Aktuelles Lexikon:Rußiger Freitag

Der Tag, an dem unvorsichtige Familienangehörige und nichts ahnende Besucher Farbe auf die Wangen bekommen. Ein alter Fastnachtsbrauch, den die Obrigkeit nicht immer schätzte.

Von Johanna Pfund

Der Tag nach dem Unsinnigen Donnerstag oder Weiberfasching heißt in vielen alemannisch-schwäbischen und auch bairischen Gegenden Rußiger Freitag oder "Beramfreitag". Wobei Letzteres nichts anderes als Ruß heißt, abgeleitet vom mittelhochdeutschen "râm" für Ruß, wie der Chiemgau Alpenverband in seiner Rubrik "Bräuche" erläutert. Der Ruß spielt in vielen süddeutschen und schwäbischen Regionen tatsächlich die größte Rolle an diesem Tag, weshalb Besitzer von Holzöfen klar im Vorteil sind. Schnell das Ofentürl öffnen, einen Finger in den Ruß tauchen und wahlweise dem nichts ahnenden Besucher, der Ehegattin, dem Partner oder den vorlauten Kindern auf die Wange streichen. Eigentlich ist es ein Liebesbeweis, denn Menschen, die man nicht mag, bekommen in der Regel keinen Ruß ab. Auch an oberbayerischen Schulen wird der Brauch nicht gern gesehen, es gab schon Gymnasien, die das Rußen verboten und Zuwiderhandelnden höchste Strafen androhten. Auch wenn der Brauch nicht mehr vielen bekannt ist, er ließ sich doch nie ganz ausrotten. Papst Benedikt XIV. etwa drückte in seiner Enzyklika vom 1. Januar 1748 deutlich seinen Unmut über Karnevalsbräuche aus. Sein Kirchenvolk respektierte das offensichtlich nie.

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