Mehr Affront und Missachtung gehen nicht: Da trägt Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), vor fünf Wochen in einem siebenseitigen Brief an das Bundesgesundheitsministerium massive Bedenken gegen einen weitreichenden Plan von Minister Karl Lauterbach (SPD) vor. Lauterbach will, dass das RKI wichtige Aufgaben übernimmt beim Kampf gegen den massenhaften Betrug bei Corona-Schnelltests. Für kriminalistische Aufgaben ist das RKI als medizinisches Institut aber eigentlich gar nicht geeignet.
Die Fachwelt weiß, was das Land an diesem Experten und Manager hat
Und was geschieht nach Wielers Vorstoß im Ministerium? Sein eindringliches Schreiben mit vielen Warnungen und vielen guten Ratschlägen erreicht laut Lauterbachs Sprecher "lediglich die Fachabteilung". Und wird von Lauterbachs Sprecher jetzt, da der Minister von Bedenken des RKI nichts wissen will, als "veraltet" abgetan. Wenn es noch eines Beweises für das mit den Händen zu greifende Zerwürfnis zwischen Lauterbach und Wieler bedürfte, dann liegt dieser Beweis jetzt vor. Ein Minister, der von einem so wichtigen Schreiben eines so wichtigen Institutschefs nichts weiß und vielleicht auch gar nichts wissen will, macht damit deutlich, was er von diesem Institutschef hält.
Mit seinem Kampf gegen die Pandemie hat sich Wieler in der Fachwelt hohes Ansehen erworben. Die Ludwig-Maximilians-Universität in München hat ihm kürzlich einen Ehrendoktor verliehen. Damit sollen, so die Begründung, "die Leistungen Wielers während der Coronapandemie gewürdigt werden". Leistungen, die Lauterbach längst nicht mehr würdigt. Wenn es schlimm kommt, steht ein schwerer Corona-Herbst bevor. Da braucht es alle Kräfte, um das Land möglichst gut durch die Pandemie zu bringen. Und keinen Minister, der seinen wichtigsten Helfer und Ratgeber links liegen lässt. Wie Lauterbach beim Kampf gegen den Schnelltest-Betrug mit Wieler umgeht, ist bezeichnend für seinen Umgang mit Wieler überhaupt. Lauterbach irrlichtert.