Buchhandel:München rückt noch näher an Italien heran

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Lehmkuhl hat jetzt eine Abteilung mit italienischen Büchern, eingeführt hat sie Anna Lisa Bertolo. (Foto: Catherina Hess)

Anna Lisa Bertolo hat im "Lehmkuhl" einen Bereich mit italienischen Büchern eingerichtet, der größer ausfällt als der mit englischsprachiger Literatur. Welche Werke sie empfiehlt - und wie die Münchnerinnen und Münchner ihr und ihren Landsleuten den roten Teppich ausrollen.

Interview von Ornella Cosenza

Die Buchhandlung Lehmkuhl in Schwabing widmet nun einen Bereich ihres Geschäfts italienischsprachigen Büchern. Initiiert hat das die dort angestellte Buchhändlerin Anna Lisa Bertolo, 54. Wie es dazu kam.

SZ: Frau Bertolo, gerade füllen sich die Regale bei Lehmkuhl mit italienischen Büchern, die Sie bestellt haben. Gibt es schon erste Reaktionen?

Erst gestern war hier eine junge Frau, die zweisprachig aufgewachsen ist und in München lebt. Sie sagte mir, ihr habe es vor allem im Kindesalter an italienischen Büchern gefehlt und dass sie italienische Lyrik lesen möchte. Sie hatte einen richtigen Nachholbedarf.

Wie sieht das Sortiment aus?

Es sind fast alle Kategorien vertreten: Kinderbücher, Belletristik, Poesie, Sachbücher zu unterschiedlichen Themen.

Auch deutsche Autoren, wie Benedict Wells oder Caroline Wahl und Juli Zeh sind dabei.

Bei der Auswahl der Titel habe ich darauf geachtet, welche Bücher bei uns ohnehin sehr gefragt sind und auf Italienisch bestellt.

Wie kam es denn dazu, dass Sie ein italienisches Eck einrichten?

Eigentlich arbeite ich im ersten Stock. Dort, wo es Kinderbücher gibt, Reiseführer und Bücher zum Thema Gesundheit und Psychologie. Oben gab es schon ein paar wenige Bücher auf Italienisch für Kinder, die ich ausgesucht hatte. In Italien hatte ich nämlich eine eigene Kinderbuchhandlung. Vor ein paar Monaten musste ich dann eine Kollegin im Erdgeschoss, bei der Belletristik, vertreten.

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Ein neues Sachgebiet.

Das war eine Herausforderung, weil ich ja eher Kinderbuchexpertin bin. Aber so sah ich, was gerade die angesagten Bestseller sind. Und da war nur eine winzige Auswahl an italienischer Literatur. Meine Chefs gaben mir freie Hand und sagten, ich dürfe gerne mehr bestellen.

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In München leben derzeit etwa 28 000 Italiener und Italienerinnen. Deutsche haben oft Italien-Sehnsucht. Wen wollen Sie erreichen?

Einerseits natürlich die Italiener in München. Solche, die vielleicht noch nicht so lange hier wohnen und sich freuen, wenn sie in der Stadt italienische Lektüre zu einem fairen Preis bekommen. Auch die, die in der zweiten oder dritten Generation hier leben. Auf der anderen Seite natürlich alle Menschen, die sich für Italien interessieren, die die Sprache sprechen.

Italophile Menschen gibt es in München viele.

München ist so nah an Italien, und die Münchner lieben das Land ja bekanntermaßen. Es gibt hier eine große Offenheit für alles, was mit der italienischen Sprache und Kultur zu tun hat.

Sie sind Italienerin, haben mehrere Jahre in Berlin gelebt. Nun wohnen Sie in München. Was fällt ihnen auf?

Man rollt uns Italienern ja den roten Teppich aus. Italienisch ist eine beliebte Sprache. Wenn die Leute hören, dass ich aus Italien komme, freuen sie sich, fangen an, ein paar Worte auf Italienisch zu sagen, erzählen von ihrem letzten Urlaub. Das war nicht immer so, und ich glaube, andere Gruppen und Sprachen haben es schwerer.

Wird es Lesungen in italienischer Sprache geben?

Die Idee gibt es. Unsere Kunden schätzen die Buchhandlung ohnehin schon für die bislang auf Deutsch regelmäßig stattfindenden Lesungen. Wir finden die Vorstellung toll, Veranstaltungen auf Italienisch anzubieten. Mehr verraten wir noch nicht. ( lacht)

Die italienische Ecke ist ja nun sogar größer als der Bereich mit der englischsprachigen Literatur. Welches Buch aus Italien empfehlen Sie?

Was ich oft empfehle, ist "L'arte della gioia" von Goliarda Sapienza. Wir haben den Roman auch auf Deutsch vorrätig: "Die Kunst der Freude".

Ein Roman, den die Autorin Mitte der 70er-Jahre fertigstellte. Warum dieses Buch?

Es ist ein besonderer Roman. Die Geschichte spielt in Sizilien, Anfang des 20. Jahrhunderts, und die Protagonistin Modesta ist mit der Art, wie sie lebt und denkt, ihrer Zeit voraus. Sie ist rebellisch, politisch engagiert, führt sexuelle Beziehungen mit Männern und Frauen, strebt nach finanzieller Unabhängigkeit.

Eine Frau, die sich nicht an Rollenbilder und Moral hält?

Die Verlage lehnten das Manuskript damals deshalb ab. Sie wurde fast boykottiert.

Und eines für Kinder?

Es gibt so viele, die ich toll finde. Aber eines, das es sowohl auf Italienisch als auch auf Deutsch gibt, ist "Speranza" von Gianni Rodari. Der deutsche Titel lautet "Hoffnung", und es basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von Rodari mit wunderschönen Illustrationen von Francesca Ballarini. Ich habe es eben bestellt.

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