Autoindustrie:Letzte Ausfahrt

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In Glasgow wollen sich die meisten deutschen Hersteller lieber nicht auf ein Ende des Verbrennungsmotors festlegen. Wenn das mal nicht nach hinten losgeht.

Von Michael Bauchmüller

Die Klimapolitik wird einiges auf den Kopf stellen, überall. Wenn die Welt Kurs nimmt auf null Emissionen, müssen sich Golfstaaten vorbereiten auf die Zeit nach dem Öl, Russland braucht Einnahmequellen jenseits vom Erdgas, Australien muss seine Kohle im Boden lassen. Und Deutschland muss Abschied nehmen von einer seiner größten Errungenschaften: dem Verbrennungsmotor. Das ist schmerzhaft, aber es wird so kommen.

In Glasgow, am Rande der Klimakonferenz, haben am Mittwoch 30 Staaten und Unternehmen wie Ford und General Motors diesen Abschied eingeleitet. Sie setzen auf einen Siegeszug emissionsfreier Autos in den Dreißigerjahren. Doch außer Mercedes haben sich aus Deutschland alle weggeduckt. Die deutschen Hersteller bekennen sich zwar alle lautstark zum Klimaschutz, auf das Wann und Wie wollen sie sich aber nicht festlegen. Wenn das mal nicht nach hinten losgeht.

Teile der Industrie verfolgen die Vision eines klimaneutralen Verbrennungsmotors, betrieben mit synthetischen Kraftstoffen. Doch die Vision ist eine Illusion: Um diese Kraftstoffe zu erzeugen, braucht es Wasserstoff - den aber auch die Stahlindustrie nachfragen wird, die Chemie, der Luftverkehr. Er wird teuer sein. Mehr noch, um diesen Wasserstoff herzustellen, braucht es immens viel Ökostrom - billiger und effizienter wäre es, damit gleich die Batterien von Elektroautos zu füllen. In einer Welt, in der man Ladesäulen nicht mehr mit der Lupe suchen muss, kriegt auch der sauberste Verbrenner keine Schnitte mehr.

Die deutschen Hersteller können noch viele solcher Erklärungen an sich vorbeiziehen lassen, rechtlich haben sie keine Bedeutung. Sie werden dadurch aber die Entwicklung nicht aufhalten können, und im schlimmsten Fall fallen sie ihr zum Opfer. Denn der Druck zum Wandel wird wachsen, von Jahr zu Jahr. Und zwar in dem Maße, in dem nicht nur die Klimapolitik die Welt verändert. Sondern der Klimawandel.

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