Bauprojekt:So sollen die Autos auf dem Mittleren Ring unter der Erde verschwinden

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  • Voraussichtlich am 3. Mai bringt der Stadtrat die Planungen für das Tunnelprojekt auf den Weg, mit dem die beiden Hälften des Englischen Gartens über dem Mittleren Ring miteinander verbunden werden sollen.
  • Das städtische Planungsreferat erhofft sich davon nicht nur weniger Lärm und Schadstoffe für die Parkbesucher, sondern auch weniger Stau.
  • Der geplante Tunnel soll 390 Meter lang sein und 125 Millionen Euro kosten.

Von Alfred Dürr und Stefan Mühleisen, München

Vor sieben Jahren begann es mit einem grünen Traum: Die beiden Hälften des seit vielen Jahrzehnten durch den Mittleren Ring getrennten Englischen Gartens sollen wiedervereinigt werden. Oben Bäume, Wiesen, ein neuer Bachlauf, unten im Tunnel die Autos - so lautete der kühne Plan, den das Schwabinger Architektenpaar Hermann Grub und Petra Lejeune bis heute mit großer Beharrlichkeit verfolgt. Jetzt wird aus der Vision Realität. Voraussichtlich am 3. Mai bringt der Stadtrat die konkreten Planungen für das 125-Millionen-Euro-Projekt auf den Weg.

Das städtische Planungsreferat sieht zwei wesentliche Vorteile, die durch den neuen Tunnel entstehen. Zum einen ergibt sich die Chance, das Naturdenkmal Englischer Garten zu "reparieren". Die Barriere- und Sperrwirkung durch die Verkehrsschneise im viel besuchten Bereich des Kleinhesseloher Sees verschwindet. Damit wird der bislang eher ruhigere nördliche Teil des Parks für die Besucher attraktiver.

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Es geht aber nicht nur um mehr Natur und um weniger Lärm und Schadstoffe für die Parkbesucher. Auch die Verkehrssituation im Umfeld der Dietlindenstraße und der Ifflandstraße soll sich durch den Tunnel, der über jeweils drei Fahrspuren verfügen wird, verbessern. Der Streckenabschnitt des Mittleren Rings (Isarring) durch den Englischen Garten ist eine berüchtigte Staustelle, die die Stadt beseitigen muss. Eine oberirdische Verbreiterung der Straße kommt nach Aussage des Planungsreferats allerdings nicht in Frage. Grünplanerische, naturschutzrechtliche und denkmalschutzfachliche Aspekte sprechen dagegen. Deswegen könne die Lösung nur ein Tunnel sein, heißt es in der Vorlage für den Stadtrat.

Die Verwaltung hat drei Tunnelvarianten untersucht. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Länge und der Lage der Straßentrasse. Die Maximallösung sieht eine Unterführung vor, die bis zum Biedersteiner Tunnel reichen würde. Diese Variante hätte aber bauliche Maßnahmen zur Folge, die nicht mit dem historischen Bild des Parks in Einklang zu bringen sind. Untersucht wurde auch ein ganz kurzer Tunnel. Aber hier könnten wesentliche Bereiche des Englischen Gartens nicht aufgewertet werden, heißt es. Der Effekt, Lärm und Abgase für die Parkbesucher zu reduzieren, würde sich nicht einstellen. Deswegen schlägt das Planungsreferat die Variante vor, die bislang in der Diskussion war: den Tunnel mit einer Länge von 390 Metern (siehe Grafik). Aller Voraussicht nach wird der Stadtrat das Baureferat beauftragen, auf dieser Grundlage ein Konzept für den Tunnel und die Oberflächengestaltung zu erarbeiten und dieses dem Stadtrat zur Genehmigung vorzulegen.

Die Verwaltung rechnet mit einer Planungs- und Genehmigungszeit von sechs Jahren. Die reine Bauzeit soll viereinhalb Jahre betragen. Für die Initiatoren des Projekts, Hermann Grub und Petra Lejeune, bedeutet diese Entwicklung einen großen Erfolg. Denn anfangs wurde ihr Engagement von den Rathauspolitikern zwar respektiert, aber als nicht finanzierbar abgetan. "Wir erhielten aber von allen Seiten so viel Unterstützung, dass die Realisierung nur eine Frage der Zeit war", sagt heute Hermann Grub. Er hofft nur, dass der erste Spaziergang über die künftige Parktunnel-Decke in deutlich weniger als sieben Jahren möglich ist.

Die Allianz Umweltstiftung hatte sich frühzeitig für das Projekt engagiert und eine Million Euro zur Verfügung gestellt. "Damit blieb das Thema in ganz München auf der Agenda", sagt Grub. Immer mehr prominente Namen kamen auf die Unterstützerliste: Alt-OB Hans-Jochen Vogel, Franz Herzog von Bayern, der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger oder der kritische Filmemacher Dieter Wieland.

Der Tunnel rückte in greifbare Nähe, als der Freistaat im vergangenen Jahr eine Finanzzusage von 35 Millionen Euro gab. Ein weiterer wichtiger Impuls kam aus Berlin. Der Bund nahm den Tunnel in das Förderprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus" auf und schoss 2,7 Millionen Euro für die Planungskosten zu.

Dass der Stadtrat Ernst macht mit dem Projekt rechnen sich die Schwabinger Lokalpolitiker auch als eigenen Verdienst an. "Das ist ein großer Erfolg für unser Gremium nach einem langen Kampf", sagte Lars Mentrup (SPD) vom Bezirksausschuss Schwabing-Freimann. Auch der BA-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) hatte immer wieder für das Projekt geworben - und sich damit offen gegen einige seiner Parteifreunde im Rathaus gestellt.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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