Hessen:Held oder Versager

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Der CDU-Politiker Boris Rhein ist zum Ministerpräsidenten gewählt worden, um ihn mit einem Amtsbonus auszustatten.

Kommentar von Detlef Esslinger

Volker Bouffier hat ihm die Bühne bereitet, nun muss Boris Rhein zeigen, dass er sie bespielen kann. Bouffier ist nicht zurück- und abgetreten, weil er krank wäre, weil es einen Skandal gegeben hätte, weil die eigenen Leute seiner überdrüssig wären. Sondern er hat das Amt des Ministerpräsidenten geräumt, um es seiner CDU über die nächste Landtagswahl hinaus zu sichern.

Durchaus ehrenwert wäre es gewesen, sich an das Wort zu halten, das jeder Kandidat vor jeder Wahl gibt: die volle Amtszeit zu bleiben. Gemessen an den Regeln des Politikbetriebs wäre es zugleich etwas verrückt gewesen. Der heute 70 Jahre alte Bouffier wäre Ende 2023 definitiv nicht mehr angetreten - und eine die Regierung anführende Partei begibt sich eines Vorteils, wenn sie ohne Amtsinhaber in den Wahlkampf zieht. Dass Angela Merkels Nachfolgerin respektive Nachfolger sich profilieren sollte, während sie noch drei Jahre Kanzlerin blieb, war einer der Gründe für das Desaster der Union bei der Bundestagswahl. In Hessen hat der CDU-Politiker Rhein nun all die Chancen, die Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet im Bund nie hatten.

Dieser Amtswechsel ist für die CDU des Landes deshalb so wichtig, weil sich in den vergangenen Jahren immer mehr herausgestellt hat: Im Guten wie im Schlechten entscheiden Personen eine Wahl, weniger die Partei, die in Klammern hinter deren Namen steht. In Schleswig-Holstein wurde Daniel Günther gewählt, im Saarland wurde Tobias Hans abgewählt, im Bund wurde Armin Laschet nicht gewählt. Eine Partei verteidigt die Staatskanzlei entweder, weil ihr Ministerpräsident stark ist oder weil die Herausforderer schwach sind. Letzteres wird niemand in der CDU annehmen, der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir sowie die Sozialdemokratin Nancy Faeser (falls sie denn will) wären beide formidable Alternativen. In anderthalb Jahren wird Boris Rhein ein Held oder ein Versager sein, dazwischen gibt's nichts.

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