Praterinsel:Alpines Museum wird wiedereröffnet

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Der Eingang des Alpinen Museums ist nicht mehr versteckt, sondern zur Stadt hin ausgerichtet. (Foto: Stephan Rumpf)

Freunde der Bergkultur haben wieder eine Anlaufstelle in der Stadt. Nach mehr als drei Jahren Umbau ist das Gebäude moderner und heller geworden. Und eine neue Dauerausstellung gibt Antworten auf grundsätzliche Fragen.

Von Thomas Becker

Was so ein Facelift doch ausmachen kann! Wohl nicht wenige Münchner sind früher auf der Praterinsel an der Hausnummer 5 vorbeispaziert, ohne zu wissen, dass dort das Alpine Museum des Deutschen Alpenvereins (DAV) beheimatet ist. Auch, weil der Eingang ein wenig versteckt und abseits des Laufkundschaftswegs lag. Allein die Entscheidung, das Gebäude im Rahmen des Umbaus zur Stadt hin zu öffnen und den Eingang nach Westen zum Isarkanal hin zu verlegen, hat die Attraktivität dieser Perle von einem Museum gewaltig gesteigert und dürfte die zuletzt bei rund 25 000 Gästen pro Jahr liegende Besucherzahl in die Höhe treiben.

Nachdem der mehr als drei Jahre lang die Hausfront beherrschende Bauzaun endlich verschwunden ist, lugen die ersten Neugierigen schon durch Türen und Fenster ins Foyer, wo noch gewerkelt wird. So wie der radelnde Vater, der zur Tochter im Kindersitz sagt "Nee, ist noch nicht auf", den Reporter fragt "Wissen Sie, wann Eröffnung ist?" und zur Antwort bekommt: "Sonntag, ab elf Uhr".

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Mal abgesehen davon, dass München eh nirgends schöner ist als in der Gegend um den Kabelsteg herum, haben Freunde der Bergkultur nun wieder eine Anlaufstelle in der Stadt. Das Alpine Museum wollte moderner, offener und barrierefreier werden, wollte größere Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen, ein Foyer mit Kaffee, Kuchen, Sandwiches, kleinen warmen Gerichten und einem Museumsshop sowie einen adäquaten Platz für die mit 70 000 Medien größte Alpin-Bibliothek der Welt - eine ziemlich lange Wunschliste. Aber als nun im Beisein zahlreicher Honoratioren die ersten Führungen angeboten wurden, konnte hinter jedem Wunsch ein Haken gesetzt werden. Mission erfüllt!

Wenn nach der VIP-Eröffnung am Donnerstag, dem Empfang für zahlreiche DAV-Sektionsvorsitzende am Samstag und dem Tag der offenen Tür am Sonntag (der DAV spendiert ein Stück Torte und ein Glas Sekt) das Museum wieder im Regelbetrieb läuft, dann wird Friederike Kaiser erst einmal kräftig durchschnaufen. Sie ist die Geschäftsbereichsleiterin Kultur des DAV, leitet das Alpine Museum seit 24 Jahren und hat den Umbau seit 2014 mit betreut.

Friederike Kaiser leitet das Alpine Museum. (Foto: Stephan Rumpf)
Nach dem Umbau ist die Blümchen-Decke im Festsaal nicht länger versteckt. (Foto: Stephan Rumpf)

Eine Herkulesaufgabe, handelte es sich doch um einen Umbau im Bestand: kein Spaß. "Was dem Alpenverein an dem Konzept besonders gefallen hat - Stichwort Nachhaltigkeit -, ist das flexible Raumkonzept", sagt Kaiser. "Wir wissen nicht, welche Ansprüche Besucher in 20 oder 30 Jahren an ein Museum oder eine Bibliothek haben werden." Das neue Gebäudekonzept ermögliche Flexibilität. So könne der ehemalige Festsaal als Veranstaltungsort und Ausstellungsraum genutzt werden, genau wie die beiden angrenzenden Ausstellungsräume. "Wir können eine Ausstellung machen, drei verschiedene oder nur Veranstaltungen - alles ist möglich", sagt Kaiser.

