Kolumne "Hertzkammer":Elektrisierender Zauberer

Lesezeit: 1 min

Stilistisch vielseitiger Elektronik-Allrounder: Carl Craig. (Foto: Cristian Di Stefano)

Mit dem 54-jährigen Carl Craig kommt eine Legende des Detroit-Techno in den Blitz Club.

Von Martin Pfnür

Als sich Mitte der Achtziger drei alte Highschool-Freunde aus der Detroiter Vorstadt Belleville daran machen, eine neue Musik zu erfinden, ist der Teenager Carl Craig noch primär mit seiner Gitarre beschäftigt. Aber wie das nun mal so ist, wenn etwas Sensationelles vor der Haustür passiert, dringt die frohe Kunde von den Belleville Three natürlich auch in die innerstädtischen Gefilde Detroits durch, wo alsbald eine Gitarre Staub anzusetzen beginnt, weil ihr Besitzer nun ganz andere Pläne verfolgt.

Doch der Reihe nach. Die Belleville Three, das waren und sind die drei DJs und Produzenten Derrick May, Juan Atkins und Kevin Saunderson, die sich bereits während ihrer Schulzeit ebenso für die kühle Maschinenmusik von Kraftwerk wie für den famos groovenden Funk George Clintons und seiner Kollektive Parliament und Funkadelic begeistern. Und so entsteht (während sich in Chicago der Chicago-House aus der Disco-Music herausschält) im bereits erlahmenden Autoindustriestandort Detroit eine kühne elektronische Fusionsmusik, die in bester afrofuturistischer Manier etwas zusammenführt, was man so erst mal zusammenführen muss.

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Für Carl Craig ist dieser neue Sound, den Juan Atkins auf den Namen "Techno" taufen sollte, die Initialzündung. Völlig entflammt von einer Radiosendung Derrick Mays, nimmt er die Fährte der Pioniere auf, und kreiert 1989 allein am Synthesizer (für eine Drummachine fehlt im noch das nötige Kleingeld) seinen atmosphärisch sirrenden ersten Track "Neurotic Behavior", den er May über Umwege zukommen lässt.

Seither ist viel passiert. Als einstiger Zauberlehrling der Belleville Three und Vorreiter der zweiten Detroit-Techno-Generation hat der heute 54-Jährige als DJ, Produzent und Remix-Virtuose unter diversen Pseudonymen eine Vielzahl an Ausdrucksformen der elektronischen Musik durchdekliniert und mitdefiniert. Von Ambient und Breakbeat, House und modularen Synthie-Frickeleien, bis hin zu opulenten Techno-meets-Klassik-Projekten wie jenes für die Deutsche Grammophon, mit dem er sich zusammen mit Moritz von Oswald Ravel und Mussorgski zuwendet. Wie schlüssig all diese stilistische Umtriebigkeit zusammenwirken kann, lässt sich etwa auf Craigs feiner Mix-Serie "Detroit Love" erfahren - noch besser aber auf dem Dancefloor des Blitz Clubs.

Carl Craig, Freitag, 21. Juli, Blitz Club , Museumsinsel 1

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