Zehn Jahre Costa Concordia:Italienische Havarien

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Am 13. Januar 2012 hatte die "Costa Concordia" einen Felsen vor der italienischen Insel Giglio gerammt. Dann kenterte sie. (Foto: Enzo Russo/dpa)

Vor zehn Jahren kenterte die "Costa Concordia", sie war damals eine Metapher für fast alles - auch für das Ende des "Berlusconismo". Nun ist Silvio Berlusconi wieder da und will auch noch Präsident werden.

Kommentar von Oliver Meiler

Zehn Jahre ist es her, dass sich die Costa Concordia vor der toskanischen Insel Giglio hinlegte wie ein müdes Monster, mit aufgerissenem Bauch. Das Kreuzfahrtschiff hatte mal wieder den inchino gemacht, die Verneigung vor der Insel mit einem Nahmanöver. Die Passagiere sollten beim Vorbeigleiten die Küste sozusagen mit den Händen greifen können. Eine gefährliche Zirkusnummer, ein Augenzwinkern des Kommandanten - was war es einmal beliebt. Drei Felsen schlitzten nun den Rumpf auf. Blackout an Bord. 32 Menschen kamen um beim Versuch, sich oder andere zu retten. Viele wurden verletzt und noch mehr traumatisiert.

Es war damals ein Freitag, der 13. Und das ist nur eine von vielen symbolischen Handreichungen für das Verständnis dieser schwer fassbaren Katastrophe. Die Italiener haben die Deutung ihres Titanic-Moments noch immer nicht abgeschlossen. Es kam so viel zusammen in jener tragischen und grotesken Szene.

Zum runden Jahrestag lassen die Medien sie noch mal Revue passieren. In Podcasts kann man die Stimmen der Protagonisten jener Winternacht nachhören. Etwa die des Kapitäns, der das Schiff als einer der Ersten verließ und sich dann in peinlichen Ausflüchten wand. Auch die des Küstenwächters, der ihn mit deutlichen Worten zurückbeordern wollte. Es gibt auch Filme, die im Zeitraffer dokumentieren, wie die Costa Concordia wundersam wiederaufgerichtet und in jahrelanger Arbeit zur Verschrottung nach Genua transportiert wurde.

Die tanzende Crew auf dem sinkenden Kahn: Das Bild passte perfekt in die Zeit

Die Havarie, sie war eben eine Metapher für alles. Silvio Berlusconi hatte das Land gerade auf Grund gefahren - wie ein wundes Tier lag es an den Börsen, der Staatsbankrott drohte. Als Retter wurde Mario Monti geholt, ein Technokrat, ausgeliehen aus Brüssel. Und wer hier Analogien zu Mario Draghi sieht, sieht das schon richtig. Man glaubte damals, es beginne die Ausnüchterung vom Berlusconismo und dessen Klamaukkultur. Ebenfalls final. Die tanzende Crew auf der sinkenden Concordia, der Kapitän mit seiner Geliebten: Das passte perfekt zur allgemeinen Dekadenz, als Epilog. Man war sich sogar einig, dass Berlusconi vor allem eines war: ein erbärmlicher Kapitän des Landes. Als er dann noch wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde, war es endgültig vorbei.

Nun, nicht wirklich. Berlusconi ist jetzt 85 Jahre alt und tanzt wieder auf dem Dampfer der Republik. Er will Staatspräsident werden. Würde er gewählt, hinge sein Foto bald auch in allen Gerichten des Landes. Die Wahl im Parlament beginnt am 24. Januar, in den ersten Runden wird sich Berlusconi wahrscheinlich mit Draghi messen, dem besten Premier des Landes seit Menschengedenken, dem Wiederaufrichter. Sollte der gewählt werden, ließ Berlusconi schon ausrichten, werde er die Regierung der nationalen Einheit, an der seine Forza Italia beteiligt ist, platzen lassen.

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Es hört sich wie eine Erpressung an. Berlusconi telefoniert in diesen Tagen viel herum, er schenkt möglichen Wählern aus dem Wahlgremium von Senatoren, Abgeordneten und Delegierten aus den Regionen teure Gemälde, bietet wohl wieder Posten und Geld an. Es läuft "Operazione scoiattolo", Operation Eichhörnchen, und die Zeitungen schreiben darüber, als wäre das Kaufen von Stimmen ganz normal. Es ist verrückt, ein gefährliches Manöver, aufgeführt mit dem alten Grinsen - ein freakiger inchino. Es braucht nicht viel, und Italien erleidet wieder eine Havarie.

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