Ukraine-Flüchtlinge und Asylbewerber:Caritas kritisiert "Zwei-Klassen-Umgang" mit Vertriebenen

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Mitarbeiterinnen der Caritas standen im März am Münchner Hauptbahnhof, um Frauen und Männer aus der Ukraine zu empfangen. (Foto: Sven Hoppe/picture alliance/dpa)

Der Umgang mit Menschen aus der Ukraine zeige, dass eine unkomplizierte Aufnahme möglich sei, sagt Direktor Hermann Sollfrank. Doch Arbeit, Sozialleistungen und Integrationsangebote sollten allen Flüchtlingen offenstehen.

Von Konstantin Rek

Der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising sieht sich vor großen Herausforderungen. Direktor Hermann Sollfrank sprach in Anbetracht des Ukraine-Kriegs, der steigenden Energiekosten und der Pandemie von "einer schweren Belastungsprobe". Insbesondere richtet Sollfrank seinen Blick auf die vielen Ukrainerinnen und Ukrainer, die nach Deutschland geflüchtet sind. Die Solidarität und der Umgang mit diesen zeige, dass es möglich sei, "Vertriebene menschenwürdig zu behandeln, sie schnell und unkompliziert aufzunehmen und zu integrieren". Er bezieht sich dabei auch auf die Massenzustrom-Richtlinie der Europäischen Union. Diese ermöglicht Menschen aus der Ukraine, ohne ein Asylverfahren sofort am Arbeitsmarkt, an Integrationskursen oder Gesundheitsleistungen in Deutschland teilzunehmen.

Diese Regelung gilt bisher aber nur für Geflüchtete aus der Ukraine, die Caritas übt daher Kritik: "Es darf keinen Zwei-Klassen-Umgang mit Menschen auf der Flucht geben", fordert Sollfrank. Flüchtende aus Ländern wie beispielsweise Ruanda, Afghanistan und Syrien solle man gleich achten und behandeln. Die Forderungen der Caritas an die Politik sind deswegen klar: Jeder Geflüchtete soll in Deutschland unter anderem arbeiten, Sozialleistungen und Integrationsangebote erhalten oder die Familie nach Deutschland holen dürfen. Eine verbesserte Integration sei auch eine große Chance für den Arbeitsmarkt. Der Personalnotstand in Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen sei enorm, für Sollfrank muss daher das Motto "Ausländer rein" lauten.

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Steigende Inflation bedroht Mittelschicht

Deutschland sei zudem auf Zuwanderung angewiesen, damit "wir nicht unseren Wohlstand verlieren", erklärt Sollfrank. Trotzdem befürchtet die Caritas in Zukunft immer mehr Menschen in finanziellen Problemen. Die steigenden Energiekosten und die hohe Inflation seien die Gründe. Laut Caritas leben schon jetzt ungefähr 14 Millionen Menschen in und an der Grenze zur Armut. Tendenz steigend - auch in München. Täglich meldeten sich Menschen, die bald zahlungsunfähig seien, berichtet Gabriele Stark-Angermeier, Vorständin des Caritasverbandes.

In der Antonius-Küche im Glockenbachviertel sei von März bis April 2021 die Nachfrage von 100 auf 200 Portionen täglich angestiegen. Heute werden 250 Mahlzeiten ausgegeben. Damit befinde man sich laut Caritas am logistischen Maximum. Finanzielle Probleme könnten bald aber noch viel mehr Bürger haben. Es "betrifft zunehmend die Mittelschicht, aus der immer mehr Menschen abzurutschen drohen", sagt Stark-Angermeier. Die Caritas versuche, jedem zu helfen, doch man brauche mehr Unterstützung . Während die Strompreise stiegen, blieben Löhne und Sozialleistungen gleich. Hier sei die Politik gefordert.

Auch den Umgang mit der Pandemie sieht die Caritas kritisch. Hier fordert Stark-Angermeier einheitlichere Regelungen für ganz Bayern. Zudem solle die Politik jetzt schon über die Corona-Regeln nachdenken und nicht erst mit Schuljahresbeginn. Dann könne die Caritas als Betreiberin von Kitas und Altenheimen auch rechtzeitig darauf reagieren.

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