Amoklauf in München:Mithäftling entlastet Waffenverkäufer - und belastet ihn gleichzeitig

Lesezeit: 1 min

Ein Denkmal am Olympia-Einkaufszentrum zeigt die Opfer der Bluttat. (Foto: Johannes Simon)
  • In München steht ein 32-Jähriger vor Gericht, der dem OEZ-Amokläufer illegal Waffen verkauft haben soll.
  • Ein Mithäftling sagte, in der Haft habe Philipp K. eine Mitwisserschaft der geplanten Tat bestritten. Er soll David S. aber auch gewarnt haben, mit der Waffe "Scheiß" zu machen.
  • Das könnte den Tatbestand der Beihilfe zu den neun Morden erfüllen. Dieser Meinung sind jedenfalls die Opferanwälte.

Von Martin Bernstein

Der Waffenhändler des Amokschützen David S. soll in der Haft eine Mitwisserschaft der geplanten Tat bestritten haben. Das berichtete am Donnerstag ein ehemaliger Mithäftling. Er erzählte aber auch, dass der angeklagte Philipp K. seinen Kunden gewarnt hatte, mit der Waffe "Scheiß" zu machen. Ähnlich hatte sich Philipp K. in einer polizeilichen Vernehmung geäußert. K. verkaufte die Waffe demnach trotz seiner Bedenken: Für mehrere Opferanwälte ist damit der Tatbestand der Beihilfe zu den neun Morden erfüllt.

Der ehemalige Mithäftling sagte aus, dass sich in der JVA Erding ein Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Philipp K. entwickelt habe. Die beiden waren dort auch zusammen in einer Bibelgruppe. Der Waffenhändler fragte den Geisenhausener nach dessen Schilderung im Gefängnis sogar um Rat, wenn er Schreiben seiner Anwälte nicht verstand.

Prozess gegen Waffenhändler
:"Was genau du mit den Waffen machst, ist deine Sache"

Der Waffenhändler des Münchner Amokläufers gibt sich vor Gericht als naiver Waffennarr. Am zweiten Verhandlungstag wird diese Eigendarstellung aber deutlich korrigiert.

Von Martin Bernstein

Auch die Anklageschrift bekam der Zeuge in der Haft zu sehen. Der Waffenhändler schilderte dem Mithäftling offenbar ausführlich die Treffen mit dem späteren Attentäter. Zum Pistolenkauf am 20. Mai sei David S. trotz Hitze im Mantel erschienen - und habe gezittert, wohl vor Panik. S. habe gesagt, er brauche die Waffe, weil er in einer "asozialen Gegend" lebe.

Zum zweiten Treffen, bei dem David S. weitere Munition kaufte, sei der Kunde "wie ausgewechselt" erschienen. Dabei sei dann ein Satz gefallen, der den Waffenhändler "sehr irritiert" habe. David S. soll behauptet haben, er wolle im Urlaub mit Freunden herumschießen - aber dass er "vielleicht noch ein paar Kanaken abknallt, wenn nach dem Österreich-Urlaub noch Munition übrig sein sollte". K. sei darüber sehr erschrocken und habe mehrfach zu seinem Kunden gesagt: "Du baust aber wirklich keine Scheiße!?" Das sei nur Spaß, soll David S. gesagt haben.

Der Zeuge berichtete von noch einem "Scherz" in der Haft. Als im TV über das Denkmal für die Opfer des Amoklaufs berichtet wurde, habe Philipp K. gesagt, er könne später hingehen und die Aufschrift hinterlassen: "Rico was here". Das war sein Name im Darknet.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Prozess
:Der Waffenhändler und seine tödlichen Geliebten

Im Prozess gegen den mutmaßlichen Waffenhändler des Münchner Amokläufers geht es um sein seltsames Verhältnis zu seinen Waffen - und die Pläne, sein "Geschäftsfeld zu erweitern".

Aus dem Gericht von Martin Bernstein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: