Nato:Große Herausforderungen

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Russische Marine-Militärübung im Schwarzen Meer vor der Halbinsel Krim. (Foto: Sergei Malgavko via www.imago-images.de/imago images/ITAR-TASS)

Die neue Militärplanung legt fest, wie die Nato künftig auf Attacken des Kreml reagieren will. Aber sie muss sich auch zu China positionieren. Sollten die Europäer mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen, käme ihr das höchst gelegen.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Sieben Jahre hat die Nato gebraucht, um auf die Annexion der Krim durch Russland eine ganzheitliche und umfassende Antwort zu formulieren. Die neue Militärplanung legt nun fest, wie die Allianz reagiert auf Attacken des Kreml, sei es mit Panzern oder mit Hackern. Es ist nicht mit ein paar Strategiedokumenten getan, um eine Allianz, die sich schon während der Balkan-Kriege und erst recht mit dem Afghanistan-Einsatz auf Operationen außerhalb des eigenen Territoriums fokussiert hat, wieder auf eine kollektive Verteidigung des Bündnisgebiets zu trimmen. Dazu braucht es andere Ausrüstung, andere Operationspläne, eine andere Organisationsstruktur.

Doch kaum hat die Allianz auf dem Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel geklärt, wie sie künftig dem zunehmend aggressiv auftretenden Russland entgegentreten will, muss sie sich zwei anderen drängenden Fragen zu ihrer künftigen Ausrichtung zuwenden. Schon im nächsten Sommer soll ein neues Grundlagendokument verabschiedet werden, das strategische Konzept. Darin müssen die Bündnispartner das Verhältnis der nordatlantischen Allianz zu China definieren. Und zugleich klären, wie viel Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von den USA die europäischen Verbündeten künftig für sich in Anspruch nehmen.

Die Allianz täte gut daran, China nicht auf eine Stufe mit Russland zu stellen

Zur aufstrebenden Großmacht China hat sich die Nato erst im Dezember 2019 erstmals positioniert - reichlich spät. Jetzt bangen die Europäer, ob sie womöglich in eine Konfrontation zwischen Peking und Washington hineingezogen werden, wenn Präsident Joe Biden verspricht, Taiwan zu verteidigen, auch wenn sich Bidens Verteidigungsminister Lloyd Austin in Brüssel bemühte, die Äußerungen seines Chefs abzuschwächen. Die Nato kommt aber genauso wie die EU nicht umhin, auf die Herausforderungen durch China zu reagieren.

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Sie täte gut daran, China nicht auf eine Stufe mit Russland zu stellen, das für das Bündnis und seine europäischen Mitglieder militärisch noch lange eine Bedrohung von ganz anderer Dimension darstellen wird. Sie kann aber nicht so tun, als würden Cyberfähigkeiten oder die Aufrüstung Chinas bei strategischen Atomwaffen nicht die globale Balance verschieben und auch Europa bedrohen. Als politisches Bündnis von Demokratien kann sie zudem nicht zusehen, wie Peking die internationale Ordnung systematisch zu unterminieren und nach seinem Gusto umzubauen versucht.

Etliche Europäer fürchten, dass der Fokus der USA auf China letztlich bedeutet, dass ihre Interessen in Washington an Stellenwert verlieren. Auch daraus speist sich der Ruf nach mehr Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von den USA, der vor allem aus Frankreich ertönt. Die Schranken für die Handlungsfähigkeit der Europäer aber liegen vor allem im Mangel eigener militärischer Fähigkeiten. Deswegen mussten sie mit den Amerikanern aus Kabul raus, deswegen ist auch der von Frankreich geführte Einsatz im Sahel ohne die USA nicht möglich.

Weder die Nato noch die USA werden etwas dagegen haben, wenn die Europäer tatsächlich mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen und sich dafür wappnen - solange neue Fähigkeiten auch der Allianz zur Verfügung stehen. Für die Amerikaner würde das den Handlungsspielraum gegenüber China erhöhen. Doch auf den Schutz durch den größten Alliierten will und kann in Europa niemand verzichten - schon gar nicht jene Staaten, die sich von Russland bedroht sehen.

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