Bayerische Staatsregierung:Joint-Verbot auf der Wiesn und im Englischen Garten

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Im Besitz des Freistaats stehende Parkanlagen würden ebenfalls unter das Verbot fallen - das wären in München der Englische Garten (hier ein Joint vor der Kulisse des Monopteros), der Hofgarten und der Finanzgarten. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Kommunen sollen zudem die Möglichkeit bekommen, das Cannabis-Rauchen in bestimmten Bereichen eigenständig zu untersagen. Was der Beschluss des bayerischen Kabinetts für München bedeutet.

Von Heiner Effern und Stephan Handel

Schon in diesem Jahr soll auf dem Oktoberfest - entgegen dem frisch erlassenen Cannabisgesetz - der Konsum von Haschisch und Marihuana verboten bleiben. Die bayerische Staatsregierung will bis Pfingsten ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen, das dann für alle bayerischen Volksfeste gelten soll. Das Verbot, das für das Innere der Bierzelte sowieso schon gilt, soll auch auf deren Außenbereiche und auf alle Verkehrsflächen ausgeweitet werden.

Außerdem soll das Kiffen in der gesamten Außengastronomie verboten werden, also auch in Biergärten und Freischankflächen vor Lokalen. Im Besitz des Freistaats stehende Parkanlagen würden ebenfalls unter das Verbot fallen - das wären in München der Englische Garten, der Hofgarten und der Finanzgarten. Überdies will der Freistaat den Kommunen über eine Verordnungsermächtigung die Gelegenheit geben, weitere Zonen wie Sehenswürdigkeiten, Freibäder oder Freizeitparks von Cannabis-Konsum auszunehmen.

Die meisten Wiesnwirte hatten zuvor schon erklärt, in ihren Zelten und Biergärten keine Joints dulden zu wollen. So ging es in der Münchner Diskussion nur mehr um die Verkehrsflächen - Clemens Baumgärtner (CSU), der Wirtschaftsreferent, wollte auch dort ein Verbot, was die Rathausmehrheit aus SPD und Grünen strikt ablehnte. Sollte tatsächlich der bayernweite Volksfest-Bann kommen, wäre eine Fortsetzung des Münchner Streits unnötig.

Nach der nun gefallenen Entscheidung sagt Baumgärtner, der Beschluss schließe eine Lücke und sei erwartbar gewesen - die Wiesn sei eine Marke und eine Begegnungsstätte. Zu weiteren Verboten wollte sich Baumgärtner nicht äußern: "Ich bin nicht der Erste, der weiter Verbotszonen in der Innenstadt oder sonstwo fordert. Ich bin kein Verbotsjunkie."

"Ich halte Aufklärung und Prävention für deutlich wichtiger"

Oberbürgermeister Dieter Reiter bezieht sich in seiner Stellungnahme nicht direkt auf das Oktoberfest: "Im Gesetz der Bundesregierung ist geregelt, dass der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Nähe von Kindern und Jugendlichen nicht erlaubt ist. Ich glaube daher nicht, dass wir für öffentliche Bereiche, in denen sich regelmäßig viele Menschen, vor allem auch Kinder und Jugendliche auf engem Raum aufhalten, noch extra Regelungen brauchen. Ich halte Aufklärung und Prävention für deutlich wichtiger als unsinnige Verbote."

Der Zweite Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) kritisiert den Beschluss mit Ironie: "Mit dem heutigen Beschluss hat die CSU wieder bewiesen, dass ihre Drogenpolitik voller Widersprüche ist. Es passt nicht zusammen, den Konsum von Alkohol zu verherrlichen und gleichzeitig Cannabis zu verteufeln. Das ist keine zeitgemäße Drogenpolitik, sondern nur eine Steilvorlage für die Heute-Show."

Bei der grün-rosa Stadtratsfraktion stößt die Entscheidung der Staatsregierung auf entschiedene Ablehnung. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Clara Nitsche bezeichnete die Beschlüsse des Kabinetts als den Versuch, das Cannabisverbot durch die Hintertüre wieder einzuführen: "In München werden wir uns für einen liberalen Kurs einsetzen. Zusätzliche Verbotszonen und Schikanen lehnen wir ab." Ähnlich argumentiert die SPD-Fraktion in Person der Stadträtin Lena Odell: "Statt jetzt pauschal weitere Verbote umzusetzen, wollen wir für eine Situation sorgen, in der jeder, der Cannabis konsumieren möchte, dies auch unter Einhaltung von Recht und Gesetz tun kann."

Im Gegensatz dazu denkt die CSU offenbar schon an weitere Verbotszonen in München. Manuel Pretzl, ihr Fraktionschef im Rathaus: "Auf der Wiesn oder im vollen Biergarten kann man dem Cannabis-Rauch nicht ausweichen. In einer Metropole wie München gibt es noch weitere Orte, für die das gilt. Daher finde ich es gut, dass die Stadt selbst entscheiden kann, wo geschützte Bereiche notwendig sind. Wir erwarten, dass die Stadtverwaltung dem Stadtrat so bald wie möglich einen Vorschlag unterbreitet, der Kinder und Jugendliche vor passivem Kiffen schützt."

Die Münchner Polizei hat schon in der vergangenen Woche ihr Kontroll-Konzept für das Oktoberfest erläutert. Eine Rolle spielt dabei, dass die meisten Verstöße gegen das Cannabisgesetz Ordnungswidrigkeiten sind, nicht mehr Straftaten. Dazu teilt das Polizeipräsidium mit, es würden Straftaten, bei denen es um Leib und Leben von Menschen geht, "priorisiert und zuvorderst bearbeitet, auch entsprechend durch die Leitstelle des Polizeipräsidiums München disponiert. Einsätze, bei denen es sich lediglich um Ordnungsstörungen handelt und denen Ordnungswidrigkeiten zugrunde liegen, werden dann entsprechend zurückgestellt und nachrangig bearbeitet".

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