Derzeit wird der Festsaal im zweiten Stock, wo zuvor das Archiv, Büros und Toiletten untergebracht waren, erst mal zum Feiern gebraucht, mit maximal 199 Gästen: "Wir sind halt ein kleines Museum", sagt Kaiser. Aber ein feines. Allein der Festsaal mit den beiden filigranen Fünfzigerjahre-Leuchtern unter der mit Blumen bemalten grünen Holzdecke ist ein Schmuckstück. Zuvor war die Blümchen-Decke ein halbes Jahrhundert lang abgehängt, verdeckt von einer schnöden Kassettendecke. Friederike Kaiser wollte die Blumen-Decke unbedingt haben, auch wenn so manch einer der Beteiligten die Augen verdreht hat, wie sie erzählt: "Wir haben uns immer ein Gebäude und Räume mit Charakter gewünscht, auf die wir reagieren können. Und wir freuen uns sehr, dass genau das entstanden ist."

Das Haus hat eine bewegte Geschichte

Umgesetzt hat den Umbau das Team des Regensburger Architekten Michael Feil. Er erkannte, dass das Gebäude "durch viele Wiederaufbau- und Umbauphasen seinen ursprünglich sehr klaren Grundriss verloren und einen fast labyrinthartigen Charakter" bekommen hatte.

Das Haus hat in der Tat eine bewegte Geschichte, wie man in einer der beiden Ausstellungen im zweiten Stock lernt - die andere dokumentiert noch bis 28. April den Umbau. Errichtet wurde es 1888 als Restaurant-Café "Isarlust", als Treffpunkt für die bessere Gesellschaft. 20 Jahre später stellte die Stadt das neubarocke Gebäude dem Alpenverein zur Verfügung, 1911 wurde das Museum eröffnet. Nach großen Kriegsschäden erfolgte von 1948 bis 1952 der Wiederaufbau, später wurde das Treppenhaus verlegt, ein Zwischengeschoss eingezogen, ein Aufzug eingebaut, die Innenräume immer stärker unterteilt.

"Diese kleinteilige Struktur, die im Laufe der Jahrzehnte entstanden ist, musste grundlegend verändert werden", erklärt Feil, "die Planung sah daher vor, das Museum in Anlehnung an die frühere Ordnung so umzubauen, dass die Großzügigkeit der Räumlichkeiten zurückkehrt. Die Neuordnung verstehen wir als Reparatur, Freilegung und Wiederherstellung der ursprünglichen Raumorganisation."

Die Gestaltung erinnert an die Einfachheit von DAV-Berghütten. (Foto: Stephan Rumpf)
Der Beton in den Treppenhäusern ist dem Nagelfluhgestein nachempfunden. (Foto: Stephan Rumpf)
In der neuen Dauerausstellung geht es um die Frage: Warum gehen Menschen in die Berge? (Foto: Stephan Rumpf)

Entstanden ist dank viel hellem Holz (Möbel aus Ahorn, das Parkett aus geseifter Eiche) ein angenehm frisches Ambiente, wobei vor allem die zur Isar und dem noch nicht bepflanzten Garten hin liegende Lese-Lounge mit den eingefassten 150 Jahre alten Säulen und den Jahrbüchern des Alpenvereins aus dem 19. Jahrhundert heraussticht. Nicht nur die verwendeten Materialien, auch die Gestaltung erinnert dabei an die Einfachheit von DAV-Berghütten. Ebenfalls passend: der dem Nagelfluhgestein nachempfundene Beton in den beiden Treppenhäusern. "Wir warten praktisch nur darauf, bis hier der Erste zu klettern anfängt", scherzt Friederike Kaiser.

Und dann ist da im Erdgeschoss noch die neu konzipierte Dauerausstellung "Darum Berge". "Wir wollten nicht nochmal nur die Alpin-Geschichte darstellen", sagt die Museumsleiterin, "sondern etwas Grundsätzliches, einen Anker, und haben uns gefragt: Warum gehen Menschen in die Berge?" In fünf Kapiteln geht die Ausstellung inklusiv und mit multimedialen sowie Erlebnis- und Mitmach-Stationen dieser besonderen Faszination nach. Menschen, Bilder und Objekte erzählen von Abenteuerlust, Körperempfinden, Leistung, Naturerlebnis und Gemeinschaft. So kann man sich zum Beispiel ins Matratzenlager kuscheln und den Erzählungen einer Realschulklasse lauschen, die im Bodenschneidhaus übernachtet hat - nicht wenige Schüler waren dabei zum ersten Mal außerhalb Münchens und dürften nochmal ganz anders fasziniert gewesen sein von dieser stillen und doch so spannenden Bergwelt.

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