Erkrankten waren, in einer Einrichtung leben. Die Münchner Stadtratsfraktion der Grünen bereitet deshalb eine Anfrage vor, damit die betroffenen Menschen in den Unterkünften nicht unnötig unter den strengen Quarantäne-Maßnahmen leiden müssen. "Es darf ja nicht sein, dass man geflüchtete Menschen strenger behandelt als die restliche Bevölkerung", sagt Stadträtin Angelika Pilz-Strasser. Gerade die wochenlange Isolierung mit oftmals traumatisierten Menschen sei "fast schon unterlassene Hilfeleistung". Für die Grünen-Stadträtin, die hauptberuflich Ärztin ist, bleibt es unverständlich, dass auch gesunde Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften unter Quarantäne bleiben müssten.
Die Grünen fordern deshalb von Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs Aufklärung, welche Anweisung es für die Quarantäne in Gemeinschaftsunterkünften gibt. Nach Ansicht von Experten widersprächen die strengen Auflagen den dringenden Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Demnach habe "vor dem Hintergrund des hohen Ausbruchpotenzials die frühzeitige Identifikation und Information aller Risikopersonen und deren separate Unterbringung, in der die medizinische Versorgung sichergestellt ist", hohe Priorität. Neben der psychischen Belastung und der Gesundheitsrisiken haben viele Geflüchtete in Quarantäne noch ein weiteres Problem: "Viele verlieren jetzt auch ihre Jobs, wenn sie nicht arbeiten können", sagt Stadträtin Pilz-Strasser.