Europäische Union:Balanceakt im Weltraum

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Die Satelliten von Starlink werden nacheinander ausgesetzt und erscheinen am Himmel wie eine fliegende Lichterkette (hier mit langer Belichtungszeit aufgenommen). (Foto: Reed Hoffmann/AP)

Die EU will ein eigenes Angebot für Satelliten-Internet aufbauen. Das ist sinnvoll, aber nur, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind.

Kommentar von Björn Finke

Es klingt verwegen. Die EU will ein eigenes Netz aus Kommunikationssatelliten im Weltraum aufspannen. Das soll abgelegenen Regionen in Europa und Afrika Zugang zu schnellem Internet ermöglichen - in Konkurrenz zu privaten Anbietern von Satelliten-Internet wie Starlink von Tesla-Chef Elon Musk. Die Pläne, die Binnenmarktkommissar Thierry Breton am Dienstag vorstellte, sind umstritten, aber sinnvoll. Zumindest, wenn die EU noch die richtige Balance findet: zwischen Staat und Markt und zwischen der Beteiligung von etablierten Großkonzernen und jungen, kleinen Herausforderern.

Die EU hat bereits zwei große Satellitensysteme im All: Galileo liefert Navigationsdaten, und Copernicus beobachtet die Erde. Das geplante Kommunikationssatelliten-Programm würde nicht nur schnelles Internet in unterversorgte Regionen bringen, sondern auch als Sicherheitsnetz dienen, wenn die üblichen Breitbandverbindungen gestört sind, etwa wegen eines Hackerangriffs. Außerdem sollen europäische Regierungen und Armeen verschlüsselt und abhörsicher über diese Satelliten kommunizieren können. Trotz dieser Vorteile bleibt grundsätzlich die Frage, ob es nötig ist, dass nun EU-Regierungen und Kommission ein eigenes Netz knüpfen. Schließlich gibt es schon private Anbieter wie Starlink, Kuiper oder Oneweb. Die EU könnte künftig einfach Kapazitäten bei den Satelliten dieser Konzerne buchen.

Das Konzept sieht daher einen guten Kompromiss zwischen Markt- und Staatswirtschaft vor: Firmen sollen ein Drittel der sechs Milliarden Euro an Investitionen tragen und dafür an der Internet-Versorgung abgelegener Gegenden verdienen. Ebenso wichtig wäre jedoch, dass von dem Projekt nicht nur etablierte Raumfahrt- und Technologiekonzerne profitieren, sondern auch die vielen jungen Unternehmen, die im boomenden Satellitenmarkt mitmischen. Studien der Kommission zu dem Thema werden erst im Sommer vorliegen. Dass Breton diese nicht abwartet, lässt Böses erahnen.

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