Chor-Konzert in München:Die Rettung der Kirchenmusik

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Der Maestro reizt alle Potentiale aus: Peter Dijkstra und der Chor des Bayerischen Rundfunks (hier in der Nürnberger St. Lorenzkirche). (Foto: Hans von Draminski; BR)

Der Chor des Bayerischen Rundfunks errichtet "Klangkathedralen" im Prinzregententheater.

Von Klaus P. Richter, München

"Klangkathedralen" - ein exquisites Wort für ein exquisites Konzert des Chors des Bayerischen Rundfunks. Ein schönes Bild für eine Kunst der Vokalpolyphonie, die weit vor der "Wiener Klassik" im 16. Jahrhundert eine eigene Klassik erschaffen hat und mit Orlando di Lasso und Pierluigi da Palestrina ihren Höhepunkt erreichte. Deshalb begann der BR-Chor auch mit einer Kostprobe aus Palestrinas berühmter "Missa Papae Marcelli".

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Aber ihr sechsstimmiges Kyrie, das in seiner erhabenen Feierlichkeit die Legende von der Rettung der Kirchenmusik vor den Zumutungen wortentfremdeter Vielstimmigkeit durchaus glaubhaft machte, war nur ein Appetizer für ein veritables Bruckner-Konzert. Damit begab sich der Chor, jetzt in voller Besetzung mit 52 Kehlen, in eine Klanglandschaft ungeahnter expressiver Überraschungen und diffiziler Stimmartistik. Mit den Graduale-Motteten blieb man zwar noch im herben Stilambiente einer Art liturgischer Neo-Gregorianik. Aber bereits im Halleluja einer Marien-Messe reizte Peter Dijkstra, bewährter Maestro des Chores, alle Potentiale aus und brachte besonders die Tenorriege in ein Forte, das eher in eine Kathedrale gepasst hätte als in die Akustik des Prinzregententheaters.

Doch das war nur eine Vorbereitung auf Bruckners Messe in e-Moll. Dort konnte man nicht nur den radikalen Expressionisten und kühnen Klangbaumeister aus seiner Sinfonik erleben, sondern auch die vokale Hochkultur des Chores bewundern. Ein Konzentrat von beidem lieferte gleich zu Beginn das Amen im Kyrie mit einer so komplexen wie verwegenen Ballung harmonischer Spektren. Unterstützt vom Bläserensemble des Rundfunkorchesters kostete Dijkstra dann alle Nuancen zwischen mystischem Piano und hellen Forte-Jubilus aus. Das sprengte liturgisches "Kathedral"-Gefäß und legitimierte damit den Konzertsaal, demonstrierte aber gleichzeitig, dass die Vokalkünste des BR-Chores ihresgleichen suchen.

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