Europäische Union:Der Pakt ist tot

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Die nächste Migrationskrise kommt bestimmt. Und dann wird Europa endlich wieder gemeinsam handeln müssen.

Von Josef Kelnberger

Die Europäische Union macht sich politisch erpressbar und moralisch angreifbar mit ihrer Flüchtlingspolitik. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko nutzt das auf perfide Weise aus, indem er Migranten Richtung Polen, Litauen, Lettland schickt. Mindestens fünf Menschen sind an der polnisch-belarussischen Grenze gestorben, unter ungeklärten Umständen. Die EU in Form ihrer Kommission erhält von Polen bislang keinen Zugang zur EU-Außengrenze. Ein Aufschrei der Empörung bleibt aber aus im Rest Europas. Im Gegenteil, mittlerweile wird diskutiert, ob Pushbacks, also das Zurückdrängen von Flüchtlingen, in Ausnahmefällen doch erlaubt sein soll. Europäische Prinzipien geraten ins Wanken.

Nun versucht die Europäische Kommission, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren mit einem "Aktionsplan" gegen Schleuserkriminalität. In Wahrheit ist das auch ein Ausweis von Hilflosigkeit. Vor einem Jahr hat sie den Pakt für Migration und Asyl vorgelegt, ein Konzept für einen einheitlichen Umgang mit Migration. Der Kampf gegen Schleuser ist ebenso Teil davon wie gemeinsame Verfahren bei Aufnahme, Verteilung und Rückführung von Migranten. Aber der Pakt ist derzeit so gut wie tot. Das liegt nicht nur an mangelnder Solidarität von Polen und Ungarn.

Nationalismus und Abschreckung, kann das die Zukunft sein?

Mehr und mehr scheint sich in den europäischen Staaten die Meinung durchzusetzen, der Umgang mit Migration sei Teil nationaler Identität, die EU habe da nichts mitzureden. Der manchmal erschreckende Ton, in dem im französischen Wahlkampf über Migration gesprochen wird, ist auch aus Ländern wie Österreich, Dänemark, den Niederlanden zu hören. Der kleinste gemeinsame europäische Nenner lautet: Abschreckung.

Europa wird in Krisen geschmiedet, lautet eine alte Weisheit. Die nächste Migrationskrise kommt bestimmt, ob sie nun in Afghanistan ausgelöst wird oder anderswo. Dann wird die Europäische Union gemeinsam handeln müssen. Oder sie wird daran zerbrechen.

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